Es ist selten, dass mich die kleinen Indies von Ratalaika Games überraschen. Denn machen wir uns mal nichts vor, meist ist der Haupt-Fokus dieser Spiele eher auf einer überaus leichten Trophäenliste, anstatt ausgereiftem Gameplay, das uns in seinen Bann zieht. Doch das aktuelle Spiel des spanischen Publishers macht so einiges etwas anders, als andere Spiele. Schauen wir uns das Spiel daher mal genauer an…

Die erste Überraschung ist schon das Genre, denn neben unzähligen Jump n Runs, Twin-Stick-Shootern und Knobelspielen, ist „Guard Duty“ ein klassisches Point and Click Adventure mit Anleihen von der King’s Quest-, Legend of Kyrandia-, oder Simon the Sorcerer-Reihe. Zumindest, wenn man die Haupthandlung betrachtet, denn klassische Fantasy-Elemente werden zusätzlich durch einen interessanten Sci-Fi-Twist erweitert, was die Handlung von der Konkurrenz abhebt. Damit ändert sich das Spielgefühl und es kommen eher Vibes einer düsteren Zukunft à la „Beneath a Steel Sky“ auf, um beim Vergleich zu klassischen Adventures zu bleiben. Auch wenn das Genre mit den ausgehenden 90ern fast flächendeckend von der Bildfläche verschwunden war und erst in den letzten Jahren ein kleines Revival erfahren hat, finde ich es immer wieder schön, wenn man ein neues Adventure startet.

Bereits in der Eröffnungssequenz sind wir Zeuge, wie ein Konflikt in der Zukunft dafür verantwortlich ist, wie die Erde zerstört wird. Doch dann wechselt sie Handlung überraschenderweise in eine phantastische Version des Mittelalters, in das kleine Königreich Wrinklewood. Eine vermummte Figur schleicht sich unter den betrunkenen Augen von Tondbert Ruffskin in die Stadt mit dem Ziel Prinzessin Theremin zu entführen, was auch wenig später stattfindet und den König in eine tiefe Depression stürzt. Und nach der Ausnüchterung ist es ausgerechnet an Tondbert sich auf eine gefährliche Reise zu machen, um die Prinzessin zu befreien. Der Underdog stolpert darauf, ähnlich wie Guybrush Threepwood aus „The Secret of Monkey Island„, von einem Abenteuer ins nächste, bekämpft riesige Spinnen, Riesenwürmer, die direkt aus Dune kommen könnten und kommt einer finsteren Verschwörung auf die Spur, die nicht nur die Grenzen seiner Vorstellungskraft, sondern auch von Zeit und Raum sprengt…

So ist es ziemlich überraschend, wenn wir uns nach knapp zwei Dritteln der Handlung plötzlich in der Zukunft in den Schuhen eines anderen Charakters wiederfinden, die entsprechend der Aktionen von Tondbert maßgeblich beeinflusst wurde. Der neue Charakter heißt Starborn und ist ein Agent des Widerstands gegen den skrupellosen Shoggoroth, dessen Ziel es ist die gesamte Menschheit zu vernichten. Wir sind live dabei, wie Starborn sich in dessen Hauptquartier einschleicht, gegen humanoide Roboter kämpft und sich von den Arrestzellen im Keller des Gebäudes durch die Labore bis hin zu einer geheimen Etage, wo sich Shoggoroth aufhält vorkämpft, bevor sich der Konflikt seinem Höhepunkt nähert…

Entgegen meiner vorherigen Erwartungen ist das Spiel dabei überaus hochwertig produziert, verfügt über eine detailverliebte Comicgrafik mit vielschichtigen unterschiedlichen Settings, aufwendigen Animationen und sogar einer hochwertigen Vertonung. Gerade letzterer Punkt hat mich wirklich überrascht, da viele kleinere Spiele diesen Mehraufwand scheuen. Lediglich in kleinen Details zeigen sich die Unterschiede zu größeren Vertretern des Genres: So sind die Dialogbäume gerade mit Nebencharakteren in vielen Fällen entweder gar nicht vorhanden, oder beschränken sich auf einige Standardsätze, die sich immer wiederholen, was Gespräche, wie auch Charaktere nichtssagend und austauschbar macht. Ähnlich fallen leider einige Rätsel aus, die gerade für Adventure-Veteranen etwas zu leicht ausfallen. Oft beschränken sich unsere Optionen auf den Einsatz von einem oder zwei Gegenstände oder einem Gespräch mit einem neu eingeführten Charakter, wo ich mir mehr Optionen, mehrstufige Rätsel, oder auch den ein oder anderen Red Herring gewünscht hätte, um für mehr Herausforderung zu sorgen. Dieser Punkt unterscheidet die kleine Indies von den Genre-Größen.

Aber schauen wir uns doch mal an, wie es sich mit Trophäen verhält, die wahrscheinlich die das Haupt-Kaufargument der Zielgruppe des Spiels darstellt. Insgesamt gibt es im Spiel 21 Trophäen (6 x Bronze, 5 x Silber, 9 x Gold, 1 x Platin) zu verdienen, was auf der Xbox One 1000 GS entspricht. Auf den Sony-Plattformen kommt das Spiel dabei in gewohnter Weise dank Cross Buy im Doppelpack, wo man beim Kauf der PS4– die PS Vita-Version, bzw. umgekehrt natürlich auch, dazu bekommt. Jede Version kommt mit einer inhaltlich identischen, aber separaten Trophäenliste.

Insgesamt hatte ich mit dem Spiel während der knapp 3-4 Stunden, die es dauerte, bis ich das Spiel beendet hatte, wirklich gut unterhalten. Die Entwickler von Sick Chicken Studios haben mit „Guard Duty“ einen ziemlich gelungenen Liebesbrief an das klassische Point and Click-Genre abgeliefert, das sich durchaus mit der Konkurrenz messen kann. Lediglich in Sachen Umfang und Komplexität hätte für meinen Geschmack etwas mehr Fleisch am Knochen sein können. Andere stellen machen die meisten Kritikpunkte zwar fast schon wieder vergessen die sie mir wirklich tollen Ideen aufwarten. Wenn wir zum Beispiel die Stadt verlassen wollen und uns gesagt wird, dass wir dazu erst einmal DLC kaufen müssen, was sich im weiteren Spielverlauf aber als ein „Death Liability Contract“ herausstellt. Solch frische Ideen und die interessante Geschichte, die mit ihren zwei Zeitebenen und mitreißenden Wendungen zu begeistern weiß, machen das Spiel zu einem kleinen aber feinen Highlight, nicht nur für Trophäenjäger!
Entwickler: Sick Chicken Studios
Publisher: Ratalaika Games
Erhältlich auf: PS4, PS Vita, Xbox One, Nintendo Switch
NB@28.04.2020
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