Jetzt hat man es wirklich geschafft! Yakuza ist nicht mehr Yakuza, sondern „Like a Dragon“ was die Übersetzung des japanischen Originaltitels Ryu Ga Gotoku ist. Und es hat nur schlappe 18 Jahre und einen schrittweisen Übergang mit dem letzten Teil der Reihe, der im Westen ziemlich verwirrend „Yakuza: Like a Dragon“ betitelt war, gedauert. Der „neuste“ Teil der Reihe verzichtet nunmehr vollkommen auf den Yakuza-Titel und wir können gespannt sein, ob der Transfer damit komplett ist. Doch zugegebenermaßen hätte der Yakuza-Titel auch nur bedingt gepasst, da „Like a Dragon: ISHIN!“ im 19. Jahrhundert angesiedelt ist.

Dabei ist ISHIN! allerdings nur bedingt als neuer Titel zu bezeichnen, da es sich um eins von zwei Spin-Offs handelt, betitelt als KENZAN! und ISHIN!, die in der Edo-Zeit angesiedelt ist und auf Grund der kulturellen Prägung als vermeintlich zu „speziell“ nie den Weg Westen gefunden. Doch auch wenn man sich dieses Grundgerüsts bedient, wurde das Spiel komplett lokalisiert, inhaltlich und strukturell erweitert und auf Basis der Unreal 4-Engine komplett neu aufgebaut. So bietet das Spiel sowohl für Kenner der Originalversion, wie auch für Neulinge eine ganze Menge.

Zwar tauschen wir die schimmernden Leuchtreklamen und engen Gassen von Kamurocho gegen eine mittelalterliche Version von Kyoto ein, doch abseits davon ist alles beim Alten: Wir verkörpern den Samurai Sakamoto Ryoma, der in die Unterwelt abtaucht um den Mörder seines Vaters zu finden und gleichzeitig Beweise zu finden, die ihn selbst entlasten können, da er selbst unter Mordverdacht steht und daher in seinen Reihen in Ungnade gefallen ist. Das Kyoto der 1860er Jahre ist ein unmenschlicher Ort, der von Korruption und Militär kontrolliert wird und Ryoma ist gezwungen sich unter falscher Identität vor dem Gesetz zu verstecken, doch wenn jemand damit gerechnet hat ihn einfach loswerden zu können, macht man einen großen Fehler…

Neben dem klassischen Nahkampf in Beat ‚em up-Manier für die die Reihe bekannt ist, kommen auch vermehrt Waffen zum Einsatz, so ziehen wir beispielsweise mit Schwert und Schusswaffe im Anschlag in den Krieg. Das soll aber natürlich nicht bedeuten, dass es nur ums kämpfen geht, denn abseits der Story gibt es selbstverständlich eine Vielzahl von Ablenkungen, kurzweiligen Zeitvertreib und Nebenaufgaben: Karaoke, Tanzen, Mahjong, Gemüse anpflanzen, kochen, oder gar eine abgedrehte Variante von Baseball, die mit Schwert und Pistole gespielt wird. Für alles, was wir tun bekommen wir Virtue-Punkte, die uns zum einen zu einem besseren Ansehen in der Gesellschaft verhelfen und zum anderen auch für das Upgrade von bestehenden Charakterwerten und dem Kauf von Fähigkeiten verwendet werden.

Da es sich im Kern um ein älteres Spiel handelt sind auch Neuerungen, wie das rundenbasierte Kampfsystem von „Yakuza: Like a Dragon“ noch nicht implementiert, auch wenn man davon ausgehen kann, dass der nächste „vollwertige“ Teil auch wieder zum traditionellen Kampfsystem zurückkehren wird, da es nur in Zusammenhang mit dem eben erwarten Teil inhaltlich wirklich Sinn gemacht hat. Das Kampfsystem in ISHIN! ist also bekannt, aber auch irgendwie neu, da wir eben keinen Yakuza, sondern einen Samurai spielen. Ryoma verfügt über vier Kampfstile, die sich per Steuerkreuz wechseln lassen. Bekannt ist der „Brawler“, der an den bekannten Yakuza-Kampfstil angelehnt ist. Mit dem „Swordsman“ schnetzeln wir uns mit unserem Katana durch größere Gegnerhorden, oder gepanzerte Gegner, als „Gunman“ schießen wir mit unterschiedlichen Munitionstypen und als „Wild Dancer“ kombinieren wir die unterschiedlichen Fähigkeiten, was mir persönlich am besten gefallen hat.

