PS4 Review: „The Dark Pictures: Man of Medan“ – Was bietet das Horrorgame wirklich?

Supermassive Games, die Macher von „Until Dawn“ und dem leider etwas untergegangenen PlayLink-Titel „Hidden Agenda“ melden sich mit einem interessanten neuen Spiel zurück, das in die gleiche Kerbe, wie die Vorgänger schlägt und dennoch einiges neu macht. Das Spiel hört auf den ziemlich langen Titel „The Dark Pictures: Man of Medan“ und ist ein Spiel, das direkt zum Release zum Budgetpreis vertrieben wird und zusätzlich sogar nicht mehr Sony-exklusiv, sondern als Multiplattformtitel veröffentlicht wird, da das Spiel von Bandai Namco vertrieben wird. Und der lange Titel des Spiels soll auch einen Sinn haben, denn das Spiel ist der erste Teil einer auf drei Spiele angelegten Anthologie-Reihe mit dem Übertitel „The Dark Pictures“, wobei alle Spiele der Reihe von einander losgelöst sind und jeweils ein anderes Thema haben werden. Den Anfang macht dabei das vorliegende „Man of Medan“, das das klassische Konzept des Geisterschiffs aufgreift. Ob es auch spielerisch überzeugen kann schauen wir uns an.

Das Spiel bedient sich einer Geistergeschichte aus dem echten Leben, konkret der Geschichte um die „S.S. Ourang Medan“ als Inspiration, drückt ihr ihren eigenen Twist auf und liefert sogar einige sehr interessante Interpretationen zu den Hintergründen. Denn was genau auf dem Schiff passiert ist, ist bis heute nicht aufgeklärt. Fakt ist lediglich, dass das holländische Schiff 1948 sich plötzlich mit der erschreckenden Nachricht auf einer Notfallfrequenz meldete:

„[…] All officers including the captain, dead in chartroom and on the bridge. Probably whole crew dead […]“

(= Alle Offiziere inklusive dem Kapitän, (sind) tot im Kartenraum und auf der Brücke. Wahrscheinlich (ist) die komplette Crew tot.)

Als Rettungskräfte das Schiff betragen fanden sie niemanden mehr am Leben. Alle Besatzungsmitglieder waren tot und ihre Leichen befanden sich mit ausgestreckten Extremitäten und weit aufgerissenen Augen und Mündern in einer unnatürlichen Totenstarre, ohne Hinweise auf Fremdeinwirkung. Diese Prämisse bedient sich das Spiel und lässt eine Gruppe junger Protagonisten den Horror auf dem Schiff hautnah erleben.

Das Spiel beginnt dabei bereits mit einer Rückblende, die vor der Katastrophe angesiedelt ist und wir erleben in der Haut des Soldaten Joe hautnah mit, wie die Katastrophe auf dem Schiff ausbricht und wie ein Besatzungsmitglied nach dem anderen verstirbt, während das Schiff alleine auf dem Meer treibt. Danach wechselt die Handlung ins Heute und wir lernen unsere Gruppe von Protagonisten kennen. Diese bestehen aus den Brüdern Alex und Brad, Alex’s Freundin Julia, deren Bruder Conrad und letztendlich der jungen Kapitänin Fliss, deren Boot die Gruppe für ein Tauch- und Abenteuerwochenende gechartert hat. Jedoch gibt es nach dem ersten Tauchgang, bei dem man einen abgeschossenen Flieger aus dem zweiten Weltkrieg untersucht und Hinweise auf ein Schiff mit einem vermeintlichem Schatz in der Nähe findet, bald mehr Abenteuer, als die Gruppe sich ausgemalt hat. Denn der Tauchgang von „reichen Kindern“ ruft eine Verbrechergruppe auf den Plan, die die Gruppe entführt und angelockt von der Nachricht auf einen vermeintlichen Schatz mit auf das Geisterschiff nimmt, wo das Grauen dann seinen Lauf nimmt… Die Geschichte mag zwar nicht besonders originell sein, aber das ist auch gar nicht das Ziel. Ich gehe davon aus, dass die Entwickler bewusst auf einen gewissen B-Movie-Charme gesetzt haben, um sich mit der Handlung an sich austoben zu können und dennoch, wenn man während dem Spiel genug Hinweise findet, das Schicksal des Schiffes und seiner Besatzung aufzuklären. Hierbei liegt es nämlich stark vom Spieler ab, wer überlebt und was man über die Geschichte erfährt.

