Als begeisterter Retro-Spieler bin ich selbstverständlich auch mit den berüchtigten Spielen von Publisher LJN vertraut, die besonders durch den Angry Video Game Nerd an Bekanntheit gewonnen haben. Entgegen der allgemein eher negativen Meinung hatte ich persönlich aber mit einigen dieser Spiele wirklich viel Spaß. Sei es „A Nightmare in Elm Street„, „Die Hard“ oder „Friday the 13th„, die Spiele sind besser als ihr Ruf und stammen sogar teilweise von renommierten Entwicklern, wie Rare oder Atlus.

Aus diesem Grund habe ich mir mit „Beetlejuice“ für das Nintendo Entertainment System (NES) nun das nächste Spiel herausgepickt, um herauszufinden, ob auch dieses Spiel besser ist als sein Ruf. Das Spiel aus dem Jahr 1991 basiert lose auf dem gleichnamigen Kultfilm von Tim Burton aus dem Jahr 1988. Trotz seiner Lizenz wirkt das Spiel in vielerlei Hinsicht wie ein experimentelles Produkt zwischen surrealem Plattforming und klassischem Trial-and-Error-Gameplay – eine Mischung, die sowohl frustrieren als auch faszinieren kann.

Die Handlung des Spiels folgt in groben Zügen dem Film, verlässt sich aber größtenteils auf kreative Ausschmückung. Spieler schlüpfen in die Rolle des titelgebenden „Geisterbio-Exorzisten“ Beetlejuice, einem anarchischen, unsterblichen Schelm mit Faible für Streiche, Grusel und schrille Sprüche. Ziel ist es, das Haus, das von der Familie Deetz bewohnt wird, zurückzuerobern, indem man Geisterkräfte einsetzt, um die Bewohner zu vertreiben – wobei das Spiel kaum auf Dialoge oder cineastische Zwischensequenzen setzt. Stattdessen entfaltet sich die Geschichte durch bizarre Leveldesigns und groteske Gegner, die stilistisch an Tim Burtons Ästhetik erinnern. Wer den Film kennt, wird einige Anspielungen entdecken – etwa die Sandwürmer aus dem Jenseits oder die surreale Zwischenwelt. Im Geiste verwandt ist das Spiel vielleicht am ehesten mit „Ghostbusters II“ oder auch „A Nightmare in Elm Street“, wobei es weitaus weniger strukturiert und ein gutes Stück abgedrehter daherkommt.

Das Gameplay des Spiels ist eine wilde Mischung aus Plattforming, Erkundung und punktuell auftretenden und teilweise sehr kryptischen Rätseln. Die Steuerung ist einfach gehalten: Mit dem Steuerkreuz bewegt man Beetlejuice, mit A wird gesprungen, mit B führt man Angriffe aus. Ein zentrales Element ist das Sammeln von „Scare Points“, mit denen man Verwandlungen und Spezialattacken auslöst – etwa das temporäre Verwandeln in ein gefährliches Skelett, grotesken Formen aus dem Film oder das Erzeugen von Hindernissen für Gegner. Diese Mechanik klingt allerdings vielschichtiger, als sie in der Praxis ist, denn die abseits der durchaus schicken Optik, ist die Dauer der Verwandlung nur wenige Sekunden und die Fähigkeiten ähneln sich alle sehr.

Zusätzlich ist der Einsatz in Rätseln und Bossen oft kryptisch und erfordert exaktes Timing. So muss man beispielsweise im Verlauf des ersten Levels zur Skelett-Form wechseln und einen Bienenstock vom Baum schießen, damit sich eine Wolkenplattform bewegt, wenn wir auf sie springen. Keine Ahnung woher man das wissen soll, welchen Sinn das ganze hat oder warum andere Verwandlungen mit nahezu identischen Fähigkeiten nicht funktionieren. Hinzu kommt ein recht hoher Schwierigkeitsgrad, der weniger durch cleveres Gegnerdesign als durch unfaire Sprungpassagen und trial-and-error-Momente zustande kommt. Die Kollisionsabfrage und Kickback ist dabei ein häufiger Quell von Frust – Gegner treffen Beetlejuice oft schon, bevor ihre Sprites visuell in Reichweite scheinen. Der Levelaufbau ist verschachtelt und verlangt dem Spieler viel Geduld ab. Rücksetzpunkte sind selten, Leben sind begrenzt, und ein Game Over bedeutet, das gesamte Level erneut beginnen zu müssen. Diese Elemente erinnern eher an frühe Arcade-Titel als an ein durchdachtes Konsolenabenteuer.

