In meiner Videospielkarriere habe ich wirklich schon viel gesehen und da ist es umso erfrischender, wenn man dabei mal wieder auf ein Spiel trifft, das sich von der Masse abhebt. Simulacra ist genauso ein Spiel, denn im Grunde beschränkt sich das Gameplay ausschließlich auf die Interaktion mit einem Smartphone. Was erst langweilig, wenn nicht gar öde klingen mag erweist sich aber als kleines und gemeines Horrorspiel, das mich auch nach knapp 7 Spielstunden noch gefesselt hat, was ungefähr so lange ist, wie man für das Durchspielen braucht. Dabei ist das Spiel ursprünglich bereits 2017 auf dem PC erschienen und hat aber nun (endlich) eine Portierung auf Konsolen erfahren, wo ich dann auf das Spiel aufmerksam geworden bin.
Die Prämisse des Spiels ist relativ simpel, denn wir finden ein fremdes Smartphone und beginnen darauf herum zu klicken, um herauszufinden, wem es gehören könnte. Normalerweise ist so etwas durch notwendige Pin- oder Mustereingaben nicht wirklich von Erfolgt gekrönt. Doch schon bei der ersten Berührung merkt man, dass irgendetwas nicht stimmen kann, da merkwürdige Glitches im Display uns den Pin offenlegen. Insgeheim denkt man sich natürlich „wie praktisch“ und befriedigt die voyeuristische Neigung die Apps anzuklicken, die man sieht. Wir bekommen ein Video gezeigt, dass die Besitzerin des Handys selbst aufgenommen hat. Sie ist verängstig, weint verlaufenen Kajal und redet unverständliches Zeug. Sie wird von jemand oder etwas verfolgt und hat am Ende in bester Blair Witch-Manier nur eine letzte Nachricht: Auf keinen Fall nach ihr zu suchen! – Doch das ist für uns nun auf jeden Fall keine Option mehr. Auch wenn wir die junge Frau, deren Handy wir in den Händen halten nicht kennen, so müssen wir zumindest versuchen jemandem Bescheid zu geben, dass sie anscheinend Hilfe braucht…
Wir interagieren weiter mit dem Smartphone und den Apps, die darauf installiert sind, um herauszufinden wer die junge Frau ist und wie wir ihr helfen können. Auch wenn man sich gegen die Verwendung echter Apps, sondern für erfundene Äquivalente von WhatsApp, Facebook, Instagram und Tinder entschieden hat, die neben einem Browser, Mailprogramm, Kontaktverzeichnis und dem Bilderordner gelistet sind, so ist im Grunde klar, was gemeint ist und da sowohl Bedienung, wie auch Layout den Originalen sehr nachempfunden sind. Der Vorteil ist eindeutig, man findet sich sehr schnell zurecht, wenn man schon einmal ein Smartphone in der Hand hatte. Es vergeht nur eine kurze Zeit und wir finden heraus, dass die Frau Anna heißt und wir schreiben sowohl mit ihrem Freund Greg, mit dem sie eigentlich nach einem Streit Schluss gemacht hat, sowie einem jungen Mann namens Taylor. Beide sind auf der Suche nach Anna und sind sehr verwundert, als ich an ihrer statt antworte. Ich erzähle vom Blair Witch-Video, doch als ich es zum Beweis versenden möchte, löscht sich das Video selbst vom Handy. – Hier geht offensichtlich etwas nicht mit rechten Dingen zu und Anna scheint in großer Gefahr zu sein, als plötzlich ein Social Media-Post von Anna’s Account, sprich von ihrem Handy abgesetzt wird, in dem sie sich beim Entspannen zu Hause zeigt, bevor wir durch einen Glich für den Bruchteil einer Sekunde plötzlich das verzerrte und blutverschmierte Gesicht von Anna sehen…