Von der Spielmechanik funktioniert das dann absolut identisch zu „Until Dawn“ und die Geschichte wartet sogar mit einer ähnlichen Person, wie der Psychiater in „Until Dawn“ auf, der sowohl einen Thematischen Einstieg in die Geschichte, wie auch weiterführende Informationen als Übergang zwischen den unterschiedlichen Abschnitten der Geschichte gibt. Allerdings ist diese Person, die lediglich als Kurator bezeichnet wird dieses Mal nicht in die Geschichte an sich eingebettet und wir müssen in diesen Abschnitten auch keine Entscheidungen treffen, die sich auf den weiteren Verlauf der Geschichte auswirken. Dennoch liefern diese Segmente eine gute Klammer um die Geschichte und lassen das Erlebnis passenderweise wie TV-Anthologie-Serien à la Geschichten aus der Gruft wirken, was auch das Ziel der Entwickler gewesen sein scheint. Im Spiel erwartet uns eine in mehrere Akte aufgeteilte Geschichte, die jeweils nochmal in Szenen unterteilt ist. In jeder Szene steuern wir ein anderes Mitglied aus unserer Gruppe von Teenagern und müssen die Person nicht nur in Adventure-Manier durch die Areale steuern, um Geheimnisse zu finden oder die Story voranzutreiben, sondern auch immer wieder Entscheidungen für den Charakter treffen: Rennen wir Links den Gang hinunter oder versuchen wir uns irgendwo zu verstecken, helfen wir einem Charakter beim Verbarrikadieren der Tür, oder bringen wir uns lieber schnell in Sicherheit. All das sind Entscheidungen, die pro Szene auftreten. Manche sind dabei weniger relevant, als andere, manche bestimmen den Fortgang der Geschichte, manche beeinflussen die Beziehungen zwischen den Charakteren und manche haben schlichtweg auch keine Auswirkung. Das Problem ist, dass wir oft nicht wissen, was die Konsequenz unserer Handlungen sein kann und so sollte jede Entscheidung wohl überlegt sein, denn eine falsche Entscheidung kann ohne weiteres den sicheren Tod bedeuten. Wer mit „Until Dawn“ vertraut ist kennt das Prinzip bereits, denn hier haben die Entwickler das Rad nicht neu erfunden, sondern verwenden die exakte gleiche Spielmechanik als Kombination zwischen freiem Erkunden, Entscheidungen und Quick-Time-Events in Actionszenen. Und wenn ein Charakter das zeitliche segnet wird er auch konsequent aus der Geschichte entfernt. Eine ähnliche Konsequenz haben dabei auch die versteckten Sammelobjekte innerhalb des Spiels, denn nur wenn man die findet offenbart sich die gesamte Geschichte. Sachen, die wir nicht gefunden haben können mitunter wichtige Details zum Verständnis haben, die uns und den Charakteren im Spiel sonst verschlossen bleiben. Zusätzlich gibt es ähnlich wie die versteckten Totems in „Until Dawn“ Möglichkeiten einen Blick in die Zukunft zu werden, indem man Bilder mit schwarzem und weißem Rahmen findet. Dabei zeigen die Bilder mit weißem Rahmen einen Hinweis auf eine mögliche Zukunft, was genau bedeutet, dass Hinweise auf die bestmöglichen Alternativentscheidungen gegeben werden und Bilder mit schwarzem Rahmen geben Hinweise auf drohende Gefahren, die zum Tod einer Spielfigur führen können. Diese Sammelobjekte sind zwar nicht notwendig, um die Geschichte zu verstehen, können aber die Hinweise können essenziell sein, wenn man mit alle Protagonisten zum bestmöglichen Ende führen möchte.

Denn naheliegend für das Spielprinzip gibt es nicht nur viele unterschiedliche Verlaufsmöglichkeiten der Geschichte, sondern auf Grund der vielen Optionen auch unterschiedliche Enden, bei denen die extreme sein können, dass alle Charaktere überleben und es schaffen unbeschadet vom Geisterschiff zu entkommen, bis hin das alle Charaktere sterben, was einen überaus großen Wiederspielwert mit sich bringt, selbst wenn man die Geschichte schon kennt. Denn auch wenn man das Spiel in einem Durchgang, der zwischen 4 und 5 Stunden dauert beenden kann, so gibt es auch danach noch wahnsinnig viel vom Spiel, das man überhaupt nicht gesehen hat. Zusätzlich bietet das Spiel auch alternative Möglichkeiten das Spiel nochmal zu erleben, die ich jedem wärmstens ans Herz legen kann, da sie eine neue interessante Erfahrung, neben der Solo-Story mit sich bringen und das Spielerlebnis zur Abwechslung wirklich erweitern, was man wirklich nicht von allen Multiplayererweiterungen sagen kann. Man unterscheidet dabei zwischen dem Kinomodus und der gemeinsamen Story. Der Kinomodus ist die klassische Art die Geschichte mit bis zu 4 weiteren Mitspielern zu erleben. Dabei kann sich beim Spielstart jeder Spieler einer festen Charakter auswählen und beim Szenenwechsel wird der Controller an den jeweiligen Spieler weitergegeben. Am Ende der Geschichte werden dann die Aktionen der einzelnen Spieler miteinander verglichen und bewertet. Hier gibt es allerdings keine anderen Szene, als im Solo-Modus. Das ändert sich allerdings drastisch in der gemeinsamen Story, der zu zweit gespielt werden kann und jeweils unterschiedliche Blickwinkel, als in der normalen Geschichte eröffnet. Die Geschichte läuft dabei größtenteils in seiner gewohnten Form, doch wenn zwei Charaktere gemeinsam unterwegs sind und getrennt werden, was durchaus öfters im Spiel vorkommt, hat man bisher nur einen Teil der Handlung zu Gesicht bekommen. Dieser Modus zeigt beiden zeigt beiden Spielern parallel unterschiedliche Szenen mit neuem Material, was im Anschluss an fixen Punkten in der Geschichte wieder zusammengeführt wird. Besonders dieser Modus ist eine wirklich interessante Erweiterung und hält die ein oder andere Überraschung bereit, die man sonst gar nicht mitbekommen kann.

