Auf der letzten State of Play von Sony hatte „Before your Eyes“ eine zentrale Rolle eingenommen. Der Trailer ist verspielt, etwas mysteriös und hat auf jeden Fall die Neugierde auf das fertige Spiel geweckt, das heute sein Debüt auf PlayStation VR2 gibt. Wir hatten das Privileg das Spiel schon einige Zeit vor Release vom Publisher zur Verfügung gestellt zu bekommen und auch wenn dieser Umstand selbstverständlich keinen Einfluss auf unsere Bewertung hat, freut es uns dennoch sehr nun endlich unsere Eindrücke mit euch Teilen zu können.

Entwickelt von GoodbyeWorld Games und herausgebracht von Skybound Games ist das Spiel allerdings nicht komplett neu. Denn wir so viele Spiele, die im Launch Fenster der PSVR2 erscheinen, ist das Spiel bereits 2021 auf dem PC erschienen, wurde aber seitdem technisch weiterentwickelt und setzt entgegen dem Augentracking durch optische Erkennung über die Webcam auf dediziertes Augentracking über das Headset selbst, das dabei sehr viel genauer ausfällt. Doch warum eigentlich Augentracking und wieso ist die darunter liegende Technik überhaupt relevant?

Die Antwort ist ziemlich einfach, denn wie uns das Spiel als ersten Satz mitteilt, ist „Before your Eyes“ eine Geschichte über das Blinzeln. Nicht über den Akt des Blinzelns an sich, sondern über das, wie das Spiel das Blinzeln als zentrales Element des Gameplays integriert. Denn unsere einzige Möglichkeit der Interaktion mit dem Spiel und der Spielwelt findet über Blinzeln statt. Denn wir sind nur eine Seele ohne Körper und treiben auf offenem Gewässer, bis ein anthropomorpher Wolf uns herausfischt und auf sein Boot bringt. Er sieht Potential in uns und will uns zum Pförtner der Nachwelt bringen, damit entschieden wird, was mit uns weiter geschieht, wenn wir es schaffen zu überzeugen.

Wir überzeugen mit dem Leben, das wir gelebt haben, beziehungsweise ob wir das Geschenk des Lebens entsprechend genutzt haben. Ohne Wege der Kommunikation übernimmt unser tierischer Freund die Nacherzählung, entsprechend dem was wir ihm zeigen, wenn er in unser Bewusstsein eindringt. Was abgedreht klingt ist ein interessantes Stilmittel, um uns unterschiedliche Punkte unseres Lebens nochmal erleben zu lassen und wird durch unser Blinzeln gesteuert. Wenn wir blinzeln springen wir zum nächsten Moment, mal Minuten, mal Tage, oder gar Jahre später.

Wir sind Benjamin Brynn, Sohn eines Lehrers und einer gescheiterten Komponistin. Ben ist schon früh ein begabter Pianist, verliebt sich in die schöne Nachbarin, durchlebt Krankheit, Ruhm und Verlust. Alles, was ein Leben ausmacht. Die Geschichte ist dabei zentraler Punkt der Handlung und wartet dabei mit ein paar echten Überraschungen auf, weswegen ich diesbezüglich nicht weiter ins Detail gehen werde. In vielen Szenen gibt es dabei Entscheidungsmöglichkeiten, die den weiteren Verlauf bestimmen. Entscheidungen treffen wir ebenfalls über das Blinzeln und je länger wir eine Szene ansehen (ohne zu Blinzeln) desto mehr Hintergrundinformationen und Möglichkeiten der Interaktion bekommen wir.

Das Tracking der Augen funktioniert super über PSVR2, denn wo die Übertragung ins Spiel beim PC noch stark von mehreren Faktoren abhängig war ist die Technik hier wie dafür gemacht und ohne Makel. Es gibt in den Einstellungen zwar alternativ auch die Möglichkeit auf das Augentracking zu verzichten und stattdessen auf eine konventionelle Controllereingabe auszuweichen, aber beraubt sich dadurch zweifellos einer zentralen Gameplay-Komponente. Ich habe extra einen Durchlauf mit der Controllersteuerung absolviert und die Immersion leider ungemein darunter, auch wenn das Spiel inhaltlich dadurch unverändert ist. Und ja, beim Augentracking gab es durchaus Szenen, die durch mein Blinzeln früher beendet wurden, als mir lieb war, aber das lädt durchaus auch zum wiederholten Spielen ein.

In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass das Spiel über keine Speicherfunktion verfügt, was in Anbetracht dass ein Durchlauf maximal zwei Stunden dauert auch nicht notwendig ist. Nachdem wir das Spiel einmalig beendet haben schalten wir zusätzlich eine Kapitelauswahl frei, die uns erlaubt gezielt einzelne Kapitel und Szenen noch einmal zu erleben.

Insgesamt hat mir „Before your Eyes“ wirklich ziemlich gut gefallen. Die abstrakte Comicgrafik ist interessant, die Geschichte spannend und es gab gleich mehrere Stellen, die mich buchstäblich zu Tränen gerührt haben. Einzig dir etwas spärliche Interaktion mit der Spielwelt könnte man dem Spiel angreifen. So sind wir in den Szenen in der Regel absolut statisch und die Einflussnahme beschränkt sich eben ausschließlich auf Blinzeln. Wir können keine Gegenstände anheben und selbst unsere Bewegungsfreiheit ist limitiert, sodass wir schnell vom Headset ermahnt werden wieder an die Position, die das Spiel vorgibt, zurückzukehren. Die Spielzeit ist zwar überschaubar, doch die Geschichte reißt dafür umso mehr mit. Es wäre nur schön, wenn die Entscheidungen zu mehr Variation, oder gar unterschiedlichen Enden führen würden, doch nur wenig führt wirklich zu spürbaren Unterschieden. Nichts desto Trotz war das Spiel eine wirklich interessante und mitreißende Erfahrung, die ich persönlich nicht missen möchte. Wer eine PSVR2 sein Eigen nennt und Spiele mit der starken Narrative mag, sollte „Before your Eyes“ auf jeden Fall eine Chance geben…
Entwickler: GoodbyeWorld Games
Publisher: Skybound Games
Erhältlich auf: PC, PS5 (PS VR2)
NB@10.03.2023
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