Horrorspiele aus der Ego-Perspektive haben seit ein paar Jahren Hochkonjunktur, wobei viele Spiele dabei auf billige Jumpscares und Panik, anstatt interessantes Gameplay setzen. „Those Who Remain“, das neue Spiel vom kleinen Entwicklerstudio Camel 101 und herausgebracht von Wired Productions setzt hingegen auf eine dichte Geschichte und psychologischen Horror à la Silent Hill oder Alan Wake. Um herauszufinden, ob das Konzept dabei aufgeht und wie der Grusel aus der Ego-Perspektive funktioniert, habe ich mir das Spiel, das mir freundlicherweise bereits vor dem Release am 28.05.2020 in der PS4-Version zur Verfügung gestellt wurde, für euch angesehen.

Die Geschichte beginnt dabei höchst mysteriös, als es unseren Hauptcharakter namens Edward in die verschlafene Kleinstadt Dormont verschlägt. Edward hatte im Grunde alles: Eine wunderschöne und ihn liebende Ehefrau, ein süße Tochter und im Grunde alles, das sein Leben komplett machen sollte. Dennoch findet er sich etliche Whiskeys zu später Stunde vor dem Golden Oak Motel wieder, um sich mit seiner Affäre zu treffen. Zwar ist er fest entschlossen sich seinen Fehlern ein für alle Mal zu stellen und die Affäre zu beenden, doch das Schicksal hat anscheinend andere Pläne. Als er am Hotel ankommt ist dieses Menschenleer und alles, was er findet sind Berichte und Zeitungsausschnitte über merkwürdige Vorkommnisse in der Gegend. Als plötzlich das eigentlich stillgelegte Telefon klingelt, ihm eine verzerrte Kinderstimme sagt, dass er um alles im Licht bleiben muss und dann auch noch sein Auto gestohlen wird, beginnt seine Reise in eine verzerrte Welt, in der die Dunkelheit den sicheren Tod bedeutet und er feststellen muss, dass er sich nicht nur seinen eigenen Dämonen stellen muss, um zu überleben…

Von dort an schlagen wir uns durch eine feindliche Umgebung. In jeder dunklen Ecke blicken uns blau-leuchtende Augen an, die uns regungslos fokussieren. Wenn wir uns zu lang in der Dunkelheit aufhalten, oder den Schattengestalten zu nahe kommen, sterben wir und müssen daher versuchen sicherzustellen, dass das wir auf unserem Weg nicht das Licht verlassen. Um das sicherzustellen müssen wir einige Rätsel überwinden, die sicherstellen, dass das geschieht. Die Grenzen zwischen Realität und Alptraum verwischen sich untereinander, was stark an die zwei unterschiedlichen Realitätsebenen von Silent Hill erinnert und Aktionen in der einen Realitätsebene können Auswirkungen auf die andere haben. Als Unterschied zu Silent Hill oder Alan Wake, die eindeutig eine starke Inspiration darstellen, verzichtet das Spiel aber auf Kämpfe, sondern wir müssen unseren Kopf, statt unsere Fäuste sprechen lassen. Im Spielverlauf gibt es dabei auch einige interessante und überraschende Wendungen, die ich selbstverständlich nicht spoilern werde. Nur so viel: Nichts ist so, wie es anfangs scheint und man kann nicht unbedingt allem glauben, was man sieht…

Der Hauptfokus im Spiel, neben der gruseligen Atmosphäre sind einige interessante Rätsel und versteckte Zusatzinfos in Form von Nebengeschichten und Dokumenten, die das Spielgeschehen erweitern. Die Rätsel sind dabei gut in das Spielgeschehen implementiert und locken das allgemein reduzierte Gameplay etwas auf. Stellenweise könnten zwar die Hinweise etwas deutlicher ausfallen, wenn man einfach nicht genau darauf kommt, was man tun soll, doch im Nachhinein macht es dann immer Sinn und ist logisch. Zusätzlich kommt man im Spielverlauf auch an Stellen, wo wir vor Entscheidungen gestellt werden, die unseren weiteren Spielverlauf beeinflussen, wenn wir auf Überlebende stoßen, denen wir entweder helfen, oder die wir ihrem Schicksal überlassen können. Gleiches gilt für unterschiedliche Pfade innerhalb des Spiels, die uns teilweise in andere Areale führen und letztendlich auch in variierenden Enden münden, was für Wiederspielwert sorgt, auch wenn man bereits eines der Enden gesehen hat.

Technisch macht das Spiel eine wirklich solide Figur und nutzt je nach Plattform höhere Bildauflösungen und HDR, was gerade bei dem Spiel aus Licht- und Schatteneffekten zu einigen tollen Effekten mündet. Auf PS4 Pro und Xbox One X wird das Bild in 4K mit konstanten 30fps ausgegeben, die während meinem Durchspielen auch gehalten wurde. Auch Details sind schön animiert und lediglich ein paar Anschlussfehler sind mir aufgefallen, die aufgetreten sind, wenn man in, oder aus einer Zwischensequenz kam, die aus einem fixen Winkel wiedergegeben wurde, obwohl wir vor und nach der Sequenz an einer anderen Stelle im Raum standen, was etwas merkwürdig anmutet. Gleiches trifft auf, wenn wir bei von einem der Bosse oder größeren Gegner, auf die man im Spielverlauf trifft geschnappt wird und die darauf folgende Tötungssequenz nicht live am Ort des Ablebens, sondern als fixe Zwischensequenz pro Areal abgespielt wird, was sich dann in einem abweichenden Hintergrund niederschlägt. Doch abseits davon ist mir nichts gravierendes aufgefallen. Die Vertonung ist zwar nur in englischer Sprache verfügbar, aber ist professionell gemacht und untermalt die kontinuierlich ansteigende Panik in Edward. Die Texte stehen aber in verschiedenen Sprachen, unter denen auch Deutsch ist, vorhanden und in Gänze ist wirklich beeindruckend, was Camel 101, die aus lediglich 3 Personen bestehen, da auf die Beine gestellt haben.

Insgesamt ist „Those Who Remain“ ein wirklich interessantes Horror-Erlebnis, das eher auf Geschichte und Atmosphäre setzt, anstatt auf billige Jumpscares, wie es ähnliche Spiele tun. Das soll natürlich nicht heißen, dass es keine Jumpscares gibt, aber ihr Einsatz ist meiner Meinung nach pointierter, als bei anderen Spielen. Die Spielzeit könnte mit knapp 6-7 Stunden zwar etwas länger sein, kommt aber dafür auch ohne wirkliche Längen aus. Die Geschichte ist bis zum Ende spannend und auch wenn die Rätsel an einigen Stellen nicht so gut erklärt waren, sodass man bei der Lösung etwas herumprobieren musste, obwohl man zumindest in der Theorie wusste in welche Richtung die Lösung gehen sollte, hat das Spiel mich wirklich gut unterhalten. Wer Lust auf eine interessante und intensive Erfahrung mit psychologischem Horror hat ist hier genau richtig.
Entwickler: Camel 101
Publisher: Wired Productions
Erhältlich auf: PC, PS4, Xbox One
NB@29.05.2020
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