PS4 Review: „Adam’s Venture: Origins“ – Ist es „Uncharted“ für Arme oder doch mehr?

Ich habe ein kleines Gedankenexperiment. Man nehme als Basis das Spiel „Uncharted“ und verändert das Spiel an einigen Kernelementen. Man streiche folgendes:

  • Schusswaffen
  • Nahkampf
  • Nolan North
  • Flüssiges Klettersystem
  • Spielbare Fahrsequenzen

Zusätzlich lässt man das Spiel anstatt vom hochkarätigen Studio Naughty Dog von einem Indie Entwickler mit Namen „Vertigo“ entwickeln und stellt logischerweise auch ein viel geringeres Budget zur Verfügung. Am Ende kommt dann etwas heraus, was ziemlich genau an das vorliegende Spiel „Adam’s Venture: Origins“ herankommt, denn das Spiel wird im Internet immer wieder als „Uncharted für Arme (= „poor man’s Uncharted“) bezeichnet.

 

Das Spiel ist ursprünglich in drei Episoden für den PC erschienen, wurde aber bereits in Gänze 2014 mit dem Zusatztitel „Chronicles“ für die PS3 und Xbox360 veröffentlicht, bevor es 2016 remastered mit dem Zusatz „Origins“ für PS4 und Xbox One erschien, wofür das Spiel das vorher auf der Unreal Engine 3 basierte auf Unity 5 als aktuellen Standard portiert wurde. Das Spiel ist sowohl digital in den Stores, aber auch als Retail-Veröffentlichung erhältlich.

 

Auch wenn das bisher gesagte alles andere als verlockend klingt, erfreut sich das Spiel dennoch einer Fangemeinde, die die Fokussierung auf Story und Rätzel hervorheben. Da das Spiel regulär aber 29,99€ kostet war mir dieses Experiment bislang zu kostspielig, doch der aktuelle Sale im PSN hat den Preis auf 6,99€ schrumpfen lassen, was mir dann wiederum einen Blick wert war. Da das Spiel zusätzlich über eine der leichtesten Trophäenlisten samt Platintrophäe verfügt, hat einen zusätzlichen Ansporn dargestellt.

 

Das erste was am Spiel auffällt, dass das Budget oder eher der Sachverhalt, dass davon nicht genug da war, an jeder Ecke sichtbar wird. Weder Grafik, noch Sound oder Synchronisation sind auch nur annähernd auf der Höhe der Zeit. Natürlich liegt hier „nur“ ein remaster und keine Neuentwicklung zu Grunde, aber selbst für ein Release auf der PS3 wäre diese Grafik nicht mehr zeitgemäß gewesen und besonders bei den Charakteranimationen fühlt man sich schon stellenweise an PS2 erinnert. Teilweise bewegen sich die Münder der Figuren beim Sprechen, dann mal wieder nicht und komische Bewegungszyklen gibt es en Mass. Die sonstigen Animationen gehen an sich in Ordnung, obwohl auch hier etwas Fine Tuning gut getan hätte, denn Hier hätte etwas mehr Budget wahrscheinlich nicht geschadet. Dann hätten sich wahrscheinlich solche Fehler wie der folgende nicht eingeschlichen, der auch nach einem Neustart der Mission noch vorhanden war…

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Der Sound an sich plätschert mehr unscheinbar vor sich. – Tut zwar nicht weh, aber trägt auch nicht wirklich zur Untermalung der Stimmung bei. Die Sprachausgabe geht in Ordnung, wenn es sich bei den Sprechern allerdings um keine Profis zu handeln scheint, denn die Betonungen sind stellenweise einfach nicht passend und gerade im Vergleich zum Vorbild „Uncharted“ kann man wahrscheinlich nur verlieren, denn Nolan North der Nathan Drake in Uncharted seine Stimme leiht gehört, neben Troy Baker oder auch Laura Bailey, zweifelsfrei zur Elite für die Synchronisation in der Spielebranche.

 

Aber wie verhält es sich, wenn man sich das Gameplay und Punkte betrachtet, die in Verbindung mit dem Spiel öfters gelobt werden: Story und Rätzel?

