Konnten die letzten Teile, sowohl der langjährigen Call of Duty-, aber auch Battlefield-Reihe, die Kritiker, wie auch die Spieler überzeugen, scheiden sich dieses Jahr an beiden Veröffentlichungen die Geister. Und das ist gerade in Hinsicht auf Battlefield noch recht euphemistisch ausgedrückt. Doch wir geben alle Spielen zunächst eine reelle Chance und erlauben uns eine eigene Meinung zu bilden, wo „Call of Duty: Vanguard“, das uns freundlicherweise vom Publisher für das Review zur Verfügung gestellt wurde, den Anfang bildet. Einen Einfluss hat dieser Umstand aber selbstverständlich nicht auf die Bewertung.

Entwickelt von Sledgehammer Games, die in der Vergangenheit der Reihe zusammen mit Infinity Ward Modern Warfare 3 und eigenverantwortlich Advance Warfare und WWII geschaffen haben, bringen uns nach dem letztjährigen Ausflug in den Kalten Krieg wieder zurück in den zweiten Weltkrieg, wobei man dem Spiel aber einen neuen Spin verleiht, der es erlaubt viele unterschiedliche Areale und Setpieces zu verwenden und dennoch zusammenhängende Geschichte zu erzählen. Wir kämpfen also nicht mehr nur an einer Front, sondern an unterschiedlichen und als Premiere für die Reihe treten wir auch in Deutschland gegen Nazis in unveränderter Form an und mitsamt sonst verfassungsfeindlicher Symbole, da man sich, ebenso wie bei „Wolfenstein: Youngblood“ auf die Sozialadäquanzklausel bezieht.

Ebenso wie beim Setting geht das Spiel auch offensichtlich zurück zu den Wurzeln, denn konnte man in Cold War noch einen eigenen Charakter erstellen und in einigen Schlüsselmomenten in der Handlung unterschiedliche Dialogoptionen wählen, so sucht man diese Elemente bei Vanguard vergeblich, wobei man auch ehrlich sein muss, dass sich diese nur marginal auf den Storyverlauf ausgewirkt haben und daher wahrscheinlich deswegen zu Gunsten einer actionreicheren Inszenierung gestrichen wurden. Ich finde das zwar etwas schade, da es dem Spiel gleichzeitig etwas mehr Tiefgang verliehen hat, muss aber zugeben, hat es zu Cold War gepasst, würde es das bei Vanguard, zumindest in der strukturellen Form, nicht. War Cold War nämlich eher ein Agententhriller à la „Die drei Tage des Condor“, orientiert man sich bei Vanguard eher an „Inglorious Basterds“.

Die Handlung beginnt dabei mitten in Aktion, als wir in einer stürmischen Nacht im Jahr 1945 dabei sind, als die titelgebende Vanguard-Staffel, eine Truppe, die aus unterschiedlichen Spezialisten aus unterschiedlichen Gruppen der Alliierten zusammengesetzt ist, einen Zug auf dem Weg nach Hamburg in ihre Gewalt bringt. Das Ziel ist dabei weitere Informationen zu einem geheimen Projekt der Nazis, genannt „Projekt Phoenix“ zu finden, das Hitler die Möglichkeit geben könnte das Ruder im Ausgang des Krieges noch einmal rumzureißen. Doch der. Plan schlägt fehl und die Truppe findet sich wenig später im Gestapo Hauptquartier in Berlin wieder, wo sie von SS-Offizier Yannick Richter, gespielt von Dominic Monaghan („Lost“, „Der Herr der Ringe“), einer nach dem anderen verhört und gefoltert werden… – doch so viel zur Rahmenhandlung, denn von dort an verzweigt sich die Handlung in mehrere Abschnitte an unterschiedlichen Fronten der Kriegsjahre und beleuchtet die einzelnen Charaktere der Truppe genauer.

So sind wir beispielsweise in einer Mission mit der russischen Krankenschwester der Roten Armee Polina Petrova dabei, als die Deutschen 1942 nach Stalingrad einfallen, oder in 1944 beim britischen Sergeant Arthur Kingsley, der durch das Ausschalten von Flagg Geschützen den D-Day in der Normandie unterstützt. Weitere Schauplätze sind dann noch um die Schlachten von Midway und sogar El Alamein angesiedelt, wo sich besonders letztere massiv von den Serienstandards abhebt, sowohl was das Setting, aber auch das Spielprinzip angeht, denn von Deckung zu Deckung rennen und zwischendurch die Schiessbude absolvieren, wie noch in den ersten Teilen der Reihe, ist schon lange nicht mehr genug. So verfügt jeder der Protagonisten in „seiner“ Episode über eigene Fähigkeiten und die Episode verfolgt andere Ziele. Mal steht das Schleichen im Vordergrund, da wir unbewaffnet in feindlichem Gebiet abgestürzt sind, mal müssen wir als Scharfschütze aus der Ferne agieren und mal müssen wir eine ganze Truppe befehligten, um den übermächtigen Feind zu besiegen…

