Dieses Jahr ist zweifelsfrei bisher das Jahr der hochkarätigen RPGs, denn nicht nur haben wir das langersehnte Remake von „NieR Replicant ver. 1.22474487139…„, das zu Unrecht von den meisten übergangene „Biomutant“, den Yuffie-DLC als Erweiterung des herausragenden Nextgen-Upgrades von „Final Fantasy VII Remake„, oder das gelungene „Scarlet Nexus“ bekommen, sondern die Flut an neuen RPGs ist auch noch nicht vorbei. Ein besonderer Vertreter des Genres ist dabei auf jeden Fall „Cris Tales“, ein klassisches RPG mit rundenbasierten Kämpfen, die allerdings durch Zeitreisen einen Twist bekommen und sich zusätzlich noch in einem einzigartigen Artstyle präsentiert.

Zugegebenermaßen haben Zeitreisen meist nicht nur kleine logische Probleme, dennoch finde ich die Geschichten nicht nur wahnsinnig unterhaltsam, was sie gerade dafür prädestiniert auch in übertriebenen Videospielen verwendet zu werden. Und in dieser Beziehung passt es an sich auch ganz gut, diese Mechanik in einem RPG mit vielen fantastischen Elementen zu verwenden. Unsere Protagonistin ist die junge Crisbell, die eines Tages von einem sprechenden Frosch namens Matias gesagt bekommt, dass sie eine Zeitmagierin ist, deren Bestimmung es ist die Welt zu retten. Denn die übermächtige Kaiserin plant mehrere Königreiche zu verschmelzen, was allerdings das Gefüge von Raum und Zeit zerstören würde. Auf ihrem Weg trifft sie jede Menge abgefahrene Begleiter, die zwar alle Klischees der japanischen Fantasy-Kultur repräsentieren, aber wahrscheinlich auch gerade dessen so unwahrscheinlich unterhaltsam sind.

Gleiches gilt für den Artstyle, denn die komplette Spielwelt wirkt Handgefertigt, als ob sie aus unterschiedlichen Lagen von Papier bestehen würde. Entgegen anderer Spiele, die sich daran versucht haben, beschränkt sich „Cris Tales“ aber auf eine 2D-Darstellung, die durch unterschiedliche Ebene und Scrolling der Ebenen zu einem Fake-3D aufgewertet wird, indem wir uns bewegen. Und dann ist da noch die Zeitreise, die ebenfalls in die Spielwelt eingebunden ist. Denn wir erleben sowohl Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft immer parallel, was durch eine Dreiteilung des Bildschirms geschieht. Besonders spaßig ist das, wenn wir die direkten Konsequenzen unserer Handlungen sehen, oder die Fähigkeit im Kampf einsetzten. So können wir zum Beispiel Gegner verjüngen, um sie leichter besiegbar zu machen, oder Schilde mit Wasser besprühen und die Zeit soweit vordrehen, bis die Schilde vertrösten.

Die Kämpfe laufen dabei rundenbasiert ab und orientieren sich an den Klassikern des Genres: Wir steuern einen Charakter nach dem anderen, haben die Wahl ein Item zu benutzen, einen Zauber auszuführen, anzugreifen, uns zu verteidigen, oder den Zug zu überspringen. Danach folgt eine Runde, in der der Gegner dran ist und dann können wir mit unserem nächsten Charakter spielen. Das geht so lange bis der Gegner besiegt ist, oder alle unsere Charaktere keine Energie mehr haben, was einem Game Over gleichkommt. Die Kämpfe laufen dabei sehr viel langsamer ab, als man es heutzutage gewohnt ist und bieten aber dennoch genug taktischen Tiefgang, um spannend zu bleiben. Einzig die Häufigkeit empfand ich stellenweise etwas nervig. Denn wenn wir in der Oberwelt-Karte unterwegs sind, die ähnlich wie bei Zelda in eine klassische Topdown-Ansicht wechselt und zum Einsatz kommt, wenn wir von einer Stadt zur nächsten laufen, oder einen Dungeon aufsuchten, gibt es Random-Encounters.

Gerade wenn man nur von A nach B laufen möchte ist es überaus nervig, wenn wir alle zwei bis drei Schritte, die Crisbell sich fortbewegt, in einem neuen Kampf verwickelt werden. Diese laufen nämlich, besonders in den anfänglichen Gebieten, immer nach dem gleichen Muster und gegen die gleichen Gegner ab. Alles in allem zwar nicht besonders anspruchsvoll, aber dafür monoton und repetitiv. Und so verbrauchen wir obendrein noch unsere Energie und unsere Zauberkraft, bis wir an die größeren Gegner gelangen. Selbstverständlich verdient man auch Erfahrung und bekommt auch mal das ein oder andere Item, aber hier hätte auf jeden Fall noch etwas mehr Zeit ins Balancing fließen müssen, um den Spielspaß nicht zu mildern.

Technisch macht das Spiel, vornehmlich auf Grund des Artstyle eine an sich gute Figur. Der handgemachte Cartoon-Stil hat etwas von Märchen, zumal die Inszenierung durch professionelle Sprecher und stimmige Musik auch rund ist. Einzig vereinzelte Einbrüche der Framerate, die vermehrt auftreten, wenn wir aus dem Spiel in einen Kampf wechseln, fallen mit ziemlicher Regelmäßigkeit auf. Das liegt wahrscheinlich daran, dass der Kampf noch nicht ganz generiert wurde, hätte sich aber bestimmt irgendwie vermeiden lassen, besonders wenn man die PS5-Version spielt, die durch die SSD blitzschnelle Zugriffszeiten bietet. Doch interessanterweise ist in dieser Beziehung keine Verbesserung zwischen den Versionen erkennbar.

Trotz der kleinen Kritik, die die Entwickler hoffentlich mit einem Patch zumindest noch etwas abmildern, hatte ich mit „Cris Tales“ wirklich viel Spaß. Die Geschichte ist zwar schon nach der ersten Stunde schnell durchblickt und vorhersehbar, was einige „schockierende“ Twists massiv abmildert, überdeckt diese kleinen Makel aber mit jeder Menge Charme und Charakter. So fand ich nicht nur die Spielwelt an sich, sondern auch die einzelnen Charaktere immens faszinierend und habe es mir nicht nehmen lassen einen Großteil davon, auch wenn abseits der Hauptstory, intensiv zu erkunden. Selbstverständlich wurde das mitunter von den übermäßig vielen Random-Encounters getrübt, die man aber dankenswerterweise auch über „Weglaufen“ umgehen kann, was ich erst nach einiger Zeit herausgefunden habe. Dennoch hat mich das Spiel in den etwa 45 Spielstunden wirklich gut unterhalten und daher kann ich das Spiel, mit den erwähnten Einschränkungen, auch Fans klassischer RPGs, besonders von der pathetischen und stellenweise etwas übertriebenen Gattung der JRPGs empfehlen. Besonders schön ist dabei, dass das Spiel direkt zum Lauch zum mittleren Preis angeboten wird, wo andere neue Spiele, besonders auf der PS5, übertriebenen hoch angesiedelt sind…
Entwickler: Dreams Uncorporated / SYCK / Poppy Works
Publisher: Modus Games
Erhältlich auf: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, Nintendo Switch
NB@30.07.2021
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