Unser heutiger Throwback Thurday bezieht sich nicht auf ein altes Spiel, sondern auf ein neues Spiel für eine alte Konsole. Denn auch wenn das Nintendo Entertainment System (NES) bereits seit über 25 nicht mehr produziert wird erscheinen immer mal wieder Spiele dafür. So auch „Nebs ’n Debs“ von Dullahan Software, das erst in diesem Jahr, dank einer Finanzierung über Kickstarter das Licht der Welt erblickte. Entgegen vieler Retro-Spiele mutet es dabei nicht nur an, wie ein Spiel aus der damaligen Zeit, sondern wurde auf der gleichen Hardware programmiert und ist auf Original-Hardware lauffähig. Grund genug sich das Spiel daher mal genauer anzusehen.

Bevor uns näher mit dem eigentlichen Spiel beschäftigen muss man sich aber mal mit der recht widrigen Entstehungsgeschichte befassen. Nach die Entwickler das Spiel als Demo für den NESDEV-Wettbewerb 2016 eingereicht hatten, man sogar den zweiten Platz des Wettbewerbes abräumte und das Spiel auch darüber hinaus überaus positiv aufgenommen wurde, hat man sich entschlossen die Demo zu einem kompletten Spiel umzubauen. Dabei war den Entwicklern überaus wichtig, dass es sich an den Klassikern der Konsole mit Standard-Board orientiert. So verwendet das Spiel als Mapper NROM-256, der auch beim ersten „Super Mario Bros.“ verwendet wurde und lediglich 8K für die Grafiken und 32K für den kompletten Rest des Spieles bietet. Es ist heutzutage keine einfache Prüfung ein komplettes Spiel auf diesem winzigen Platz unterzubringen, doch Dullahan Software hat es geschafft darin ein komplettes Spiel mit überaus ansprechenden Retro-Grafiken, insgesamt 12 Levels und unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden unterzubringen. Dazu sind die Entwickler 2018 letztendlich eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter ins Leben gerufen. Ich habe das Spiel seinerzeit mitfinanziert und gehöre somit zu den insgesamt 485 Unterstützern, die es geschafft haben satte 23.283 Euro gegenüber dem angepeilten Ziel von 4.516 Euro für das Spiel zu sammeln. Knapp 1 Jahr später wurde das Spiel veröffentlicht und ist direkt über das Studio sowohl digital als ROM, also ein Sonderfall von legalen ROMs, wie man in meinem Bericht „ROMs sind böse!“ nachlesen kann, oder sogar auf einem Cartridge erhältlich. Und da die Lage mit den Bezugsquellen so komfortabel ist, was man ja für gewöhnlich von anderen Retro-Spielen nicht behaupten kann, verlinke ich den Shop am Ende.
Wie so oft in der 8Bit-Zeit findet man die Geschichte anstatt in einem Intro eher im Booklet und sogar das hat Dallahan Software zusammengestellt und es erinnert auch sehr an die echten Handbücher aus der damaligen Zeit. Neben einigen Spielmechaniken, die man auf jeden Fall wissen muss erfährt man auch die Prämisse des Spiels: Die Weltraumtouristin Debs hat ein massives Problem, denn nicht nur ist sie auf dem Planet Vespasian 7MV Bruch gelandet und kleine orangefarbene Roboter haben die Bruchstücke des Schiffs gestohlen, sondern zu allem Überfluss hat sich auch noch ein pinkfarbener Oktopus namens Nebs auf ihrem Kopf festgesaugt, der hungrig nach Kristallen ist. So gibt es gleich zwei Ziele im Spiel, denn neben der Wiederbeschaffung unserer Raumschiffsteile müssen wir den Nebs auch ständig mit Kristallen füttern, damit der Oktopus nicht stattdessen uns die Lebensenergie aussaugt. Im Gegenzug verleiht uns Nebs aber übermenschliche Kräfte, die wir bei unserem Vorhaben mehr als gebrauchen können, während wir den unbekannten Planeten erkunden, unterschiedliche Gegner bekämpfen und nach und nach die Stücke unseres Schiffs zurückerlangen…
Am Anfang mutet das Spiel dabei wie ein simples Jump ’n run oder Sidescroller an, in dem wir von links nach rechts durch ein Level laufen, der Bildschirm, wie bei „Super Mario Bros.“ automatisch mit-scrollt und wir ihn nicht mehr zurück bewegen können, doch unterscheidet sich nicht nur die Kampfmechanik von anderen Genrevertretern, sondern auch die Level-Architektur weicht ab dem zweiten Level vom Standard ab. Denn die Hauptmechanik von Debs in Kombination mit Nebs ist ein mächtiger Dash, der uns nach vorne schießen lässt und sowohl für den Kampf gegen Gegner, wie auch das Plattforming verwendet wird. Zusätzlich können wir mit dieser Mechanik auch bestimmte Mauern durchbrechen und versteckte Items finden. Dabei füllt das Zerstören von Wänden und Gegnern den Dash wieder auf, was im Kombination zu Dash-Ketten führt, was man in späteren Levels anwenden muss, um große Abgründe zu überwinden oder genug Kristalle einzusammeln. Denn hier kommt die zweite Mechanik ins Spiel, die an die Adventure Island-Reihe angelehnt ist: Nebs ist hungrig, hungrig auf Edelstein, die in den Levels verteilt sind. Unser Vorrat wird dabei immer in der rechten unteren Bildschirmecke eingeblendet und nimmt kontinuierlich ab.