Technisch macht das Spiel auch eine gute Figur, auch wenn es stellenweise im Vergleich zu „Until Dawn“ etwas weniger spektakulär aussieht. Das mag zum einen an dem Wechsel auf die Unreal4-Engine liegen, aber zum anderen auch an etwas weniger Budget, was zwar nur einer Vermutung meinerseits ist, aber in Anbetracht der reduzierten Spielzeit und der Veröffentlichung zum Budgetpreis durchaus vorstellbar ist. Zum anderen bieten die dunklen Korridore eines Frachtschiffs weniger Möglichkeiten für spektakuläre Licht- und Schatteneffekte, wie die verschneiten Bergpfade im Mondschein bei „Until Dawn“. Das soll allerdings in keiner Weise sagen, dass das Spiel nicht stellenweise beeindruckend aussieht, aber es ist eben nur stellenweise und nicht durchgängig der Fall. Es gibt Momente, bei denen gerade die Gesichtsanimationen doch sehr künstlich aussehen. Darüber hinaus sind mir besonders in der zweiten Spielhälfte vermehrt nachladende Texturen aufgefallen, die dann doch etwas die Immersion trüben kann, auch wenn das zugegebenermaßen in Relation zum Preis eher zu vernachlässigen ist. Denn dazu muss gesagt werden, dass es viele Vollpreisspiele, die nicht nie die gebotene Qualität erreichen.

Insgesamt erkennt man deutlich die Handschrift der Entwickler wieder und auch wenn die Spiele inhaltlich nichts miteinander zu tun haben, sind gerade vom spielerischen deutliche Parallelen erkennbar. Dennoch hat man die Formel nicht 1:1 übernommen, sondern stellenweise sinnvoll weiterentwickelt. So sind die Quick-Time-Events meiner Meinung nach etwas leichter, da die Einblendungen größer sind und das Zeitfenster großzügiger daherkommt. Und gerade die Passagen, wo man ruhig sein muss ist durch unterschiedliche Intervalle, bei denen man im Rhythmus eines Puls drücken muss, sind um einiges spannender, als bei „Until Dawn“, wo es ausreichte den Controller nicht zu bewegen. Leider ist eins meiner liebsten Feature, bei dem man durch die Kamera der PlayStation in Situationen mit Jumpscares ein Foto auslösen könnte, nicht mehr im Spiel vorhanden, was aber wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass das Spiel nicht nur auf der PS4 herauskommt. Gleiches gilt auch für die Nutzung des Lautsprechers im DualShock-Controller, der bei „Until Dawn“ in bestimmten Situationen zum Einsatz kam, aber bei „Man of Medan“ stumm bleibt. Aber das alles sind wirkliche kleine Kritikpunkte, die zwar erwähnt werden sollten, aber nicht größer ins Gewicht fallen. Ich hatte wirklich eine Menge Spaß mit dem Spiel, das ich in der Zwischenzeit nun bereits mehrfach durchgespielt habe, um unterschiedliche Varianten der Geschichte zu sehen und gerade die interessante Implementierung von sinnvollen Multiplayer-Modi macht sehr viel Spaß und transformiert ein Spiel, das normalerweise eher die Erfahrung eines Einzelnen ist, in einen Spaß mit Freunden. Ich bin persönlich schon sehr gespannt auf das nächste Spiel in der Reihe, das als „The Dark Pictures: Little Hope“ betitelt ist und für das man am Ende dieses Spiels bereits einen vielversprechenden Teaser gezeigt bekommt. Ein genauer Termin für das Release, abseits von 2020, steht bislang allerdings noch nicht fest.

The Dark Pictures Anthology: Man of Medan_20190909210334

NB@13.09.2019

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