Zwar ist „Scorn“ bereits vor knapp einem Jahr auf PC und Xbox erschienen, aber nun ist das Horrorspiel mit dem eigenwilligen Artstyle auch auf PS5 gelandet, Grund genug sich das Spiel einmal ganz genau anzusehen. Denn gerade im Oktober und kurz vor Halloween lässt es sich ja besonders gut gruseln. Die Frage ist nur, ob sich das Warten auf die PS5-Version dafür gelohnt hat…

Doch was wir „Scorn“ eigentlich? – Im Grunde handelt es sich um einen Walking Simulator mit Action- und Puzzleeinlagen in einer Welt, die maßgeblich von der biomechanischen Kunst des Schweizer Künstlers H. R. Giger beeinflusst wurde, die bereits als Inspiration für den Xenomorph aus der Alien-Reihe und die Darkseed-Adventures diente. Und gerade dieser Artstyle macht dabei einiges aus, denn mit in etwa 6-8 Stunden Spielzeit, je nachdem wie stringent man die Hauptgeschichte verfolgt und wie sehr man sich mit Nebenaufgaben beschäftigt, ist die Spielzeit eher kurz ausgefallen. Auch wenn ich persönlich mit so etwas weniger Probleme habe, sofern das Ergebnis dennoch eine Runde Erfahrung ist, so ist das für viele immer noch ein Indikator für Qualität.

Entwickelt von Ebb Software ist es schon fast ein Wunder, dass das Spiel überhaupt veröffentlicht wurde, denn die Entstehungsgeschichte war etwas holprig. So wurde bereits 2014 versucht das Spiel über Kickstarter zu finanzieren, doch das Projekt war nicht von Erfolg gekrönt und konnte sein Ziel nicht erreichen. Die Entwickler glaubten allerdings an ihr Projekt und haben es mit viel eigenem Einsatz und unter dem Publishing von Kepler Interactive geschafft das Projekt erfolgreich abzuschließen.

Im Grunde könnte man das Spielprinzip als 7th Guest in Bezug auf die Rätsel, mit einigen Actioneinlagen, die sich vor „echten“ Shootern nicht zu verstecken brauchen und rundet alles mit einem Überzug von Biomasse ab, bezeichnen. Wir finden uns als Namen- und Hautloser) Protagonist in einer desolaten Alptraum-Welt wieder und unser einziger Weg zu entkommen, ist das schier endlose Labyrinth zu durchbrechen und dabei Monster und Rätsel zu überwinden. Wir erleben das Geschehen aus der Ego Perspektive, was für ziemliche Immersion sorgt und gleichzeitig auch den Ekelfaktor steigert, denn die Spielwelt sieht nicht nur lebendig aus, sondern ist es auch. Die Rätsel basieren hauptsächlich auf Experimenten und dem Erlernen der Natur der vielen Maschinen in der Umgebung, wie zum Beispiel der Reparatur eines komplexen Transitsystems, oder auch einfach dem Hindernis, dass wir eine Tür öffnen müssen, um weiter zu kommen.

Für den Kampf präsentiert das Spiel verschiedene biomechanische Waffen, die alle an einer modularen Basis an unserem Handgelenk befestigt sind: Um eine bestimmte Waffe zu nutzen, muss der Spielercharakter die aktuelle Waffe von der Basis entfernen und durch eine andere ersetzen, Blut und eklige Geräusche inklusive. Das Spiel bietet zwar lediglich vier unterschiedliche Waffen, aber die Ballermänner kommen dafür auch außerhalb der Gefechte, die sich gut die Wage mit Erkundung und Rätsel halten, zum Einsatz. So können die Waffen beispielsweise auch zum Betreiben von Maschinen an bestimmten Punkten verwendet werden.

