Ich konnte dem Genre um klassische Detektivgeschichten, bei Filmen spricht man meist von Film Noir oder Neo Noir, schon immer etwas abgewinnen. Besonders Filme wie „Chinatown“, „Angel Heart“ oder auch „D.O.A.“ haben mich begeistert. Und auch spielerisch lassen sich solche Geschichten ziemlich gut umsetzen, wie „L.A. Noire“, „Call of Cthulhu“ und unzählige Sherlock Holmes-Abenteuer gezeigt haben. Aus diesem Grund hat mich auch „The Last Case of John Morley“, ein narrativ getriebenes Noir-Abenteuer direkt angesprochen das aktuell für PlayStation 5 sowie den PC erhältlich ist, wobei eine bereits Umsetzung für weitere Plattformen angekündigt wurden.

Das Spiel ordnet sich klar dem Story-Adventure-Genre zu und setzt seinen Schwerpunkt weniger auf spielmechanische Komplexität als vielmehr auf Atmosphäre, Erzähltempo und emotionale Wirkung. Schon in den ersten Minuten wird deutlich, dass hier kein lauter Genrevertreter wartet, sondern ein ruhiges, bewusst entschleunigtes Erlebnis, das sich Zeit nimmt, seine Welt und Figuren zu entfalten.

Die Handlung versetzt den Spieler in eine düstere, stilisierte Version der 1940er-Jahre, eine Zeit, in der Zigarettenrauch in den Straßen hing, Geheimnisse hinter schweren Holztüren verborgen lagen und Moral selten eindeutig war. Im Mittelpunkt steht der abgehalfterte Privatdetektiv John Morley, ein Mann, der mehr Vergangenheit als Zukunft besitzt und dessen Gesicht die Spuren zahlloser ungelöster Fälle trägt. Nach einer längeren Phase des Rückzugs wird er von Lady Margarette Fordside aufgesucht, einer wohlhabenden, aber gebrochenen Frau, die ihn bittet, den Mord an ihrer Tochter neu aufzurollen – ein Verbrechen, das zwanzig Jahre zuvor offiziell zu den Akten gelegt wurde.

Was zunächst wie ein klassischer Detektivauftrag wirkt, entwickelt sich rasch zu einer Reise in die Abgründe menschlicher Schuld und verdrängter Erinnerungen. Morley bewegt sich durch verlassene Herrenhäuser, verfallene Kliniken und stillstehende Tatorte, die alle ihre eigenen Geschichten erzählen. Die Welt des Spiels fühlt sich dabei weniger wie ein realer Ort, sondern vielmehr wie eine Erinnerung an – fragmentiert, melancholisch und von Verlust geprägt. Der nostalgische Ton erinnert stark an klassische Noir-Filme und Romane, an Werke, in denen der Ermittler selbst Teil des Problems ist und jede Antwort neue Fragen aufwirft. Spieler, die Titel wie „L.A. Noire“ oder ruhige, erzählorientierte Indie-Spiele schätzen, werden sich hier sofort heimisch fühlen.

Das Gameplay unterstützt diese Erzählweise konsequent. Gespielt wird aus der Ego-Perspektive, wodurch eine direkte Verbindung zwischen Spieler und Spielfigur entsteht. Anstatt actionreicher Verfolgungsjagden oder Schusswechsel setzt das Spiel auf Erkundung, Beobachtung und Deduktion. Hinweise müssen gefunden, Tatorte untersucht und Informationen logisch miteinander verknüpft werden. Oft besteht die Herausforderung nicht darin, den richtigen Gegenstand zu finden, sondern die Bedeutung eines Details zu verstehen oder zwischen den Zeilen zu lesen.

