Abseits von AAA und Indie-Perlen, gibt es auch immer solche Spiele, die zu keiner der beiden Klassifizierungen wirklich passen. Das soll in keiner Weise sagen, dass diese Spiele schlecht sind, oder gar keine Daseinsberechtigung hätten, doch gerade das Spiel, bzw. die Reihe fällt für mich immer eher in das Territorium „Guilty Pleasure“. Dazu zählt neben all ihren Unzulänglichkeiten auf jeden Fall die Saints Row-Reihe, doch das trifft meiner Meinung nach auch auf Microsoft‘s hauseigenes Pendent Crackdown zu. Beide Reihen waren noch nie wirklich auf der Höhe der Zeit und lehnten sich spielerisch nur zu gerne an etablierte AAAs an, bis sie es irgendwann schafften für sich alleine zu stehen. In diesem Bezug hatte es wahrscheinlich Saints Row etwas leichter, denn seit dem dritten Teil, mit dem die Reihe meiner Meinung nach erst richtig losging, da sie damit endlich lernte ihren inneren Freak zu umarmen, treibt sie Plattformübergreifend ihren Unfug. Und obwohl eine offizielle Ankündigung noch aussteht gibt es deutliche Hinweise über den Geschäftsbericht von Rechteinhaber THQNordic, dass wir in den kommenden Jahren mit einem fünften Teil der Reihe bedacht werden.

Aber kommen wir zurück zum geistigen Bruder von Microsoft, der vor kurzem mit seinem dritten Teil an den Start gegangen ist und dieses Mal sogar Starpower in Form von ex-Footballspieler und Schauspieler Terry Crews im Gepäck hat, den man im Spiel verkörpern kann und auf dessen Schultern auch die Marketingkampagne für das Spiel aufgebaut war, was dem Spiel vor Release bereits den Spitznahmen „Terry Crews-Simulator“ einbrachte. Das Spiel wurde bereits 2014 angekündigt und hat bis zu seinem finalen Release Ende 2019 mehrere Entwicklerwechsel erfahren, bis das britische Studio Sumo Digital die losen Enden zusammenknüpfe. Und das sieht man leider auch an diversen Stellen, denn ist die Opening-Cutscene, die auch auf diversen Messen zur Ankündigung verwendet wurde, noch recht ansehnlich geraten, sieht das eigentliche Spiel schon etwas betagt aus. Ich bin da insgesamt recht schmerzfrei, immerhin Spiele ich auch noch gerne Spiele aus längst vergangen Tagen, wo die Pixeldichte sich noch an zwei Händen abzählen ließ, doch durchaus könnten einige Spieler enttäuscht sein, wenn sie ein Ende 2019 erschienenes Spiel über ihre Xbox One X starten und das Spiel im Grunde eher nach Xbox360 aussieht.

Bevor wir darauf eingehen, um was es beim Spiel eigentlich geht noch ein kleiner Hinweis zur Historie der Reihe: Die vorangegangenen Teile sind in Deutschland nie offiziell erschienen und der erste Teil wurde auch erst kürzlich vom Index gestrichten, was hierzulande nicht gerade zur Bekanntheit der Reihe beigetragen hat. Dennoch ist gerade der erste Teil, der übrigens auch auf der Xbox One via Abwärtskompatibilität spielbar ist, immer noch einen Blick wert und kann zur Zeit sogar komplett kostenlos über den Xbox Store bezogen werden. Wer ihn also noch nicht hat sollte sich das Freebie nicht entgehen lassen, das ich euch hier verlinkt habe.

Im Zentrum der Geschichte steht eine Truppe von Superhelden-Cops im Auftrag der „Agency“ unter Leitung des charismatischen Commander Jaxon, der von Crews verkörpert und gesprochen wird. Zwar können wir wahlweise zum Spielen auch andere Charaktere auswählen, doch wenn man die Wahl hat Terry Crews zu spielen, sollte man das meiner Meinung nach auch tun. Die Gruppe wird losgeschickt üble Machenschaften in der fiktiven Stadt New Providence zu untersuchen und gerät direkt bei ihrem Eintreffen und massiven Beschuss, was zum Ableben von Jaxon führt. Doch die Gentechnik ist bereits so weit fortgeschritten, dass er wieder zum Leben erweckt werden kann. Leider trifft das aber nicht auf seine Fähigkeiten zu, denn ähnlich wie bei „Castlevania – Symphony of the Night“, wo wir am Anfang auch mit einem übermächtigen Alucard konfrontiert werden, hat Jaxon nicht nur einen Großteil seiner Muskelmasse eingebüßt, sondern auch seine Fähigkeiten und Waffen müssen wir erst wieder freischalten. Sonst wäre das Spiel wahrscheinlich auch zu einfach geworden.

