Um heute im Metroidvania-Genre noch begeistern zu können, braucht ein Spiel eine eigene Identität. Denn zu groß ist die Konkurrenz und man muss sich irgendwie von der Masse abheben. Aus diesem Grund setzt die Shantae-Reihe zum Beispiel auf viel Slapstick und eine leuchtende Comicgrafik, die an Zeichentrickserien erinnert, oder „Bloodstained: Ritual of the Night“ hingegen auf realistische Animationen und ein überaus differenziertes Kampfsystem. Das Metroidvania „Kunai“, das mir freundlicherweise vom Publisher zu Reviewzwecken überlasen wurde, was aber selbstverständlich keinen Einfluss auf mein Fazit hat, auf einen liebevollen Retrostil, arbeitet intensiv mit unterschiedlichen Farbschemata in Monochrom mit ausgewählten Akzenten und geht auch Story-Technisch andere Wege.

Denn wir spielen keinen Mensch, sondern ein anthropomorphes Tablet in einer Welt spielen, in der Maschinen unterschiedlicher Fraktionen gegeneinander kämpfen… – Die Menschheit ist nahezu komplett ausgelöscht, als unsere Technik angefangen die Menschen als potentielle „Gefahr“ auserkoren hat. Doch ein kleiner Widerstand behauptet sich im Verborgenen gegen das totalitäre Regime der bösen KI Lemonkus. Die letzte Hoffnung ruht darin einen übermächtigen Roboter mit der Seele eines Kriegers auszustatten und in den Kampf zu schicken, was aber leider etwas schief geht, da der Vorgang abgebrochen wird, bevor der Roboter fertiggestellt wurde. Übrig bleibt ein kleines Tablet, genannt Tabby, das zwar die Seele eines Ninjas beherbergt, aber abseits davon komplett ohne nennenswerte Fähigkeiten ist. Zwar finden wir relativ schnell ein altes Katana, das wir kurzerhand verwenden, um feindliche Roboter in Altmetall zu verwandeln, doch stoßen an allen Ecken und Enden an natürliche Begrenzungen, die wir einfach nicht stark genug sind, nicht hoch genug springen können, oder uns sonstige Fähigkeiten fehlen.

Wir können uns zwar vom Prinzip her komplett frei durch die große Areal bewegen und werden dabei von teilweise recht kryptischen Missionsbeschreibungen geleitet, die uns NPCs, die wir auf unserem Weg treffen sagen. Gerade zum Beginn des Spiels ist das leider stellenweise frustrierend, wenn wir uns über mehrere Bildschirme durch Gegnerhorden kämpfen, um dann vor einem Hindernis zu stehen, wo es nicht weitergeht, um dann den Rückweg anzutreten und irgendwann später zurückzukehren, wenn uns die benötigte Fähigkeit vorliegt, die wir durch den Spielfortschritt nach und nach freischalten. Kehren wir dann später in diese Bereiche zurück, eröffnen sich immer mehr neue Wege und die verzahnte Spielwelt öffnet sich immer weiter. An dieser Stelle muss man allerdings anmerken, dass logischerweise einiges an Backtracking im Spiel zu finden ist und auch nicht immer ganz klar ist, wo man hin muss, um im Spiel weiter zu kommen und in der Karte zwar eingezeichnet ist, wo es prinzipiell weitergehen könnte, aber nicht so man welche Fähigkeit braucht. Jedoch werden die meisten Wege durchaus belohnt, denn es gibt viel Verstecktes zu entdecken.

Die Upgrades der Fähigkeiten reichen dabei von Standards, wie dem Doppelsprung, Feuerwaffen bis hin zu den Titel-gebenden Kunais, die das Spiel schon fast inflationär einsetzt. Doch zugebenermaßen sind diese auch ziemlich cool umgesetzt. Ein Kunai ist ein japanisches Wurfmesser, das im feudalen Japan auch als „Allzweckwerkzeug“ bezeichnet wurde. Und so findet es auch im Spiel eher einen praktische Anwendung, indem man es als Enterhaken verwendet, um akrobatisch Abgründe zu überwinden, was nach etwas Eingewöhnungszeit auch gut von der Hand geht.

Weiter gelangt man im Spielverlauf noch an Wurfsterne, die zum Aktivieren von außer Reichweite befindlichen Schaltern verwendet werden und einem Raketenwerfer, den man verwendet, um schwere Steine aus dem Weg zu räumen. Das war es aber leider auch schon, zwar lassen sich die Waffen noch jeweils zwei Stufen aufleveln, aber wirklich nennenswerte Veränderungen bringt das nicht mit sich. Ebenso verlangen die Bosse im Grunde keinen wirklichen Einsatz von unterschiedlichen Fähigkeiten, wie man es aus anderen Spielen des Genres gewohnt ist, was leider etwas verschenktes Potential ist.

Allerdings muss man in diesem Zusammenhang auch den allgemeinen Schwierigkeitsgrad und die Spielzeit berücksichtigen, von denen beides als moderat, bzw. eher kurz angesehen werden kann. Zwar kann man sich auch immer wieder abseits der Story auf die Suche nach Geheimnissen in der Spielwelt machen, doch wirklich viel zu entdecken gibt es leider nicht und da es im Spiel keine optionalen Waffen, Ausrüstungsgegenstände und Bosse gibt, beschränken sich versteckte Schätze leider nur auf variierende Beträge der in-Game-Währung, von der man in kürzester Zeit eh zu viel hat, um sie überhaupt ausgeben zu können, oder Hüte, die teilweise zwar lustig aussehen, aber keinerlei Effekt auf Tabby haben.

Wo das Spiel allerdings absolut punktet ist der eigenwillige Artstyle, der an Gameboy meets „Sin City“ erinnert, da die Grafik an sich in Monochrom gehalten ist und nur Blut und Explosionen farbig hervorgehoben werden. Das Spiel läuft sehr flüssig und die Steuerung reagiert sehr direkt, was bei den vielen kniffligen Sprungpassagen und den gut-designten Bosskämpfen mehr als zum Tragen kommt. Auch am PC verfügt das Spiel über komplette Controller-Unterstützung und lässt im Grunde wenige Wünsche offen, wenn da nicht die bereits erwähnten (kleinen) Kritikpunkte wären.

Insgesamt hat das Spiel durchaus Spaß gemacht, auch wenn es gegen „größere“ Spiele des Genres in Sachen Tiefe und Umfang durchaus Verbesserungspotential aufweist. Dennoch hat mich das Spiel während meiner 6-7 Stunden Spielzeit wirklich gut unterhalten und gerade der knuddelige Tabby ist ein echt interessanter Charakter. Vielleicht legen die Entwickler ja in Zukunft einen zweiten Teil nach, der auf dem Potential aufsetzt und verbesserungswürdige Punkte ausmerzen. Denn dann könnte daraus ein echter Hit werden!
Entwickler: TurtleBlaze
Publisher: The Arcade Crew
Erhältlich auf: PC, Nintendo Switch
NB@21.07.2020
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