Nachdem „Man of Medan“, das erste Spiel der The Dark Pictures-Reihe, erst kürzlich seinen Einstand auf der Nintendo Switch gegeben hat und uns dabei einen mehr als soliden Port präsentiert hat, legt Bandai Namco nun mit dem zweiten Teil, „Little Hope“ nach. Und wer mein vorheriges Review nicht gelesen hat, dem sei gesagt, dass es sich abermals nicht um Cloud Gaming, sondern einen nativen Switch-Port handelt, für den das Spiel komplett überarbeitet und an die Hybrid-Konsole angepasst wurde. Das finde ich immer noch unglaublich, da die Switch von ihrer Leistung näher an der PS3 und der Xbox360, als an der PS4 und der Xbox One, der Konsole auf der das Spiel ursprünglich erschienen ist. Ob sich das Ergebnis sehen lassen kann, erfahrt ihr in unserem Test!

Supermassive Games, die neben The Dark Pictures auch das Studio hinter „Until Dawn“, „The Quarry“ und dem leider untergegangenen PlayLink-Titel „Hidden Agenda“ sind, verfolgen mit „Man of Medan“ die ähnliche Formel von interaktivem Film und schickt in diesem Spiel fünf College Studenten auf einen unfreiwilligen Zwischenstopp in ein düsteres Städtchen in Neuengland, das titelgebende Little Hope. Dabei beginnt die Handlung des Spiels in den 70er Jahren, als eine Familie kurz davor steht, aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten und anderen Problemen auseinanderzubrechen, als plötzlich eine Tragödie ihren Lauf nimmt und alle Familienmitglieder bei einem Feuer ums Leben kommen. Nach einem Zeitsprung finden wir uns dann im Heute wieder und eine Gruppe von Studenten war auf einem Ausflug, bis ihr Bus nach einer Umleitung plötzlich verunglückte. Die Gruppe findet sich darauf auf einer verlassenen Straße, umringt von Nebel wieder, der Busfahrer ist nicht zu finden und sie sind nicht alleine. In der Dunkelheit lauern finstere Dämonen und Geister der Vergangenheit der Hexenverfolgung. Und diese Geister sehen aus unerfindlichem Grund unseren Protagonisten zum verwechseln ähnlich…

Von der Spielmechanik funktioniert das dann absolut identisch zu den anderen Spielen des englischen Studios. Die Handlung ist grob in Kapitel aufgeteilt, die immer wieder vom charismatischen Kurator, dem Äquivalent zum Psychiater aus „Until Dawn“ und der Wahrsagerin aus „The Quarry“ unterbrochen werden. Diese Segmente lassen uns über unsere Entscheidungen reflektieren, geben uns teilweise Hinweise, die für den weiteren Verlauf wichtig sind und bieten eine gute Klammer um die Geschichte. Zusätzlich lassen sie das Erlebnis passenderweise wie TV-Anthologie-Serie à la Geschichten aus der Gruft wirken, was auch das Ziel der Entwickler gewesen sein scheint. In jeder Szene steuern wir ein anderes Mitglied aus unserer Gruppe und müssen die Person nicht nur in Adventure-Manier durch die Areale steuern, um Geheimnisse zu finden oder die Story voranzutreiben, sondern auch immer wieder Entscheidungen für den Charakter treffen: Nehmen wir das Messer an uns, das wir gefunden haben, folgen wir der leisen Stimme in ein dunkles Zimmer der verlassenen Fabrik, oder auch scheinbar simple Entscheidungen, wie ob wir ans Telefon in der Polizeistation gehen wenn es klingelt? – All das sind Entscheidungen, die pro Szene auftreten. Manche sind dabei weniger relevant, als andere, manche bestimmen den Fortgang der Geschichte, manche beeinflussen die Beziehungen zwischen den Charakteren und manche können unter Umständen sogar zum vorzeitigen Ableben der Figur führen.

Das Problem ist, dass wir oft nicht wissen, was die Konsequenz unserer Handlungen sein kann und so sollte jede Entscheidung wohl überlegt sein… In den Erkundungs-Szenen bewegen wir unsere Charaktere frei in der Verfolgerperspektive mit meist fixen Kamerawinkeln durch die liebevoll gestalteten Areale. Wir können mir Gegenständen interagieren und es liegt an unserem Erkundungsdrang wie viel, oder wenig der Spielwelt und ihrer Geheimnisse wir erkunden. In Gesprächen haben wir die Auswahl aus zwei, oder mehr möglichen Antworten, die sowohl die Art der Antwort, wie auch die Intension auf der Gefühlsebene aufzeigt, bevor wir sie auswählen und die Action beschränkt sich auf eine Kombination aus den erwähnten Auswahlmöglichkeiten und Quick Time Events, wo eine falsche Eingabe ebenfalls unterschiedliche Konsequenzen haben kann. Eine ähnliche Konsequenz haben dabei auch die versteckten Sammelobjekte innerhalb des Spiels, denn auch wenn die meisten davon nur Hintergrundinformationen bieten und zum Worldbuilding beitragen, so gibt es auch vergessene Ansichtskarten, die auf eine kommende Chance, oder Gefahr hinweisen, oder Hinweise, die neue Wege überhaupt erst öffnen. So können wir beispielsweise mit der Vergangenheit interagieren und eine mutmaßliche Hexe vor der Verurteilung retten, wenn wir die entsprechenden Hinweise gefunden haben.