In der Stadt hat sich ein totalitäres System, geleitet vom Unternehmen Terranova etabliert, das mit eiserner Faust regiert. Dabei ist die Stadt in unterschiedliche Bezirke aufgeteilt und bieten unterschiedliche Sektoren der Stadt, die wir angreifen können. Jeder Sektor, (z.B, Sicherheit, Propaganda, Transport, etc.) kommt mit seinen eigenen Missionen, die wir in beliebiger Reihe angehen können und wartet am Ende mit einem Boss auf, wenn wir den Sektor weit genug geschwächt haben. Viel mehr Handlung findet man zugegebenermaßen nicht im Spiel, da hier eindeutig der Fokus eher auf explosive und schnelle Feuergefechte, anstatt inhaltlichen Tiefgang gelegt wurde, was aber interessanterweise auch gar nicht negativ aufstößt. Denn abseits davon macht die Kampagne einfach zu viel Spaß, auch wenn die Missionen sich repetitiv sind und die Spielwelt an sich auch im Vergleich zu anderen Open Word-Spielen schon fast winzig wirkt. Aber das Spielgefühl reißt das Ruder immer wieder herum, denn die immense Geschwindigkeit, die stellenweise an klassische Shooter-Reihen, wie Doom oder auch Quake erinnern, machen einfach Spaß. Wir kommen irgendwo hin, werden mit Horden von Gegnern konfrontiert und Kämpfen als ob es kein Morgen gäbe.

Ein besonderer Twist ist dabei, ähnlich wie bei „Saints Row IV“ die Implementierung von Superkräften, die hier allerdings durch einen besonderen Kampfanzug legitimiert werden. So stehen uns am Anfang zwar nur wenige Fähigkeiten zur Verfügung, doch mit fortschreitendem Spiel, durch das Ausschalten von Gegnern und das Einsammeln von in der Spielwelt versteckten Upgrade-Orbs schalten wir immer mehr Spielereihen unseres Equipments frei und werden in Windeseile zum akrobatischen Supercop. So beherrscht Jaxon irgendwann den Schubdüsen-gestützten Mehrfachsprung, Dash und kann sich in bester Superhelden-Manier durch die Spielwelt bewegen, was die Fahrzeuge in der Spielwelt schon nach dem ersten Drittel des Spiels im Grunde überflüssig macht. Im Vergleich ist die Fahrphysik und Geschwindigkeit dann einfach zu langsam, zumal es mir öfters passiert ist, dass ich zu schnell um eine Ecke gefahren bin und mein Auto danach, ohne Möglichkeit weiterzufahren, auf dem Dach gelandet ist.

Technisch macht das Spiel an sich eine solide Figur, auch wenn es nie über das solide Mittelmaß herauskommt. An vielen Ecken zeigt sich einfach, dass es sich um ein Spiel von 2014 handelt. So ist die Spielwelt recht klein und obwohl es architektonisch ansprechende Elemente gibt, ist sie einfach zu leer. Teilweise gibt es ganze Straßenzüge, die aus den immer gleiche Copy&Paste-Elementen bestehen und vollkommen ohne NPCs auskommen. An anderen Stellen laufen wir dann einem ganzen Haufen identischer NPCs über den Weg. Gleiches gilt auch für die Gegner, denn wenn man von einigen wirklich interessanten Bossen absieht kämpft man immer gegen Klone der gleichen Gegner, die an einem Missionsmarker aus unterschiedlichen Monster Closets nachströmen, bis wir das Ziel der Mission erreicht haben, die sich meist sehr ähnlich ablaufen. Nur ein paar Missionen heben sich von den anderen ab, wenn wir nicht gegen Horden von Gegnern kämpfen, sondern in bester Plattformer-Manier Türme erklimmen oder Industrie-Bohrer überlasen müssen. Hier wäre durchaus noch etwas mehr Luft nach oben gewesen, wenn man sich etwas mehr getraut hätte. Abwechslung bieten dabei eher die Nebenmissionen, wie Checkpoint-Rennen über Dächer, Stunts mit Fahrzeugen, oder auch besonders fordernde Gegnerbasen, die für den größten Teil aber komplett optional sind. Zusätzlich gibt es eine Vielzahl von versteckten Sammelobjekten, wie unterschiedlichen Powerups und eine fast abstrus-hohe Anzahl von Waffen, was mich persönlich immer wieder bei Laune hält.

