Schon beim Einschalten von „Metal Eden“ spürt man den pulsierenden Adrenalinrausch, den Reikon Games mit seinem neuesten Sci-Fi-Shooter inszeniert. Der Titel führt die Tradition rasend schneller Action fort, die schon seinen Vorgänger „Ruiner“ auszeichnete. Das Genre lässt sich dabei als futuristischer, arenaorientierter Shooter mit Parkour-Elementen beschreiben – eine genreübergreifende Mischung, bei der Doom-artige Ballerei auf Ghostrunner-ähnliche Beweglichkeit trifft. Bereits in den ersten Minuten wird klar, dass es sich um einen Shooter alter Schule handelt: Hier geht es nicht um bedächtige Taktik oder lange Dialoge, sondern um Geschwindigkeit, Reflexe und das befriedigende Gefühl, Gegnerhorden im Sekundentakt zu zerschmettern.

Die Geschichte spielt in der trostlosen Weite von Moebius, einer orbitalen Stadt, die einst als leuchtendes Versprechen für die Zukunft der Menschheit gebaut wurde. Doch aus diesem Eden wurde ein eisiges Gefängnis aus Stahl und Neon, beherrscht von einer mysteriösen Elite, die die sogenannten „Cores“ hortet – Kapseln, die menschliches Bewusstsein speichern. In dieser Welt übernimmt der Spieler die Rolle von Aska, einer Hyper-Unit-Androidin, die durch ihren Phantom-Core in der Lage ist, sich nach dem Tod wieder zu materialisieren. Dieser Kniff wird nicht nur als Gameplay-Mechanik genutzt, sondern gleich in der Eröffnungsszene als narrative Wucht inszeniert: Aska begegnet ihrem eigenen leblosen Körper. Kaum ein anderes Spiel der letzten Jahre hat so deutlich das Thema Wiedergeburt und Identität auf den Punkt gebracht.

An ihrer Seite befindet sich Nexus, ein KI-Begleiter, dessen monotone Stimme zwischen philosophischer Tiefe und nerviger Belehrung schwankt. Seine Dialoge erinnern an die künstlichen Mentorfiguren aus Spielen wie „System Shock“ oder „The Talos Principle“, doch während diese meist subtil in die Handlung eingeflochten sind, neigt Nexus dazu, Aska und den Spieler mit existenzialistischen Floskeln zu überfrachten. Trotzdem erfüllt er seine Funktion: Er ist moralischer Kompass, technischer Helfer und manchmal schlicht der sarkastische Kommentator des Chaos. Gemeinsam kämpfen sich die beiden durch acht Missionen, die in sich abgeschlossene Kapitel darstellen – von klaustrophobischen Fabrikhallen über gläserne Hochhäuser bis hin zu einem zentralen Reaktor-Komplex, in dem das Geheimnis um Project Eden kulminiert.

Spielerisch setzt das Spiel auf ein Wechselspiel aus waghalsiger Mobilität und kompromissloser Feuerkraft. Jede Arena ist ein Tanz aus Geschwindigkeit, bei dem die Spieler über Wände laufen, sich mit dem Greifhaken an Vorsprüngen hochziehen, im nächsten Moment einen Jetpack-Schub einsetzen und schließlich in die Kugelgestalt – den Arkball-Modus – wechseln. Diese Transformation erinnert unweigerlich an „Metroid Prime“, ist jedoch deutlich aggressiver und weniger rätselzentriert. Statt Türen zu öffnen, walzt man in Ballform durch Gegnergruppen, schleudert sich von Schienen wie in einem futuristischen Freizeitpark und katapultiert sich in die nächste Kampfzone.