Doch damit nicht genug, denn neben den unterschiedlichen Stilen und ihren Grundfunktionen gibt es selbstverständlich auch viele weitere Moves zum Erlernen und Freischalten. Zusätzlich münden erfolgreiche Kombos noch in besonders kraftvollen Spezialattacken und mächtigen Finishern, die gewohnt chinesisch inszeniert sind. Zwar erfordert das Erweitern der Movesets eine gewisse Arbeit in unterschiedlichen Dojos, oder eben durch das Kaufen durch bereits erwähnten Virtue-Punkte. Gleiches gilt im übrigen für unsere Waffen, denn gleichen unser anfänglichen Sets von Schwert und Pistole eher einem Buttermesser und eine Steinschleuder, lassen sich beim Waffenhändler nicht nur neue Waffen kaufen, sondern beim Schmied auch umbauen und aufwerten, die man sogar mit schicken Elementareffekten ausstatten kann.

Auch wenn unter der Haube ein Spiel von 2014 steckt, so fällt das beim Spielen nicht weiter auf. Die Grafiken wurden komplett überarbeitet und warten mit vielen Cutscenes und tollen Charaktermodellen auf, für die die Reihe bekannt ist, erreicht dabei aber nicht die Klasse von „Lost Judgment„, oder „Yakuza: Like a Dragon“, die im Gegensatz aber komplette Neuentwicklungen waren. Auch die Spielwelt besticht zwar durch viele Details, ist aber auf Grund der Zeit Periode des Settings etwas karger, als man es von den anderen Teilen der Reihe kennt. Spielerisch ist auch alles beim alten und da sich die Reihe ohnehin nur sehr langsam weiterentwickelt, ist das Gameplay, obgleich größtenteils unverändert zum japanischen Original von der PS3, seitdem nahezu unverändert, weswegen das auch beim Remake nicht negativ ausfällt. Bei anderen Reihen gibt es bei derartigen Remakes mehr Reibungsverluste, oder Anpassungsbedarf, die bei ISHIN! ausbleiben.

Insgesamt hatte ich durchaus eine Menge Spaß mit dem „vergessenen Sohn“ der Yakuza-Reihe, das damals einfach nicht seinen Weg in den Westen gefunden hat. Das Samurai-Setting ist erfrischend anders und bietet dennoch viele bekannte Elemente, für die die Reihe bekannt ist. Das spiegelt sich auch im Hauptcharakter Ryoma wider, der lustigerweise Kazuma aus Yakuza zum verwechseln ähnlich sieht, auch wenn es keine Verbindung zwischen den Charakteren zu geben scheint und man wahrscheinlich nur aus Kostengründen auf ein bestehendes Charaktermodell zurückgegriffen wurde. Die Geschichte unterhält in gewohnter Weise und wartet mit einigen interessanten Wendungen und witzigen Situationen auf. Ich hatte persönlich Bedenken, dass die Nebenaufgaben, die ein absolut integrales Element des Spieles sind, auf Grund des Settings geringer ausfallen könnten, was aber nicht der Fall war, auch wenn man selbstverständlich keine Spielautomaten von alten Arcade Automaten erwarten sollte. Das neue Kampfsystem wirkt anfangs etwas überladen und erinnert mit der Kombination aus Schwert und Schusswaffe ein wenig an Devil May Cry, ist aber schnell erlernt und funktioniert richtig gut. Yakuza-Fans greifen wahrscheinlich ohnehin zu, aber auch für Neulinge ist das Spiel ein guter Einstieg, oder gar Alternative, wenn einen bisher das Gangster-Setting abgeschreckt hat. Gerne mehr davon, denn ISHIN! Ist nicht das einzige Spiel der Reihe, das nie im Westen angekommen ist…
Entwickler: Rya Ga Gotoku Studio
Publisher: Sega, Plaion
Erhältich auf: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S
NB@24.02.2023
—Hinweise & Disclaimer—
Wenn euch der Beitrag gefallen hat würde ich mich natürlich über eure Likes, Retweets, Abos oder auch Feedback freuen. Gleiches trifft aber auch zu, wenn ich eurer Meinung nach etwas hätte besser machen können. Konstruktive Kritik hilft bekanntlich nur, wenn man sie auch bekommt, also lasst es mich einfach wissen.
Die verwendeten Bilder und/oder Screenshots wurden, wenn nicht anders angegeben, vom Autor selbst erstellt und dienen zur Unterstützung des Berichtes. Das Copyright an der dargestellten Sache, bzw. dem Spiel bleibt davon selbstverständlich unberührt und verbleibt beim ursprünglichen Rechteinhaber.