Einige, die vielleicht noch die ersten Ankündigungen zum Spiel im Gedächtnis haben, werden sich vielleicht fragen, warum ich noch gar nicht größer auf die Zerstörungsmöglichkeiten durch Microsoft’s Cloud-Technologie und die Symbiose von Single- und Multiplayer eingegangen bin, die beim Spiel immer prominent in den Vordergrund gehoben wurde. Und dafür gibt es auch einen guten Grund, denn viele Elemente sind bei den Entwicklerwechseln und der langen Entwicklungszeit der Schere zum Opfer gefallen. Zwar können wir die komplette Kampagne wahlweise auch mit einem Freund im Co-Op spielen, doch der echte Multiplayer wurde ausgelagert und steht interessanterweise als separate App zur Verfügung. Wenn wir das Spiel installieren bekommen wir daher zwei Einträge in unserer Spieleliste: Die Kampagne und den Multiplayer, genannt „Wrecking Zone“. In der Kampagne finden wir nur noch wenige, bis fast keine Möglichkeiten der Zerstörung, die an die Möglichkeiten der Red Faction-Reihe erinnert hatte und man verlagerte das Feature in den Multiplayer. Dieser Part wurde nicht von Sumo Digital, sondern Elbow Röcket entwickelt und lässt leider mehr als nur ein paar Dinge zu wünschen übrig. Zwar gibt es dort die angepriesene Zerstörung der Spielwelt, doch das finale Produkt unterscheidet sich meilenweit von den angepriesenen Möglichkeiten. Was übrig bleibt sind leider recht unspektakuläre 5v5 Kämpfe auf kleinen Maps. Insgesamt wirkt der Multiplayer an sich eher wie eine Beta, denn es gibt lediglich 2 Modi („Domination“ und „Dog-Tag“), kein Lobbysystem, keine Squads und auch keine großen Optionen irgendwas einzustellen, oder sich mit Freunden zu verabreden. Zusätzlich verdient man auch keine Punkte, es gibt kein Charakterlevel und keine Möglichkeiten zur Optimierung. So stehen allen Spielern die gleichen Ausrüstungen und Waffen zur Verfügung und irgendeine Form von „Fortschritt“ sucht man leider vergebens. Ich bin zwar ohnehin nicht so der Fan von klassischem Multiplayer, doch selbst mir fällt dabei auf, dass dieser Teil mehr als nur unfertig ist. Zwar wurde bereits angekündigt, dass man diesen Teil per Updates erweitern möchte, aber das sollte und dürfte eigentlich nicht der Fall sein, einen durchaus großen Teil des Spieles in einer derart unfertigen Form herauszubringen.

Über den Multiplayer legt man daher besser den Mantel des Schweigens, was für mich persönlich aber ohnehin nicht der Anspruch war. Für mich liegt der Fokus generell auf der Kampagne und wenn mir diese gefallen hat und es einen Multiplayer gibt schaue ich dann nachgelagert nochmal dort rein. Und so muss man dessen geringen Umfang und die Form zur Veröffentlichung zwar auf jeden Fall anmerken, doch für mich fällt es nicht so stark ins Gewicht, wenn es um ein finales Fazit zu „Crackdown 3“ geht. So hat mich das Spiel während der knapp 12-stündigen Story, trotz einiger Abzüge in der B-Note, wirklich gut unterhalten. Für Microsoft ist und wird es zwar bestimmt nicht der erwartete Systemseller für die Xbox One, denn dafür ist das Spiel einfach zu altbacken, in Bezug auf den Multiplayer unfertig und insgesamt einfach zu „nischig“, doch wer auf abgedrehte Over-the-Top-Action à la „Saints Row“ oder „Agents of Mayhem“ steht sollte das Spiel nicht leichtfertig übergehen, zumal es stellenweise schon für unter 10€ als Retailfassung zu haben und auch im Game Pass enthalten ist.
Entwickler: Sumo Digital (Singpleplayer) / Elbow Röcket (Multiplayer)
Publisher: Microsoft Studios
Erhältlich auf: Xbox One
NB@13.04.2020
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