Die Steuerung ist bewusst schlicht gehalten. Auf der PlayStation 5 funktioniert sie präzise und intuitiv, unterstützt durch subtile haptische Rückmeldungen des DualSense-Controllers. Am PC überzeugt die Maus- und Tastatursteuerung durch Genauigkeit und gute Anpassungsmöglichkeiten. Das Level-Design ist linear, was jedoch keineswegs als Nachteil empfunden wird. Stattdessen entsteht ein stringenter Spannungsbogen, der den Spieler durch die Geschichte trägt, ohne ihn mit Nebenaufgaben oder optionalen Inhalten abzulenken.

Der Schwierigkeitsgrad bewegt sich insgesamt im moderaten Bereich. Rätsel und Aufgaben verlangen Aufmerksamkeit und logisches Denken, bleiben aber stets fair und nachvollziehbar. Das Spiel möchte nicht frustrieren, sondern zum Nachdenken anregen. Wer komplexe Puzzle-Konstruktionen oder fordernde Denkaufgaben erwartet, könnte das Erlebnis als zu leicht empfinden. Für das angestrebte Ziel – eine dichte, emotional getragene Geschichte – ist diese Herangehensweise jedoch genau richtig.

Grafisch präsentiert sich das Spiel eher zurückhaltend, aber stilsicher. Gedämpfte Farben, starke Kontraste und gezielt eingesetzte Licht- und Schatteneffekte erzeugen eine glaubhafte Noir-Atmosphäre. Die Umgebungen sind detailreich genug, um Geschichten zu erzählen, ohne jemals überladen zu wirken. Auf der PS5 läuft das Spiel flüssig mit stabiler Performance und kurzen Ladezeiten. Am PC profitieren leistungsstärkere Systeme von höheren Auflösungen und feineren Details, während auch schwächere Konfigurationen ein solides Spielerlebnis bieten.

Der Soundtrack ist ein zentrales Element der Inszenierung. Getragen von jazzigen Klängen und zurückhaltenden Orchesterstücken verstärkt er die melancholische Grundstimmung und unterstreicht emotionale Momente, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Geräuscheffekte wie knarrende Böden, entfernte Schritte oder das leise Rascheln alter Dokumente tragen erheblich zur Immersion bei und lassen die Spielwelt lebendig wirken.

(c) Indigo Studios – Interactive Stories, Jandusoft
Entwickelt wurde das Spiel von Indigo Studios – Interactive Stories, einem Studio, das sich auf erzählerisch fokussierte Spiele spezialisiert hat. Gemeinsam mit dem Publisher JanduSoft entstand ein Projekt, das klar aus Leidenschaft für klassische Detektivgeschichten hervorgegangen ist. Auch frühere Arbeiten des Studios zeigen diese Vorliebe für narrative Tiefe und atmosphärische Präsentation, doch mit „The Last Case of John Morley“ erreicht dieses Konzept einen neuen Reifegrad.

(c) Indigo Studios – Interactive Stories, Jandusoft
Insgesamt ist „The Last Case of John Morley“ ein eindrucksvolles, wenn auch bewusst kurzes Spielerlebnis. Es richtet sich an Spieler, die Wert auf Story, Stimmung und Charaktere legen und bereit sind, sich auf ein langsames Erzähltempo einzulassen. Wer laute Action oder umfangreiche Spielsysteme sucht, wird hier nicht fündig. Fans von Noir-Erzählungen, narrativen Adventures und atmosphärischen Indie-Titeln hingegen sollten diesem Spiel unbedingt eine Chance geben. Es ist ein Werk, das noch lange nach dem Abspann im Gedächtnis bleibt und zeigt, wie viel Kraft in einer gut erzählten, konzentrierten Geschichte stecken kann.
Entwickler: Indigo Studios – Interactive Stories
Publisher: JanduSoft
Erhältlich auf: PC, PS5
Getestet auf: PS5
NB@24.12.2025
——— Hinweise & Disclaimer: ———
Zur Erstellung dieses Reviews wurde uns vom Publisher ein unentgeltlicher Key für das Spiel zur Verfügung gestellt. Wir danken vielmals für die Unterstützung, weisen aber darauf hin, dass dieser Umstand keine Auswirkung auf unsere Bewertung hat!
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