Auch wenn es mittlerweile nicht mehr so prominent vertreten ist, wie in den 90ern, ist das Adventure-Genre alles andere als tot. Und auch wenn die Pioniere des Genres, Sierra und Lucas Arts schon lange nichts mehr damit zu tun haben, bzw. überhaupt nicht mehr existieren, so gibt es dennoch ein paar kleinere Studios, die sich dem entschleunigten Spielprinzip, dem Fokus auf Narrative und Knobelaufgaben verschrieben haben. So habe ich erst vor kurzem in einem Preview über „Willy Morgan and the Curse of Bone Town“ berichtet vom kleinen Entwicklerstudio Imaginarylab, das von VLG Publishing herausgebracht wird und bereits im Vorfeld als einer der neuen Sterne am Adventure-Himmel gehyped wurde. Und war das Release zuvor noch recht weiträumig als „2020“ gelistet, ist nun seit gestern endlich die finale Version des Spiels erhältlich, die ich mir freundlicherweise vorab intensiv ansehen durfte. Zur Einstimmung habe ich euch hier den finalen Trailer zum Spiel verlinkt:
War das Spiel in der Preview-Version noch nicht ganz fertig, verfügte auch noch über ein paar kleinere Bugs und fehlende Sprachausgabe in den Bereichen, die über den ersten Akt hinausgingen, der übrigens auch als frei erhältliche Demo zur Verfügung steht und ein wirklich schöne Einführung in das Spiel und seine Techniken gibt, auch wenn die Geschichte erst danach richtig Fahrt aufnimmt, wenn sie uns tief in das titelgebende Bone Town führt, wo wir uns auf die Suche nach unserem verschwundenen Vater machen und seiner letzten Expedition machen. Denn der Vater des Protagonisten, der namhafte Archäologe Henry Morgan ist vor genau 10 Jahren spurlos verschwunden, als er, nach eigenen Aussagen nach, größten Fund gearbeitet hat. Leider versäumte er dabei weiter ins Detail zu gehen, weswegen der mittlerweile erwachsene Sohn Willy auch nie einen Ansatzpunkt hatte, nach dem Vater suchen zu können. Doch all das ändert sich als plötzlich ein 10-Jahre-alter Brief des Vaters an Willi zugestellt wird, der ihn ermutigt seine Spur in einem heruntergekommenen Inn in Bone Town, einem zwielichtigen kleinen Städtchen, zu verfolgen.

Die erste Hürde ist dann im ersten Kapitel einen Weg zu finden, wie wir nach Bone Town kommen. Dazu bietet sich generell Willy’s altes Fahrrad an, würden nicht nur etliche Teile fehlen. Wir machen uns also mit einer Liste an fehlenden Teilen auf die Suche durch Willy’s Haus, wo alle Teile teilweise, teilweise weniger gut versteckt sind. Wir steuern Willy in bewährter Point and Click-Manier durch unterschiedliche Räume, die mit sehr viel Liebe zum Detail erstellt wurden. Das Spiel verwendet dabei einen interessanten 3D-Cartoon-Look in HD und verfügt einen wirklich stimmungsvollen Soundtrack und professionelle Vertonung in englischer Sprache und deutschen Untertiteln, von denen beides nun im gesamten Spiel zur Verfügung steht.

Im zweiten Kapitel öffnet sich die Spielwelt weiter und führt uns gleichzeitig in eine verworrene und spannende Geschichte ein, die mich persönlich an eine Mischung aus „The Secret of Monkey Island“ und „Baphomets Fluch“ erinnert hat, da es sich eine ähnlich gelagerte Fish-out-of-Water-Geschichte bietet, die zusätzlich mit vielen Piratenreferenzen aufwartet. Denn nicht nur, dass Bone Town eine alte Piratenstadt ist, sondern wir erkennen auch schnell, dass Willy’s Vater auf der Suche nach Captain Kidd’s Schatz war, bevor er verschwunden ist, die Leute, die für sein Verschwinden verantwortlich sind, alles andere als begeistert sind, dass wieder ein Morgen hinter dem Schatz her ist und Willy obendrein in kürzester Zeit weiter vorangekommen ist, als sie in Zehn Jahren, seitdem sie sich Willy’s Vater „entledigt“ haben. Willy folgt einigen einschlägigen Hinweisen, die sein Vater für ihn versteckt hat und hat im zweiten spielbaren Kapitel die Aufgabe die 9 versteckten Stücke einer alten Schatzkarte aufzuspüren, die die Mitglieder aus Kidd’s Crew versteckt haben, als sie sich in Bone Town niedergelassen haben.