Gameplay:

Adam ist zwar laut Stellenbeschreibung ein Abenteuer à la Nathan Drake oder Lara Croft, kann aber bei weitem nicht so agil Springen und Klettern. Hier agiert er sehr ungelenk und kann nur an fest definierten Bereichen hochspringen, hochklettern oder mit seinem Enterhaken andocken. Wenn Nathan Drake beispielsweise ein teures Rennrad wäre, wäre Adam Venture eher die Billigvariante vom Discounter. Beide erfüllen ihren Zweck, aber sind grundlegend unterschiedliche Erfahrungen.

 

Es wäre nicht so schlimm, wenn Adam wenigstens andere Werte, neben Springen und Klettern hätte, die hat er allerdings nicht. Er kann nur laufen, was sich per Knopfdruck auch in Rennen umstellen lässt, kann Springen, seinen Enterhaken werfen und mit vordefinierten Punkten interagieren. Er kann nicht kämpfen, nicht um Ecke schauen und steuert sich an sich auch sehr träge, wenn er sich in der Nähe von Hindernissen oder Wänden befindet.

 

Zu blöd ist allerdings, dass es einige Schleich-Abschnitte gibt, wo wir durch kleinere abgesteckte Bereiche vor Gegner verstecken und vorbeischleichen müssen. Jeder Gegnerkontakt führt dabei zum instant-Fail des Abschnitts. Zur weiteren Frustration trägt hinzu, dass es in diesen Bereichen anscheinend keine Logik zu geben scheint, denn durch denn ein Gegner muss uns nicht unbedingt gegenüberstehen, um uns zu „sehen“, denn das klappt auch an einigen Stellen, wenn der Schein seiner Taschenlampe durch die Wand eines Zelts durchscheint. Diese Sequenzen kommen in der zweiten Spielhälfte leider häufiger vor und sorgen für ziemlichen Frust, besonders weil die Rücksetzpunkte teilweise VOR geskripteten Sequenzen sind, die man dann mehrfach ansehen muss…

 

Sonst gibt es nur noch eine weitere Abweichung von diesem Standard-Gameplay, denn in ein paar kurzen Abschnitten sitzen wir in einem Minenwagen und müssen auf Knopfdruck uns entweder Ducken oder mit dem Enterhaken eine Weiche betätigen. Diese Abschnitte sind ganz nett gemacht, wenn sie auch insgesamt viel zu leicht sind. Selten muss man mehr als eine oder zwei Aktionen pro Minenwagenfahrt durchführen und eine weitere Interaktion ist von unserer Seite während diesen Passagen nicht nötig. Wir steuern weder die Geschwindigkeit noch müssen wir uns den Kurven irgendwas beachten, damit unser Minenwagen nicht umfällt, wie es schon in anderen Spielen der Fall war.

Story:

Schauen wir uns daher zunächst mal die Story genauer an, ein Punkt der am Spiel immer wieder gelobt wird. Dazu sind leider ein paar Spoiler notwendig, denn sonst kann man sich nicht umfänglich mit der Story beschätigen. Wer das nicht möchte sollte lieber zum nächsten Punkt „Rätzel“ weiterspringen.

Im Spiel steuert man den jungen Abenteurer Adam Venture, Sohn des renommierten Historikers Abraham Venture von der Oxford University, der genaugenommen nur der Gehilfe seines Vaters ist und mit mehr Glück als Verstand plötzlich auf eine heiße Spur nach der Suche vom Garten Eden und danach der Miene des König Solomon stößt. Das baut inhaltlich auf die Recherche des Vaters auf, der allerdings aus unerfindlichem Grund gar nicht mit auf die Reise geht, sondern stattdessen seinen unerfahrenen Sohn und seine Assistentin losziehen lässt.

 

Weiter thematisiert wird das nicht und die Verbindung zwischen dem Garten Eden und der Miene von König Solomon macht inhaltlich auch keinerlei Sinn. Im Grunde wird das nur wendet um etwas mehr an unterschiedlichen Setpieces zu verbauen. Diese Setpieces an sich sehen auch nicht schlecht aus aber das täuscht nicht darüber hinweg, dass das eigentlich keine Story vorhanden ist. Was am Anfang noch vielversprechend beginnt entwickelt sich schon nach kürzester Zeit zu einer Charade mit dem größten „Deus ex Machina“-Moment aller Zeiten. Hier hatte sich ein Schreiber wohl ziemlich in eine Sackgasse geschrieben hat man sich nämlich folgenden Clou einfallen lassen, den ich euch nicht vorenthalten möchte:

Thematisch haben wir den Garten Eden gefunden, der Antagonist des Spiels ist gestorben und der Sohn des Antagonisten hat uns dafür einsperren lassen. Wir schaffen es allerdings mit Hilfe einer Haarnadel aus dem Gefängnis zu entfliehen, schleichen durch das Camp der Gegner und finden letztendlich ein Auto mit dem wir fliehen können. Zu Fuß war wohl keine Option. Anscheinend kommt man nur motorisiert aus dem Camp heraus, aber das soll jetzt einfach mal dahingestellt sein. Allerdings hat das Auto kein Benzin, weswegen wir wieder durch das Camp auf der Suche nach Benzin schleichen, was wir letztendlich auch finden.

Hier ist aber die Sackgasse, die wohl bis zu diesem Zeitpunkt niemandem aufgefallen war, denn WAS SOLL NACH DER FLUCHT PASSIEREN? – Die Lösung hätte man auf unterschiedliche Weise implementieren können, doch man entschied sich dafür es besonders elegant zu lösen: Wir finden das Benzin, Adam meldet sich per Funk bei der Assistentin und sagt ihr dass er das Benzin gefunden hat und jetzt zurück zum Auto kommt. Soweit so gut, doch dann sagt er weiter, dass er währenddessen auch auf ein paar Dokumente gestoßen ist, die ihm verraten haben, dass die bösen jetzt auf der Suche nach der Mine von König Solomon sind und in Jerusalem eine Ausgrabungsstätte errichtet haben. Somit steht das nächste Ziel der Reise fest. – Keine Ahnung warum, wieso, weshalb. Einfach nur so. – Darum halt?!?

 

Ich weiß nicht genau, was ich zu sowas noch sagen kann. Wo immer auch diese gelobte Story sein mag, ich habe sie irgendwie nicht mitbekommen, denn ähnlich plump geht es dann bis zum unspektakulären Ende weiter. Vielleicht habe ich vergessen einen Patch zu installieren, aber ich konnte nichts finden, was auch nur annähernd an eine interessante Geschichte erinnern konnte…

 

Rätzel:

Hier muss man „Adam’s Venture: Origins“ mal ein Lob aussprechen, denn es gibt richtig viele Logikrätzel, bei denen man teilweise die grauen Zellen schon stärker anstrengen muss. Dabei gibt es von jeder Art von Rätzel in der Regel mehrere, deren Schwierigkeitsgrad kontinuierlich ansteigt. Es sind dabei viele unterschiedliche Formen eingebaut, die von recht simplen Schiebe- und Verbindungsrätzeln über Druckausgleichberechnungen bis hin zu komplexeren Timing-basierten Einlagen. Hier könnte sich Uncharted sogar noch eine Scheibe abschneiden, denn dort kommen die Rätzel meiner Meinung etwas zu kurz, sind meist viel zu simpel gestrickt oder das Spiel gibt schon zu Beginn zu viele Hilfestellung durch Kommentare von Nathan Drake.

 

So und was bleibt am Ende übrig? – Positiv muss man nochmal die Rätzel und den Sachverhalt, dass das Spiel nach 3-4 Stunden beendet ist und es insgesamt bis auf zwei Trophäen auf die man zu Beginn des Spiels achten muss, keine verpassbaren Trophäen gibt. Der Platin für jeden, der das Spiel bis zum Ende spielt ist dann quasi nichts mehr, was im Wege steht. Für den momentanen Angebotspreis kann man als Trophäenjäger durchaus einen Blick riskieren, für einen höheren Preis oder gar auf Grund der Story aber auf keinen Fall. Wer ein Abenteuerspiel à la „Uncharted“ oder „Tomb Raider“ sucht, bleibt besser beim Original und sollte sich nicht mit diesem Spiel beschäftigen…

 

NB@22.06.2018

——— Hinweise & Disclaimer: ———

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Die verwendeten  Bilder und/oder Screenshots wurden, wenn nicht anders angegeben, vom Autor selbst erstellt und dienen zur Unterstützung des Berichtes. Das Copyright an der dargestellten Sache, bzw. dem Spiel bleibt davon selbstverständlich unberührt und verbleibt beim ursprünglichen Rechteinhaber.

 

 

 

 

 

 

 

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