Ein Alleinstellungsmerkmal und gleichzeitig zentrales Gameplay-Element sind die sogenannten „Cores“. – Fast jeder besiegte Gegner hinterlässt diese glühenden Kugeln, die man entweder aufsammelt, um Gesundheit und Energie zu regenerieren, oder im Kampf als improvisierte Granate einsetzt. Dadurch entsteht ein riskanter Rhythmus: Gehe ich auf Distanz und verschlinge den Core für meine eigene Stärke, oder werfe ich ihn direkt zurück in die feindliche Formation? Gerade in höheren Schwierigkeitsgraden kann diese Entscheidung über Leben und Tod entscheiden. Die Mechanik erinnert an die Glory-Kills der neueren Doom-Teile, nur dass hier die Ressource flexibler eingesetzt werden kann.

Der Waffen- und Fähigkeitenbaum ist erstaunlich vielseitig für ein Spiel, das auf den ersten Blick so geradlinig wirkt. Jede Standardwaffe kann über Upgrades radikal verändert werden. Das Sturmgewehr lässt sich in eine Art Granatwerfer umbauen, das Scharfschützengewehr erhält Variationen mit Explosivgeschossen, und sogar die unscheinbare Pistole entwickelt sich bei entsprechender Investition zu einer Killermaschine. Diese Entscheidungen sind nicht nur kosmetischer Natur, sondern verändern die Spielweise spürbar. Ergänzt wird dies durch passive Fähigkeiten wie automatisches Nachladen, schnellere Rüstungsregeneration oder zusätzliche Dash-Möglichkeiten. Hier zeigt sich die Nähe zu Roguelite-Mechaniken, auch wenn das Spiel stets streng linear bleibt.

Die Steuerung ist präzise und direkt. Auf der PS5 nutzt das Spiel zusätzlich haptisches Feedback und adaptive Trigger clever aus. Das leichte Vibrieren, wenn Aska einen Core aufsaugt, oder der Widerstand beim Abfeuern einer schwereren Waffe tragen zur Immersion bei. Besonders eindrucksvoll ist die Ballform: Sobald man sich transformiert, zieht sich das Gamepad fast wie bei einem Katapult zusammen, bevor man mit einem kräftigen Ruck losschießt. Auf anderen Plattformen entfällt dieser haptische Bonus.

Das Leveldesign setzt klar auf Geschwindigkeit. Es gibt kaum offene Areale, stattdessen reiht sich Arena an Arena, verbunden durch kurze Parkour-Passagen oder Schienensequenzen. Manche Spieler mögen dies als monoton empfinden, doch wer den Flow einmal verinnerlicht, gleitet wie im Rausch durch die Level. Das Spiel ist nicht endlos lang – acht Missionen, die jeweils zwischen 30 und 50 Minuten dauern, ergeben eine Spielzeit von etwa sechs bis acht Stunden. Für Completionists gibt es zusätzliche optionale Herausforderungen, versteckte Upgrades und einen höheren Schwierigkeitsgrad, der Timing und Präzision gnadenlos einfordert.

Technisch überzeugt „Metal Eden“ mit einem minimalistischen, brutalen Stil. Statt auf fotorealistische Texturen zu setzen, dominiert eine kalte Neon-Ästhetik: grelle Farben im Kontrast zu grauen Stahlwänden, geometrische Formen, harte Schatten. Dieser Look verleiht der Spielwelt eine zeitlose Qualität, die weniger altern dürfte als hyperrealistische Shooter-Grafik. Besonders spektakulär sind die Rail-Riding-Sequenzen, in denen man als Ball entlang von Energiegleisen durch gigantische Kulissen katapultiert wird – ein atemloses Spektakel, das an Sci-Fi-Filme wie „Tron: Legacy„ erinnert. Auf PS5 und Xbox Series X läuft das Spiel größtenteils stabil mit 60 Bildern pro Sekunde, allerdings berichten Spieler von gelegentlichen Einbrüchen in besonders effektreichen Szenen oder Zwischensequenzen. Der Performance-Modus bevorzugt Bildrate gegenüber Details, während der Qualitätsmodus mehr Beleuchtungseffekte zeigt, aber auf Kosten der Flüssigkeit. Auf PC hängt die Erfahrung stark von der Hardware ab – mit einer modernen Grafikkarte läuft das Spiel butterweich in 120 FPS, doch ältere Systeme geraten schnell ins Schwitzen.