Es ist daher naheliegend, dass es nicht nur viele unterschiedliche Verlaufsmöglichkeiten der Geschichte, sondern auf Grund der vielen Optionen auch unterschiedliche Enden, bei denen die extreme sein können, dass alle Charaktere überleben und es schaffen unbeschadet vom Geisterschiff zu entkommen, bis hin das alle Charaktere sterben, was einen überaus großen Wiederspielwert mit sich bringt, selbst wenn man die Geschichte schon kennt. Denn auch wenn man das Spiel in einem Durchgang, der zwischen 4 und 5 Stunden dauert beenden kann, so gibt es auch danach noch wahnsinnig viel vom Spiel, das man überhaupt nicht gesehen hat. Zusätzlich bietet das Spiel auch alternative Möglichkeiten das Spiel nochmal zu erleben, die ich jedem wärmstens ans Herz legen kann, da sie eine neue interessante Erfahrung, neben der Solo-Story mit sich bringen und das Spielerlebnis zur Abwechslung wirklich erweitern, was man wirklich nicht von allen Multiplayererweiterungen sagen kann. Man unterscheidet dabei zwischen dem Kinomodus und der gemeinsamen Story.

Der Kinomodus ist die klassische Art die Geschichte mit bis zu 4 weiteren Mitspielern zu erleben. Dabei kann sich beim Spielstart jeder Spieler einer festen Charakter auswählen und beim Szenenwechsel wird der Controller an den jeweiligen Spieler weitergegeben. Am Ende der Geschichte werden dann die Aktionen der einzelnen Spieler miteinander verglichen und bewertet. Hier gibt es allerdings keine anderen Szene, als im Solo-Modus. Das ändert sich allerdings drastisch in der gemeinsamen Story, der zu zweit gespielt werden kann und jeweils unterschiedliche Blickwinkel, als in der normalen Geschichte eröffnet. Die Geschichte läuft dabei größtenteils in seiner gewohnten Form, doch wenn zwei Charaktere gemeinsam unterwegs sind und getrennt werden, was durchaus öfters im Spiel vorkommt, hat man bisher nur einen Teil der Handlung zu Gesicht bekommen. Dieser Modus zeigt beiden zeigt beiden Spielern parallel unterschiedliche Szenen mit neuem Material, was im Anschluss an fixen Punkten in der Geschichte wieder zusammengeführt wird. Besonders dieser Modus ist eine wirklich interessante Erweiterung und hält die ein oder andere Überraschung bereit, die man sonst gar nicht mitbekommen kann. Für den Online Co-Op ist eine kostenpflichtige Switch Online-Mitgliedschaft notwendig, der Solo- und der Kinomodus funktionieren komplett offline an einer Konsole.

Es versteht sich fast von selbst, dass man auf der Switch ein paar technische Einbußen hinnehmen muss. Doch alles in allem sieht das Spiel dennoch überraschend gut aus und läuft auch meist flüssig. Zwar wurde die Bildwiedergabe auf 24fps gedrosselt, die abseits vom hektischen Finale auch weitestgehend gehalten werden, doch diese Designentscheidung unterstreicht sogar den filmischen Charakter des Spiels. Denn sind seit jeher an 24fps aus Film- und Fernsehen gewöhnt, oder konditioniert, da Kinofilme standardmäßig diese Geschwindigkeit nutzen. Die 24fps sorgen für eine gewisse Bewegungsschärfe, die von uns noch als natürlich wahrgenommen wird und bot den Filmemachern gleichzeitig die Gelegenheit Frames einzusparen, da man nicht höher gehen musste. In Folge dessen läuft für uns „Man of Medan“, im Herzen ohnehin fast mehr Film als Spiel, auch mit 24fps in der „korrekten“ Geschwindigkeit ab. Das allein hat allerdings nicht ausgereicht, um das Spiel auf der Switch lauffähig zu machen, so wurden auch die Texturen heruntergeschraubt, wobei das Ergebnis sich dennoch durchaus sehen lassen kann. Zwar vermisst man die knackigen Grafiken, die besonders das PS5-Upgrade nachgeliefert hat, aber alles in allem fällt das nur in kleineren Details, oder im direkten Vergleich wirklich auf. Hier haben die Entwickler bestimmt ganz schön viel Arbeit reingesteckt, um diesen Sweetspot aus Performance und Darstellung zu finden. Weiter verfügt das Spiels sogar über alle Erweiterungen, die das Spiel auf den anderen Konsolen erst mit der Zeit bekommen hat. So wurde das Gameplay über umfangreiche Schwierigkeits- und Accessibility-Funktionen erweitert, die es sogar erlauben das Spiel mit körperlichen Einschränkungen zu spielen und der alternative Spielmodus, der sogenannte Curator’s Cut ist direkt in das Spiel inkludiert.

Insgesamt ist die Umsetzung auf der Switch wirklich gelungen und es hat wirklich nochmal Spaß gemacht sich in das neblige und bedrohliche Little Hope zu wagen. Die Geschichte ist spannend erzählt und bietet im Vergleich zu „Man of Medan“ mehr Substanz, was allem voran an den unterschiedlichen Zeitebenen liegen mag. Ein besonderes Plus ist selbstverständlich die Möglichkeit das Spiel auch unterwegs zu spielen und dass alle Erweiterungen bereits im Spiel vorhanden sind. Da fällt die etwas reduzierte Technik schon fast gar nicht ins Gewicht. Man sollte aber nicht zu schreckhaft sein, denn sonst könnte man in Bus und Bahn schon verwunderte Blicke auf sich ziehen, denn das Spiel setzt seine Jumpscares schon fast inflationär ein. Da die Port auf die Switch nun anscheinend nicht nur ein Experiment gewesen ist freue ich mich schon auf die weiteren Spiele der Reihe, damit man auch diese Spiele nochmal unterwegs erleben kann.
Entwickler: Supermassive Games
Publisher: Bandai Namco
Erhältlich auf: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, Nintendo Switch
NB@12.10.2023
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