Visual Novels haben mittlerweile auch im Westen einen festen Bestandteil in den Spielekatalogen, waren sie doch bis vor einigen Jahren ein absolutes Nischenprodukt, das nahezu ausschließlich in Japan vertrieben wurde. Doch besonders Ratalaika Games und Eastasiasoft haben in dieser Beziehung wahnsinnig aufgeholt und bringen uns regelmäßige Updates des Genres.

Die neueste Veröffentlichung von Eastasiasoft ist dabei „Crime Opera: The Butterfly Effect“, die gleich in mehreren Beziehungen hervorgehoben werden muss, denn zum lag der Schwerpunkt der Entwickler eindeutig auf der „Novel“-Seite des Genres, da die ohnehin oft reduzierte Interaktivität des Genres im Vergleich zu anderen Vertreter noch weiter zurückgefahren wurde und zum anderen, weil das Spiel für einige inhaltliche Kontroversen verantwortlich ist, was sogar zur Folge hatte, dass Steam in Erwägung gezogen hat das Spiel dauerhaft aus dem Programm zu nehmen. Und normalerweise ist Steam in dieser Beziehung um einiges liberaler, als Sony, Nintendo, oder Microsoft es sind… – Grund genug sich das Spiel einmal genauer anzusehen!

Daran Schuld ist das allgemeine Setting und die behandelnden Themen der Geschichte. Denn entgegen anderer Visual Novels spielt das Spiel nicht in Japan und porträtiert auch keinesfalls das klassische Setting dieser Art von Spielen, die für gewöhnlich Liebesgeschichten, gerne auch mit unterschiedlichen potentiellen Liebhabern, thematisieren. Hingegen ist die Handlung in Italien angesiedelt und erzählt von Familie Gallo, eine wohlhabende Familie mit Verbindungen zur Mafia. Das erzählte ist zwar nicht alles komplett ernst erzählt, sondern verfügt dennoch über eine Prise Seifenoper, doch ist eben meilenweit von den Standards des Genres entfernt.

Zwar versucht man die Erzählungen hier und da durch Slapstick und überzeichnete Situationen, die durch eine die Erzählung aus der Perspektive der Kinder der Familie zwar nicht so düster sind, wie die andere Mafia-Geschichten, beinhaltet aber dennoch auch härtere Themen. So wird beispielsweise Gewalt gegen den Partner, aber auch die Kinder, bis hin zu einem meines Erachtens antiquierten Rollenverständnis von Frauen an sich thematisiert, von denen aber kein Punkt gut genug ausgearbeitet wird, um als Sozialkommentar gewertet werden zu können. Hingegen hängen sie ohne wirkliche Einbettung in der Luft, was auch Steam letztendlich auch dazu bewogen hat, ein De-Listing in Erwägung zu ziehen, das mittlerweile sogar in den meisten Teilen der Welt umgesetzt wurde.

Leider krankt das Spiel auch abseits der heiklen Themen, die wahrscheinlich nur als Shock-Value eingebaut wurden, an Defiziten in Sachen Dramaturgie, Pacing und Argumentation. So wirken die Handlungsstränge teilweise willkürlich und beliebig, was sich auch in der Umsetzung als Spiel zeigt. Ich hatte bereits erwähnt, dass das Spiel weniger Interaktivität, als seine Genre-Kollegen bietet. So gibt es sogar einen Spielmodus, den „Kinetic“-Modus, der komplett auf Entscheidungen verzichtet und stattdessen vom Anfang bis zum echten Ende durchläuft. Und auch der andere Modus „spielt“ sich reduzierter, als andere Visual Novels, da wir nur sporadisch überhaupt eine Entscheidung treffen können, die dann entweder einen kleinen Schlenker im Verlauf der Story, oder eines der falschen Enden bestimmt, die aber leider alle etwas öde ausgefallen sind.

Zwar wirkt das Spiel anfänglich durch sein etwas anderes Setting und die eine aufwendig gestaltete Intro-Sequenz, mitsamt eines eingängigen Songs, was durchaus auch das Intro für eine Anime-Serie sein könnte, vielversprechend, doch dieser positive Eindruck hält sich lange an. Denn spätestens wenn das eigentliche Spiel startet haben wir es nur noch mit generischen Charakterportraits und übertrieben langen Textboxen zu tun. Das wäre alles halb so wild, wenn die Geschichte gut geschrieben wäre und uns als Spieler in den Bann zieht, doch das ist leider nicht der Fall. Hingegen wirkt alles zu sehr in die Länge gezogen und unausgegoren, was durch den Zustand nur abstruser wird, dass die Entwickler groß angekündigt haben eine komplette Reihe aus dem. Spiel zu machen. Zwar findet man außer der Ankündigung bisher keine weiteren Hinweise auf eine potentielle Fortsetzung, doch wenn es dazu kommen sollte, müsste man auf jeden Fall an einigen Baustellen arbeiten…

Ich bin per se ein Freund von Visual Novels und konnte bisher wirklich den meisten etwas abgewinnen, egal wie abstrus, oder „japanisch“ (Genre-Kenner können bestimmt nachvollziehen, was ich damit meine…) die Geschichte insgesamt war. Jedoch wenn man hingegen beim Spielen das Gefühl bekommt, dass ein Spiel die eigene Zeit verschwendet, da es trotz einer überladenen Handlung irgendwie kaum etwas zu sagen hat, dann läuft wirklich etwas falsch. Gerade wenn man meint eine erwachsenere Herangehensweise an das Genre zu verfolgen und in dazu auch heikle Themen angeht, braucht es durchaus Fingerspitzengefühl und ein gewisses Talent, das ich leider hier schmerzlich vermisst habe. Der einzige Pluspunkt ist wahrscheinlich die leichte Achievement-Liste, die uns mit einem Walkthrough in knapp 2 Stunden alle Erfolge verdienen lässt, was dann auch die absolute Schmerzgrenze darstellen sollte, bis man das Spiel wieder deinstalliert…
Entwickler: Crime Opera Studios
Publisher: Eastasiasoft
Erhältlich auf: Xbox Series X/S, Xbox One, Nintendo Switch
NB@05.05.2021
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