PS5 Review: „Lost in Random“ #LostInRandom

Was passiert wenn man eine düstere Märchenwelt à la Tim Burton mit einem Kampfsystem angelehnt an Dungeons & Dragons paart? – Es kommt wahrscheinlich so etwas ähnliches, wie „Lost in Random“ heraus, das gerade für viele unter dem Radar erschienen ist. Mich hat das Spiel besonders auf Grund des Artstyles direkt angesprochen, weswegen ich es mir nicht nehmen ließ darüber zu berichten, wofür mir dankenswerterweise von Publisher EA ein kostenfreier Key zur Verfügung gestellt wurde. Einen Einfluss hat dieser Umstand aber selbstverständlich nicht auf meine Bewertung.

Wir spielen Even, deren Welt ins Wanken kommt als sie und ihre Zwillingsschwester Odd 12 Jahre alt werden. Denn in Random bedeutet der 12. Geburtstag mitunter eine Veränderung, denn man muss den magischen Würfel der Königin rollen und das Ergebnis bestimmt den weiteren Verlauf. Even und Odd sind in Onecroft aufgewachsen, einem von sechs Königreichen, die jeweils an eine Seite des Würfelwurfs gebunden sind. Even wirft eine 1 und darf daher in Onecroft bei ihren Eltern bleiben, doch beim Wurf von Odd geht etwas schief und obwohl der Würfel zunächst auf der 1 landet, springt er dann doch noch um und zeigt plötzlich die 6 an. Odd wird aus ihrem gewohnten Leben gerissen und muss von dort an bei den anderen 6ern, in der Obhut der Königin leben, Even bleibt zurück. Ein Jahr später hat Even das Trauma der Trennung immer noch nicht verarbeitet, doch plötzlich bestreicht sie das Gefühl, dass Odd ihre Hilfe braucht. Sie begibt sich daher auf eine gefährliche Reise ihrer Schwester zu helfen…

Diese Reise führt sie von, der ihr bekannten Umgebung, durch die weiteren Reiche, die sich stark voneinander unterscheiden. An die Zahl ist jeweils auch die soziale Schicht gekoppelt und so ist Onecroft ein eher ärmliches Gebiet, das stilistisch an die gotischen Motive, wie aus „The Nightmare before Christmas“, „Corpse Bride“, oder „Coraline“ angelehnt ist, genauso Wert auf verzerrte Strukturen legt und insgesamt durchaus ebenso Stop-Motion sein könnte. Das wird durch eine gewisse Texturierung von Charakteren und Arealen erzeugt, die man eher selten in Videospielen wiederfindet. Die Farbpalette ist anfänglich zwar eher bestehend aus dunklem grau, braun, grün und schwarz, öffnet sich aber mit dem Fortschritt der Geschichte immer weiter. Zusätzlich bietet jede Welt ihre Eigenheiten und ist gleichzeitig ein Wortspiel auf die Anzahl: Beispielsweise in Two-Town verfügen alle Bewohner über zwei Persönlichkeiten, die komplett entgegengesetzt sind und schier unkontrolliert wechseln

Ebenso wie die Wortspiele der unterschiedlichen Königreiche, sind auch die meisten Charakternamen Wortspiele aus dem Würfel- und Glücksspielbereich. Am offensichtlichsten ist das bei den Charakternamen, so gibt es neben Even und Odd, auch Snake Eyes und Dicey, der unser Begleiter wird und gleichzeitig als „Waffe“ fungiert. Eine Ausnahme davon bilden lediglich die meisten Antagonisten, wie die (böse) Königin, die lediglich als „Königin“ bezeichnet wird und der wahrhaft gruselige Shadowman, ein überaus gruseliges Monster, das in den Schatten lauert Kinder zu entführen, die sich zu weit von zu Hause entfernen… – So zumindest in den Erzählungen, die Even immer erzählt bekommen hat, denn wenn wir ihn in Persona treffen ist er zwar dennoch gruselig, aber weniger bedrohlich, als eher frustriert, dass immer mehr Reiche im Krieg sind und man sich daher kaum noch an ihn erinnert. Und verhält es sich auch mit anderen Charakteren, die am Anfang komplett anders scheinen, als sie am Ende sind, da man sie durch gutes Writing mehrdimensional angelegt hat.

