„Romancing SaGa – Minstrel Song – Remastered International“ ist nicht nur einer der längsten Spieletitel der letzten Jahre, sondern auch die heiß erwartete Neuauflage eines Klassikers, der in der Welt der JRPG-Fans seit vielen Jahren einen besonderen Platz einnimmt. Das Spiel gehört zum traditionellen Rollenspielgenre, kombiniert aber klassische Strukturen mit moderner Technik und Komfortfunktionen. Wer nostalgische Abenteuer schätzt und gleichzeitig Wert auf zeitgemäße Präsentation legt, findet hier einen reizvollen Spagat zwischen Retro-Charme und aktuellem Standard. Die Frage ist nur, ob die Rechnung aufgeht, oder ob man besser beim Original bleiben sollte?

Im Zentrum der Geschichte steht die Welt Mardias, die einst von der Urgottheit Marda erschaffen wurde. In einer längst vergangenen Zeit brach ein Krieg aus, in dem der Gottkönig Elore gegen die finsteren Gottheiten Death, Saruin und Schirach kämpfte. Die sogenannten Fatestones, magische Artefakte gewaltiger Macht, spielten schon damals eine entscheidende Rolle. Mit dem Opfer des legendären Helden Mirsa konnten die bösen Mächte gebannt werden, doch die Steine verstreuten sich über den ganzen Kontinent. Tausend Jahre später erwacht das Übel wieder. Dunkle Mächte manifestieren sich, während Gerüchte über die Rückkehr Saruins die Welt erschüttern. Die Menschen sind verunsichert, Könige und Gilden suchen nach Macht und Stabilität, und uralte Prophezeiungen flammen wieder auf.

In dieses Setting treten acht spielbare Hauptcharaktere, jeder mit eigenem Hintergrund, eigener Persönlichkeit und eigenen Gründen, sich auf die Suche nach den Fatestones zu begeben. Diese Figuren könnten unterschiedlicher kaum sein: Ob der wandernde Dieb, die edle Kriegerin, der charismatische Bardensohn oder der geheimnisvolle Fremde aus der Ferne – jeder bringt eine ganz eigene Perspektive mit. Ihre Handlungsstränge verweben sich lose miteinander, überschneiden sich und entwickeln sich je nach Entscheidungen der Spieler unterschiedlich. Dieser Ansatz wirkt angenehm altmodisch, beinahe poetisch – er erinnert an Zeiten, in denen viele JRPGs nicht auf eine einzige, gradlinige Handlung setzten, sondern auf das Gefühl einer lebendigen Welt, in der jeder Charakter sein eigenes Schicksal sucht. Die atmosphärische Reise, die Motive und Konflikte der Figuren und die sanft mythologische Färbung der Welt rufen Erinnerungen an klassische Fantasy-Abenteuer wach, sowohl aus der Videospielwelt als auch aus filmischen Epen.

Das Gameplay baut auf dem typischen „Free-Scenario“-System auf, das die SaGa-Reihe von anderen JRPGs unterscheidet. Schon zu Beginn wählt man eine der acht Hauptfiguren und legt damit den Grundstein für den Verlauf des Abenteuers. Es gibt keinen streng vorgegebenen Weg; vielmehr öffnet das Spiel eine Welt voller optionaler Quests, dynamischer Begegnungen und variabler Situationen. Spieler gestalten ihren Weg selbst – ein Design, das an ältere Rollenspiele erinnert, in denen Freiheit und Erkunden mehr galten als lineare Fortschrittsbalken.

Die Kämpfe bleiben rundenbasiert, folgen jedoch eigenen Regeln. Mechaniken wie „Glimmer“, bei dem Charaktere im Kampf spontan neue Techniken erlernen, oder die mächtigen „Combo“-Ketten, die mehrere Angriffe zu verheerenden Kunststücken verbinden, setzen taktisches Denken voraus und belohnen Experimente. Dadurch entsteht ein System mit überraschend viel Tiefe: Neue Fähigkeiten tauchen unerwartet auf, Strategien ändern sich unterwegs, und der Kampfverlauf kann sich schlagartig drehen – ein Markenzeichen der SaGa-Reihe, das auch heute noch frisch wirkt.

Die Steuerung, insbesondere auf der Switch, wirkt präzise und angenehm modernisiert. Der Übergang zwischen Erkundung und Kampf geht fließend von der Hand, während Menüs übersichtlich und gut navigierbar sind. Das Level-Design hält an seinen Wurzeln fest: Städte, Höhlen, Wälder und antike Ruinen entfalten eine klassische, leicht verwunschene RPG-Atmosphäre. Manche Wege sind bewusst verschlungen, manche Areale fordernd – eine Hommage an Rollenspiele, in denen man sich auch mal verlaufen durfte, um dabei etwas Neues zu entdecken.