Das Spielprinzip beschränkt sich komplett auf das Erforschen des Handys, das Führen von Unterhaltungen, in denen wir unterschiedliche Antwortmöglichkeiten wählen können und teilweise sehr interessante Rätzel lösen müssen. Dabei ist zwar fast immer klar, was unser Ziel ist, doch oft müssen wir selbst kombinieren, wie wir das Ziel mit den Informationen, die uns zur Verfügung stehen, erreichen. So haben wir im ersten Drittel des Spieles zum Beispiel die Aufgabe die Geliebte von Greg zu kontaktieren, um herauszufinden, ob wir ihm vertrauen können. Allerdings haben wir nur ihren Vornamen auf dem Bild ihrer Visitenkarte. Darauf ist allerdings auch Ihre Personalnummer und ihr Arbeitgeber gelistet. Sie arbeitet bei einem großen Unternehmen in der Verkaufsberatung. Daher kontaktieren wir den Arbeitgeber, geben uns als potentieller Kunde aus und fragen nach ihrer Personalnummer zur Beratung. In einem anderen Fall müssen wir eine Telefonnummer anhand von unterschiedlichen Social Media-Posts rekonstruieren, was ohne Zweifel das schwerste Rätzel im Spiel darstellt oder auch einen aufdringlichen Arbeitskollegen von Anna erpressen, um von ihm eine Information zu bekommen. Insgesamt wirklich interessante Rätzel, die an klassische Adventures erinnern, wobei sich hier eben alles rein über das Medium „Smartphone“ abspielt, was im Spielverlauf sogar noch einen tieferen Sinn bekommt, warum es so ist. Weiter gibt es auch kleinere Rätzel, wo wir kleine Textpassagen oder Bilder neu rekonstruieren müssen, da diese bei einem Absturz des Telefons korrumpiert wurden. Aufgelockert wird die Spielprinzip übrigens auch durch Implementierung unterschiedlicher Medien auf dem Telefon oder auch der Kommunikation. So erhalten wir zum Beispiel auch Anrufe, Voicemails und Videos, bei denen es sich um FMV-Sequenzen handelt, die also mit echten Schauspielern aufgenommen wurden und lernen dadurch auch unterschiedliche Facetten der Akteure kennen. Dabei handelt es sich zwar nicht um Oscar-Performances, aber die Schauspieler machen allesamt einen guten Job und wirken authentisch.
Dass das Spiel aber mehr als nur ein simples Mystery-Spiel ist zeigt sich besonders in der Stimmung. Auch wenn das Spiel in seinen Darstellungen wenig grafisch ist und auch in Fotos und Videos auf explizite Gewaltdarstellung verzichtet, so versteht es dennoch trotz der Optik und des recht reduzierten Spielprinzips eine immense Spannung aufzubauen. So kommt es immer wieder vor, dass wir aus dem Off ein Klopfen, Seufzen oder schweres Atmen hören, was beim Spielen schon für etwas merkwürdige Gefühle sorgt. Als das Telefon an einer Stelle dann abstürzt und neu initialisiert werden muss wird zusätzlich bewusst die vierte Wand zerbrochen und es gibt Momente, die für Gänsehaut sorgen. Ich will dazu nicht zu viel verraten, aber wenn zum Beispiel in einer Kette von belanglos wirkenden Fragen zur Initialisierung eines Telefons die Aussage kommt, dass das eigene Haar gut riecht und das Telefon dann auch noch fragt, ob man es mal anfassen dürfte, sind wahrscheinlich selbst die härtesten Hunde etwas verunsichert und fragen sich was hier gerade passiert… – Es empfiehlt sich daher auf jeden Fall das Spiel mit guten Kopfhörern und am besten bei kompletter Dunkelheit zu spielen, damit die Gruseleffekte noch mehr zur Geltung kommen.
Insgesamt hatte ich mit dem Spiel eine Menge Spaß und es hat mich auch nachhaltig sehr überrascht. Ich hatte es mir zugelegt, ohne viel darüber zu wissen und war von den ersten Minuten der Spielzeit komplett in den Bann des Spiels gezogen. Gerade der erste große Jumpscare hat mich wirklich erschreckt und von da an wurde es im Grunde nur besser. Wer auf außergewöhnliche Spiele, oder psychologischen Horror per se steht, sollte auf jeden Fall mal einen Blick auf das Spiel werfen. Es bietet eine wirklich interessante Geschichte, mit unterschiedlichen Verläufen, die Entscheidungsbasiert sind und sogar mehrere Enden. So bietet es mit seiner reinen Spielzeit von knapp 7 Stunden für einen Durchgang einen guten Umfang für Downloadspiele. Auf Steam gibt es übrigens auch ein Spin-Off, das man kostenlos spielen kann und demnächst auch einen zweiten Teil, der voraussichtlich auch noch in diesem Jahr portiert wird.
Entwickler: Kaigan Games
Publisher: Wales Interactive
Erhältlich auf: PC, PS4, Xbox One, Nintendo Switch
NB@13.01.2020
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