Eins muss aber auf jeden Fall erwähnt werden, denn wo uns andere moderne Spiele stark an die Hand nehmen, so tut das „Scorn“ keinesfalls. Das Spiel „möchte“ etwas unbequem für den Spieler sein, was im Kontext der Geschichte, die man sich allerdings ebenfalls selbst erschließen muss, durchaus irgendwie Sinn zu machen scheint. Zumindest ist das meine Interpretation, denn auf klassische Erzählstruktur muss man ebenfalls verzichten. Zusätzlich verzichtet das Spiel auf sämtliche Anweisungen und Hilfen, wenn man von dem ein oder anderen Button-Prompt absieht, der uns lediglich anzeigt, dass etwas getan werden kann, aber keineswegs was und in welcher Reihenfolge. Wir müssen selbst herausfinden, wie man das Spiel spielt. Das mag einige durchaus verunsichern, oder gar überfordern, doch übt mindestens eine genauso große Faszination auf uns aus, wenn man sich eben darauf einlässt.

Technisch ist das Spiel in seiner PS5-Version durchaus gelungen, auch wenn ich zugeben muss, dass ich keinen Vergleich zur Xbox-, oder der PC-Version habe. Positiv zu vermerken ist allerdings die erwartungsgemäß schnelle Ladezeit und die Implementierung der DualSense-Features, die es auf den anderen Plattformen nicht gibt. Die Entwickler haben sich wirklich Mühe gegeben sowohl das haptische Feedback, wie auch die adaptiven Trigger in das Spielprinzip zu integrieren, um uns noch stärker mit dem Protagonisten fühlen zu lassen. Ich wünschte mehr Entwickler, abseits von Sony’s First Party Riege, würde sich die Mühe machen die Features abseits von klassischem Rumble überhaupt anzusprechen, denn auf diese Weise lässt sich die Immersion noch weiter steigern.

Abseits davon kann sich auch die restliche Technik durchaus sehen lassen. Zwar wirkt die Grafik mit dem starken Einsatz von Filtern und Nebel stellenweise auf den ersten Blick etwas matschig, aber das ist ebenfalls ein Stilmittel und fügt sich gut in das Gesamtbild ein. So hat man wirklich das Gefühl man würde durch einen lebenden Organismus wandeln. Besonders hervorheben möchte ich noch das Sounddesign, denn optische Schauwerte sind eins, doch richtig rund wird es erst durch die bedrohliche und pointierte Soundkulisse. Es gibt zwar keinen Soundtrack im klassischen Sinn, vielmehr besteht die Untermalung mehr aus einer Ansammlung von Geräuschen, erzeugt aber dadurch eine wirklich interessante und dichte Stimmung.

Insgesamt hatte ich wirklich meinen Spaß mit „Scorn“. Es mag auf den ersten Blick zwar etwas sperrig sein, macht das aber mit frischen (und ekligen) Ideen absolut wieder wett. Die Kombination vom bis ins letzte durchdachten Design, Filtern und Sound sorgt für ein wirklich einzigartiges Spielerlebnis. Und man muss kein Giger-Fan sein, um diese Hommage würdigen zu können, auch wenn es zweifelsohne ein Hauptkriterium sein wird, warum man das Spiel überhaupt in Bedacht zieht. Es überzeugt aber auch besonders im Kontext der Rätsel, die durchaus die ein oder andere Kopfnuss bereithalten, was selbstverständlich auch damit zusammenhängt, dass das Spiel uns nicht an die Hand nimmt und wir uns auch die Funktionsweise einiger Fleisch-Maschinen erst einmal erschließen müssen. Wer sich allerdings darauf einlässt bekommt ein wirklich gelungenes Spiel, das uns mit seiner Spielzeit auch nicht überfordert. Was ich mir noch wünschen würde wäre eine VR-Variante, denn das könnte meiner Ansicht nach wirklich gut funktionieren und einen zusätzlichen Mehrwert bringen…
Entwickler: Ebb Software
Publisher: Kepler Interactive
Erhältlich auf: PC, PS5, Xbox Series X/S
NB@24.10.2023
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