Klanglich ist „Metal Eden“ ein Fest. Der Soundtrack pumpt elektronische Beats direkt ins Ohr, irgendwo zwischen Synthwave und Industrial. Die Tracks erinnern an Künstler wie Perturbator, Carpenter Brut oder späte Nine Inch Nails und unterstreichen den High-Speed-Charakter der Kämpfe perfekt. Jeder Waffenwechsel bringt ein akustisches Highlight: Das tiefe Grollen des Raketenwerfers, das metallische Klacken der Schrotflinte oder das sirrende Pfeifen einer Energiekanone tragen enorm zur Befriedigung bei. Etwas schwächer fallen hingegen die Sprachausgabe und die Dialogtexte aus. Besonders Nexus wirkt oft wie eine unfreiwillige Parodie, wenn er inmitten von Explosionen über den Sinn des Lebens philosophiert. Dieser Bruch zwischen Soundgewalt und textlicher Schwäche ist schade, denn er nimmt der ansonsten stringenten Präsentation etwas die Ernsthaftigkeit.

Die Handschrift Reikon Games als Entwickler unverkennbar: kompromisslose Action, stilisierte Welten und ein klarer Fokus auf das Spielerlebnis. Gegründet 2014 von ehemaligen Entwicklern bei CD Projekt Red und Techland, hat mit „Ruiner“ bereits bewiesen, dass es rasante Action versteht. „Metal Eden“ knüpft daran an, erweitert die Formel jedoch um mehr Vertikalität, einen echten Progressionsbaum und die einzigartige Ball-Mechanik. Der Publisher Deep Silver, Teil von Plaion, bringt damit einen Titel heraus, der weder als Blockbuster noch als reines Nischenprodukt durchgeht. Man spürt den Indie-Geist, aber auch den professionellen Feinschliff, den ein etablierter Publisher ermöglichen kann. Es ist ein Spiel, das bewusst kein hundertstündiges Open-World-Epos sein will, sondern ein intensives, fokussiertes Erlebnis.

Insgesamt bleibt „Metal Eden“ ein Shooter, der in seiner Klarheit begeistert aber durchaus mit seiner Kürze enttäuschen kann. Man muss aber festhalten, dass die Kämpfe in Kombination mit Bildkomposition und Soundtrack pure Ekstase sind, das Leveldesign ist auf Flow getrimmt und in dieser Beziehung lässt das Spiel kaum Wünsche offen. Doch die Geschichte verheddert sich in Klischees, die Dialoge wirken stellenweise unfreiwillig komisch, und die acht Missionen sind trotz ihrer Qualität recht schnell vorbei. Auf der Haben-Seite ist aber aufzuführen, dass das Spiel nicht zum Vollpreis vertrieben wird. Wer aber ein kompaktes, hochintensives Erlebnis sucht, bekommt hier eines der stilistisch eindrucksvollsten Actionspiele des Jahres. Wer in Spielen Geschwindigkeit, Technik und gnadenlosen Rhythmus sucht, wird hier auf seine Kosten kommen. Alle, die eher Wert auf Charakterentwicklung oder narrative Tiefe legen, dürften dagegen enttäuscht sein. Für Adrenalinjunkies und Shooter-Enthusiasten gilt jedoch: unbedingt ausprobieren, denn „Metal Eden“ ist kein gewöhnlicher Titel, sondern ein wilder Ritt durch ein kaltes, aber faszinierendes Science-Fiction-Universum.
Entwickler: Reikon Games
Publisher: Deep Silver, Plaion
Erhältlich auf: PC, PS5, Xbox Series X/S
Getestet auf: PS5
NB@16.08.2025
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Zur Erstellung dieses Reviews wurde uns vom Publisher ein unentgeltlicher Key für das Spiel zur Verfügung gestellt. Wir danken vielmals für die Unterstützung, weisen aber darauf hin, dass dieser Umstand keine Auswirkung auf unsere Bewertung hat!
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