Der Schwierigkeitsgrad bleibt spürbar hoch, besonders bei Bossen, die mit verstärkten Werten und neuen Angriffen daherkommen. Das Spiel verlangt Geduld, Planung und eine gewisse Bereitschaft, sich in Mechaniken einzuarbeiten. Für Fans anspruchsvoller Systeme ist das ein Plus – für Neulinge kann es anfangs etwas steil wirken. Doch die International-Edition integriert mehrere Komfortfunktionen, die dem entgegenwirken, darunter verbesserte Speichermöglichkeiten und optimierte Menüs. Diese Features machen den Einstieg deutlich angenehmer, ohne den ursprünglichen Anspruch zu verwässern.

Auch audiovisuell hat das Remaster viel zu bieten. Die grafische Präsentation wurde komplett in HD renoviert. Charaktermodelle, Landschaften und Effekte wirken schärfer, farbintensiver und klarer als im Original und trotzdem treu zur Vorlage. Die International-Version ist nicht einfach nur „höhere Auflösung“ – sie bewahrt die stilisierte, fast malerische Ästhetik des Originals, während sie gleichzeitig moderne Standards erfüllt. Die Switch-Version wirkt im Dock- und Handheld-Modus gleichermaßen sauber, während die PlayStation-5-Fassung die höchste visuelle Klarheit bietet. Unterschiede in Performance oder Framerate sind minimal und fallen insgesamt kaum ins Gewicht – das Remaster wurde sichtbar darauf ausgelegt, auf allen Plattformen ein konsistentes Erlebnis zu bieten.

Der Soundtrack von Kenji Ito gehört zu den großen Stärken des Spiels. Seine Kompositionen sind atmosphärisch, kraftvoll, mal melancholisch, mal episch – und vor allem stark mit dem Retro-Gefühl verbunden, das die Serie auszeichnet. Die Remastered-Version profitiert von überarbeiteten Tonspuren, die sauberer und dynamischer klingen. Das Gefühl von Nostalgie wird perfekt eingefangen: Wer in den 90ern oder frühen 2000ern JRPGs gespielt hat, fühlt sich sofort zurückversetzt.

Ein entscheidender Unterschied zur ursprünglichen Remastered-Fassung ist die Internationalisierung: Erstmals ist das Spiel vollständig lokalisiert und bietet zahlreiche neue Sprachoptionen, einschließlich deutscher Texte. Für viele Spieler war die Sprachbarriere bislang eines der größten Hindernisse – jetzt fallen sie weg. Inhaltlich bleibt das Spiel hingegen größtenteils identisch zum Remaster: Verbesserte Grafik, Komfortfunktionen, neue Bosse und zusätzliche Inhalte waren bereits vorhanden. Die International-Version erweitert nun vor allem die Zugänglichkeit des Titels.

Romancing SaGa – Minstrel Song – Remastered International wurde von Square Enix entwickelt und von Red Art Games veröffentlicht. Square Enix blickt auf eine lange Historie stilprägender Rollenspiele zurück, von Final Fantasy über Chrono Trigger bis zur eigenen SaGa-Reihe, die für ihre experimentellen Systeme bekannt ist. Der Titel „Minstrel Song“ war bereits 2005 ein Remake des originalen „Romancing SaGa“, das 1992 auf dem Super Famicom erschien. 2022 folgte das erste Remaster. Die neue Ausgabe von 2025 ist damit bereits die dritte Wiederveröffentlichung – und zugleich die umfassendste, da sie die internationale Fanbasis erstmals vollständig mitnimmt. Der Kontext dieser Entwicklung zeigt deutlich, wie wichtig Square Enix die Bewahrung klassischer RPG-Kultur ist und wie sehr die SaGa-Reihe als künstlerisch eigenständiges Projekt gepflegt wird.

Das Spielerlebnis insgesamt überzeugt vor allem dann, wenn man sich auf ein Rollenspiel einlassen möchte, das Freiheit, Eigenständigkeit und einen ungewöhnlichen Ansatz bietet. Das Spiel schlägt bewusst einen anderen Weg ein als moderne, oft stärker narrative JRPGs: Hier steht die Welt im Vordergrund, nicht ein durchinszenierter Plot. Hier soll man sich verlieren, entdecken, ausprobieren – und das gelingt dem Remaster hervorragend. Fans klassischer Rollenspiele, Retro-Liebhaber oder Spieler, die vom gängigen JRPG-Einheitsbrei gelangweilt sind, finden darin einen wahren Schatz. Die Lernkurve ist steil, aber lohnenswert. Die Präsentation ist nostalgisch und zeitgemäß zugleich. Und die neue Lokalisierung öffnet die Tore für alle, die bisher außen vor standen. Insgesamt ist „Romancing SaGa – Minstrel Song – Remastered International“ eine klare Empfehlung und ein Spiel, das man sich unbedingt ansehen sollte, wenn man Rollenspiele liebt, die mehr Freiheit als Vorgabe bieten.
Entwickler: Square Enix
Publisher: Red Art Games
Erhältlich auf: PS4, PS5, Nintendo Switch 2
Getestet auf: Nintendo Switch 2
NB@09.12.2025
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Zur Erstellung dieses Reviews wurde uns vom Publisher ein unentgeltlicher Key für das Spiel zur Verfügung gestellt. Wir danken vielmals für die Unterstützung, weisen aber darauf hin, dass dieser Umstand keine Auswirkung auf unsere Bewertung hat!
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