Um das zu erreichen können wir in nicht-linearer Spielweise die komplette Stadt frei erkunden, mit insgesamt 15 NPCs teilweise sehr ausufernde Gespräche voller Witz und Ironie führen, etliche Gegenstände einsammeln, mit einander kombinieren und einige echt anspruchsvolle Rätsel lösen, um an unser Ziel zu kommen. Auch wenn es ein paar Stellen gab, wo ich erst mal nicht genau wusste, wie es weitergeht, so bleibt der Frust dennoch aus, da die Rätsel in sich wirklich logisch aufgebaut sind und man spätestens durch einige Gespräche mit NPCs und das Analysieren der Spielwelt auf die Lösung kommt, zumal man durch eine ausgefeilte Steuerung, die unsere Aktionen auf „Anschauen“ und „Interagieren“ reduziert, unterstützt wird.

Weiter gibt es auch etwas Hilfestellung in Form eines Hotspot-Finders, den man jederzeit über die Leertaste zuschalten kann und den ich mir in der Anfangszeit des Genres mehr als alles andere gewünscht hätte, da man auf Grund der frühen grob-pixeligen Grafiken oft Pixel für Pixel nach „Klickbarem“ absuchen musste. Das ist dank der HD-Grafik zwar nicht mehr notwendig, aber dennoch eine willkommene Hilfe. Weitere Annehmlichkeiten sind eine Schnellreise durch eine Karte der Stadt, eine Instant-Sprung zum nächsten Bildschirm über Doppelklick, um Laufwege zu reduzieren und eine Skip-Funktion für Dialoge, wenn man eine Antwort schon einmal gehört hat.

Nachdem die Preview mit einem ziemlichen Cliffhanger geendet ist erfahren wir in der finalen Version nun endlich, wie es weitergeht. Natürlich möchte ich weder den Cliffhanger und auch nicht die Handlung, die sich im dritten und letzten Akt an das bisher bekannte anschließt, Spoiler, kann aber so viel verraten: Die Geschichte wartet neben ein paar ziemlich deutlichen „Goonies“-Referenzen auch mit einigen wirklich netten Twists auf, die man vorher keinesfalls kommen sieht. Einziges Manko ist leider die Spielzeit, denn hatte ich für die Preview-Version knapp 2-3 Stunden gebraucht, bringt der dritte Akt lediglich noch einmal 1-2 Stunden dazu, bis der Abspann über den Bildschirm flimmert. Zwar haben es diese zusätzlichen Stunden wirklich in sich und warten mit einigen wirklich tollen Ideen auf, doch persönlich hatte ich mir noch etwas Spielzeit erhofft. So hätte man uns vielleicht einfach nochmal mit einigen neuen Zielen in bereits besuchte Areale schicken können, anstatt den letzten Akt komplett in einem kleineren Bereich spielen zu lassen, was uns in den Rätseln etwas limitiert. Und dabei hätte man noch nicht einmal viel verändern müssen, damit das Ende etwas ausufernder und auch die Finale Auseinandersetzung etwas epischer hätte werden können.

Trotz der kleinen Kritik ist „Willy Morgan and the Curse of Bone Town“ ein wirklich tolles und hochwertig produziertes Adventure geworden, das durchaus mit den Genre-Großen mithalten kann und mit vielen tollen Ideen aufwartet. Veteranen des Genres könnte es zwar insgesamt etwas zu leicht und in Folge etwas zu kurz sein, aber mir ist ein komprimierteres Erlebnis mit logischen Rätseln allemal lieber, als ein unnötig in die Länge gezogenes Spiel mit Elementen, die ausschließlich darauf abzielen die Spielzeit zu strecken, oder durch haarsträubende Rätsel künstlich komplizierter zu machen. Wer neugierig geworden ist, dem kann ich die kostenfreie Demo empfehlen, die über Steam erhältlich ist und hier heruntergeladen werden kann. Und sobald es Neuigkeiten und Release-Termine zu den Konsolenversionen gibt erfahrt ihr es selbstverständlich auf NerdicReviews.
Entwickler: Imaginarylab
Publisher: VLG Publishing
Erhältlich auf: PC, PS4, Xbox One, Nintendo Switch, iOS, Android
NB@12.08.2020
——— Hinweise & Disclaimer: ———
Wenn euch der Beitrag gefallen hat würde ich mich natürlich über eure Likes, Retweets, Abos oder auch Feedback freuen. Gleiches trifft aber auch zu, wenn ich eurer Meinung nach etwas hätte besser machen können. Konstruktive Kritik hilft bekanntlich nur, wenn man sie auch bekommt, also lasst es mich einfach wissen.
Die verwendeten Bilder und/oder Screenshots wurden, wenn nicht anders angegeben, vom Autor selbst erstellt und dienen zur Unterstützung des Berichtes. Das Copyright an der dargestellten Sache, bzw. dem Spiel bleibt davon selbstverständlich unberührt und verbleibt beim ursprünglichen Rechteinhaber.
Sieht echt vielversprechend aus
LikeLike