Anfänglich haben wir keine Möglichkeit zu kämpfen und sind auch generell in unserer Bewegungsfreiheit etwas eingeschränkt, da man sich anstatt einer Plattformer-Mechanik für eine Steuerung mit Kontext-sensitiven Aktionen entschieden hat. Wir steuern Even zwar frei durch die Areale, sind aber dennoch limitiert, da wir nur an Stellen hochklettern können, wo es das Spiel vorgibt. Das ist an sich auch kein größeres Problem, wirkt aber in einigen Stellen zu restriktiv und kompliziert. So wollte ich zum Beispiel ziemlich am Anfang des Spiels von einer kleinen Brücke herunterspringen, da ich darunter ein Sammelobjekt erspäht hatte, doch das lässt das Spiel nicht zu. Hingegen musste man einen ziemlich langen weg zurückgehen, wo das Spiel ein Herunterspringen „erlaubte“ und dann den gleichen Weg wieder bis zum Sammelobjekt gehen (und danach natürlich wieder komplett zurück). Da überlegt man sich im Zweifel zwei Mal, ob ein Sammelobjekt den Aufwand überhaupt Wert ist…

Sobald wir nach etwa 30-60 Minuten Spielzeit unseren Begleiter Dicey getroffen haben, öffnet sich auch das originelle Kampfsystem. Zwar hat Even zu diesem Zeitpunkt auch schon eine Steinschleuder, doch diese dient eher zum Ablenken und gekämpft wird mit Hilfe von Würfeln. Wir weichen den Gegnern aus, oder ärgern sie genug mit der Steinschleuder, bis wir genug Energie zum Würfeln gesammelt haben. Wir werfen Dicey, was die Zeit anhält, damit wir unsere nächsten Schritte planen können. Unsere geworfene Augenzahl ist, was uns für den Kampf zur Verfügung steht und was wir für unsere gesammelten Aktionskarten ausgeben können. Die Karten sammeln wir automatisch im Spielverlauf und sie erlauben zum Beispiel 30 Bogenschüsse, ein Schwert mit dem wir kurzzeitig kämpfen können, oder auch unsere Energie wieder auffüllen. Da die Karten zufallsgeneriert eingesammelt werden müssen wir genau überlegen wann wir welche Karte einsetzen, damit wir nicht bei einem Boss buchstäblich mit schlechten Karten dastehen, zumal wir maximal eine bestimmte Anzahl von Karten auf einmal bei uns tragen können.

Haben wir unsere Karte gewählt können wir die Slow Motion beenden und mit dem Effekt unsere Karte kämpfen, was dann in typischer Action-Adventure-Manier abläuft. Zwar sind die Gegner allesamt nicht besonders klug, aber irgendwie hätte etwas mehr Zeit ins Balancing einfließen müssen, da die Gegner allesamt zu viele Treffer einstecken und sich durch das Aufladen der Würfel-Leiste, das Würfeln und die Kartenauswahl, was in mehreren Zyklen wiederholt werden muss, um den Boss, oder die Gegnerwelle zu besiegen, unnötig in die lange gezogen anfühlt. Anfänglich macht das zwar noch Spaß, aber je länger man spielt, desto mehr wünscht man sich entweder stärkere Angriffe, weniger Gegner, oder ein nicht so langatmiges Kampfsystem, was in sich schon fast abstrus ist, da man sich gerade damit aus der Masse hervorheben möchte.

Insgesamt hatte ich durchaus meinen Spaß mit „Lost in Random“ und fühlte mich angenehm an American McGee’s Alice-Spiele erinnert. Besonders der Artstyle in Anlehnung an Tim Burton und andere skurrile Stop Motion-Filme weiß zu gefallen und wirkt überaus plastisch. Die Spielwelt wirkt lebendig und wartet mit jeder Menge an abgedrehten Figuren auf, die durch das clevere Writing größtenteils gut ausgearbeitet werden und nicht nur eindimensional angelegt sind. Einzig am Balancing hätte man noch etwas schrauben müssen, damit das anfänglich echt frische Kampfsystem sich nicht so schnell abnutzt. Auch wenn es sich vielleicht so anhört ist das allerdings keineswegs ein Dealbreaker, zumal man dem entgegenwirken kann, wenn man den Schwierigkeitsgrad etwas herunter setzt. Wer ein Faible für düstere Märchen und dem Spiel eine Chance gibt, wird für die insgesamt 10-12 Stunden Spielzeit gut unterhalten.

Entwickler: Zoink Games

Publisher: EA

Erhältlich auf: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, Nintendo Switch

NB@06.10.2021

——— Hinweise & Disclaimer: ———

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Die verwendeten  Bilder und/oder Screenshots wurden, wenn nicht anders angegeben, vom Autor selbst erstellt und dienen zur Unterstützung des Berichtes. Das Copyright an der dargestellten Sache, bzw. dem Spiel bleibt davon selbstverständlich unberührt und verbleibt beim ursprünglichen Rechteinhaber.

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