Grafisch gibt sich „Beetlejuice“ auf dem NES viel Mühe, den surrealen Look des Films einzufangen – mit gemischtem Erfolg. Die Farben sind kräftig, fast grell, mit viel Lila, Grün und Schwarz, was zur Geisterthematik passt. Die Sprites sind groß, teils gut animiert, aber oft schwer voneinander zu unterscheiden. Einige Levelhintergründe wirken detailliert und kreativ – etwa ein grotesker Friedhof oder das Jenseitsbüro mit überdimensionalen Aktenstapeln – während andere Umgebungen eher generisch geraten sind. Die Bildwiederholrate bleibt konstant, allerdings kommt es recht häufig zu Sprite-Flimmern, besonders wenn viele Gegner gleichzeitig auftauchen. Das ist allerdings Plattformbedingt, da das NES nur maximal 8 Sprites pro Bildzeile gleichzeitig darstellen konnte und man beim Überschreiten der Anzahl zwischen mehreren Sprites wechselte um keine komplett weglassen zu müssen.

Entwickelt wurde das Spiel von Rare, einem Studio, das sich Anfang der 90er bereits einen Ruf für technisch ambitionierte, aber spielerisch durchwachsene Titel gemacht hatte. In den Folgejahren sollten sie mit Hits wie „Battletoads“ und „Donkey Kong Country“ weltberühmt werden – und auch wenn ich wirklich ein Fan von „A Nightmare in Elm Street“ bin, das ebenfalls von Rare entwickelt wurde, muss eingestehen, dass „Beetlejuice“ leider nicht zu den Sternstunden des britischen Entwicklers gehört. Der Publisher LJN war berüchtigt für seine Lizenzspiele, die mit großen Namen warben, aber häufig unter Zeitdruck und mit begrenzten Budgets entstanden. Das merkt man auch „Beetlejuice“ an: Viele Spielsysteme wirken unfertig oder unbalanciert, als hätte man in der Entwicklung einige Ideen nur halb umgesetzt. Dennoch: Im Kontext der frühen 90er, in denen viele Filmspiele lediglich flache Plattformer waren, ist „Beetlejuice“ zumindest ein ambitionierter Versuch, etwas Eigenes zu schaffen…

Insgesamt ist „Beetlejuice“ unterm Strich ein kurioses Relikt seiner Zeit. Es versucht, die anarchische Stimmung des Films in Spielmechaniken zu übertragen, bleibt dabei aber oft viel zu kryptisch und unausgegoren. Der hohe Schwierigkeitsgrad, die frickelige Steuerung und das unfaire Leveldesign machen es zu einer Geduldsprobe, die vor allem Retro-Fans mit nostalgischer Neigung schätzen werden. Ich habe es auch nur mit Hilfe von Save States und einem Guide geschafft in die späteren Levels vorzudringen, die durch einen Wechsel in eine Iso-Perspektive und stärkeren Fokus auf RPG-Elemente fast wie ein gänzlich anderes Spiel anmutet. Man kann allerdings festhalten: Wer allerdings einen zugänglichen Platformer sucht, wird hier wenig Freude finden. Für Liebhaber des Films und Hardcore-Sammler von NES-Klassikern bietet der Titel dennoch einen gewissen Reiz – als Zeugnis dafür, wie wagemutig (oder verzweifelt) Lizenzspiele damals sein konnten. Man könnte sagen: schräg, schwer – und irgendwie aber doch liebenswert kaputt.
Entwickler: Rare
Publisher: LJN
Erhältlich auf: NES
Getestet auf: NES
NB@29.05.2025
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