Wenn die Edelsteine aufgebraucht sind heißt es Game Over, bzw. wir verlieren ein Leben, da Nebs dann böse wird und uns die Lebensenergie aussaugt. Ähnlich war es auch in der Adventure Island-Reihe der Fall, denn der hyperaktive Mr. Higgins musste ständig gefüttert werden, damit seine Lebensenergie nicht auf null herabsinkt, was uns dazu bringt offensiver zu spielen und auch das ein oder andere Risiko einzugehen, wenn wir spielen. Auch bei den Bosskämpfen wird deutlich, dass uns das Spiel immer in Bewegung halten möchte, denn diese sind, entgegen der Genrekonvention, kein Spiel von Ausweichen und Zuschlagen, sondern ein Wettrennen, bei dem wir gegen einen Roboter antreten, der ein Teil unseres Schiffes bei sich trägt. Dabei bewegen wir uns auf unterschiedlichen Ebenen, als der Roboter und müssen es schaffen, entgegen allen Widrigkeiten, die in diese Abschnitte reingepackt sind, vor dem Roboter am Levelende anzukommen, um ihm das Teil des Schiffes abzujagen…
Die Steuerung geht an sich gut von der Hand, ist direkt und recht leicht zu erlernen, doch um ein paar der schwierigen Moves durchzuführen erfordert es etwas Übung. Denn, was am Anfang mit einer Taste für den Sprung und der anderen für den Dash recht simpel aussieht, ist etwas vielschichtiger und das Spiel erklärt uns das leider nicht, bis man an einer Stelle im zweiten Level steht und auf den ersten Blick nicht weiter kommt. Die Lösung wird im Handbuch nur kurz erwähnt und lautet „Dash Velocity“, wofür man aus dem Stand mit „B“ einen „Dash“ durchführt und an dessen Ende zum richtigen Zeitpunkt „A“ drückt, um den Dash für einen Boost nach oben zu benutzen. Wenn man das verinnerlicht hat ist der Rest ziemlich einfach, denn es kommen keine weiteren Mechaniken dazu, aber ohne wird man weder das Ende von Level 2, noch irgendwelche anderen Levels sehen. Und das kann ohnehin eine ziemliche Herausforderung werden, denn nicht nur der „Look and Feel“ ist Old School, sondern auch der Schwierigkeitsgrad. Erreicht der Kristall-Timer null, werden wir von einem Gegner getroffen oder fallen wir irgendwo in Schlucht, verlieren wir umgehend ein Leben. Es gibt keine Energieleiste oder ähnliches, sondern nur alles oder nichts: Zwei Leben, keine Continues und sonst heißt es Game Over und nochmal von vorne beginnen. Doch an sich sind die einzelnen Levels nicht besonders lang und mit etwas Training kommt man richtig in den Flow, so dass man fast wie Sonic durch die Levels hüpfen kann.
Auch wenn die Grafik auf Grund der Hardwarelimitierungen natürlich reduziert ist, so ist es dennoch ein wirklich schickes Spiel, das ohne weiteres ein legitimes Spiel aus der damaligen Zeit sein könnte, was in meinen Augen für ein Retrospiel die höchste Ehre ist. Eine Prise „Super Mario Bros.“, eine Prise „Duck Tales“, eine Prise „Adventure Island“ und dennoch gibt es auch eine eigene Identität mit kreativen Figuren und Animationen. Es ist wirklich beachtlich, was Programmierer Chris Cacciatore und Pixel Art Künstler Anders Gullmarsvik da abgeliefert haben. Untermalt wird das alles von einem spaßigen, mal verträumten, aber immer unterhaltsamen Soundtrack von Richard Armijo, den man auch einzeln erwerben kann. Er rundet das insgesamt wirklich positive Erlebnis ab und macht es zu einem der besten Neo-Retro-Spiele der letzten Jahre. Über die Homepage von Dullahan Software ist das Spiel auch nach dem Ende der Kickstarter-Kampagne sowohl in digitaler Form für 10 USD und als Cartridge-Version für 48 USD erhältlich. Wer das Spiel erst einmal ausprobieren möchte findet unter diesem Link einen Download für die kostenlose Demo des ersten Levels des Spiels. Jeder, der mit dem NES aufgewachsen ist und Action-Plattformern etwas abgewinnen kann, sollte wirklich mal einen Blick riskieren. Es lohnt sich!
NB@21.11.2019
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