Viel mehr kann man dazu fast nicht mehr sagen, ohne zu viel Preis zu geben, denn selbstverständlich ist die Handlung in 1945 noch nicht das Ende für unsere Treppe und das Spiel wartet durchaus mit der ein oder anderen Wendung auf. So ist das Spiel im zwar immer noch ein Shooter aus dem Call of Duty-Franchise, das ist selbstverständlich nicht von der Hand zu weisen und würde sonst auch Millionen Fans unmittelbar anfangen zu protestieren lassen, doch es ist dennoch schön, dass man immer wieder Abwechslung geboten bekommt. Einziges Manko ist eindeutig das Ende, denn das kommt leider bereits nach etwa 6 Stunden Spielzeit, was an sich noch nicht so schlimm wäre, denn man erwartet es im Grunde von der Reihe nicht anders und immerhin kommt die Kampagne auch ohne erkennbare Längen aus, bietet viele tolle Setpieces und eine Menge Abwechslung. Allerdings hat sie ein verdammt großes Manko und das ist das Ende. Ohne dabei ins Detail zu gehen kommt das Ende nickt nur wahnsinnig abrupt, sondern ist im Grunde auch kein wirkliches Ende, sondern mehr ein Auftakt zu einem weiteren Spiel, wo wir überhaupt nicht sicher sein können, ob Activision Vanguard als eigene Reihe im Call of Duty-Franchise etablieren wird, wie es bekanntlich auch mit Black Ops und Modern Warfare geschehen ist, oder ob es bei diesem Teil bleibt…

Selbstverständlich kommt auch Vanguard wieder mit einem ausgefeilten Multiplayer-Modus und auch wenn das für mich in der Reihe nie den Fokus darstellt, habe ich ihn mir nach der Kampagne auch angesehen. Und auch hier hat Activision durchaus seine Hausaufgaben gemacht, denn direkt zum Launch stehen bereits mehr als 20 Karten zur Verfügung, die im Grunde alles abdecken, was man von Mehrspieler-Matches erwartet. Vier davon bieten sogar besondere Herausforderungen, da sie auf Nahkampf ausgelegt sind, was man gerade heute, wo andere Multiplayer zur Gigantomanie neigen und wo man erst mal minutenlang laufen muss, bis man kämpfen kann, ist das mal wirklich etwas Neues. Und für Veteranen sind die Zombies natürlich auch wieder mit an Bord, die ebenfalls direkt zum Launch zur Verfügung stehen…

Technisch spielt Vanguard auf wirklich hohem Niveau und sieht, besonders in Zwischensequenzen, einfach nur phänomenal aus. In den Levels bietet das Spiel zwar weniger Wow-Momente, brilliert aber dafür mit seinem Abwechslungsreichstem, was besonders durch die einzelnen Episoden, das jeweils eigene Setting und wechselnde Mechaniken hervorgerufen wird. Trotz dessen bietet das Spiel 4K bei 60fps und selbst bei besonders hektischen Szenen scheint diese durchaus zu halten, hier haben die Entwickler wirklich ganze Arbeit geleistet. Nur in ein kurzen Instanzen ist mir überhaupt ein Ruckeln aufgefallen, so wie es im Jahr 2021 auch endlich sein sollte. Der Vollständigkeit halber muss ich aber erwähnen, dass man, im Gegensatz zum Vorgänger, nach meinen Informationen auf Raytracing verzichtet hat, was aber ohnehin nur Puristen auffallen dürfte, die dann ohnehin wahrscheinlich nicht auf einer Konsole spielen. Auch das Gunplay macht wieder richtig Spaß, was auf der PS5 durch das haptische Feedback und die adaptiven Trigger unterstützt wird. Mittlerweile kennt man das zwar als PS5-Spieler, doch so wirklich satt werde ich mit diesen Spielereien immer noch nicht, zumal es leider zu viele Spiele gibt, die abseits ein wenig Rumble von nichts Gebrauch machen.

Insgesamt hatte ich mit „Call of Duty: Vanguard“ wirklich eine Menge Spaß und kann persönlich die eher negative Grundhaltung nicht ganz nachvollziehen. Es ist zwar wahrhaftig kein „Citizen Kane“, doch das ist mit Sicherheit auch nicht der Anspruch. Es ist ein Spiel, dass sie grob an der Prämisse von „Inglourious Basterds“ bedient, um uns unterschiedliche Szenarien und Setpieces vorzusetzen. In Sachen Story kann das Spiel zwar nicht mit dem dichten Writing des Vorgängers mithalten, was aber auch besonders an dem leider etwas vermurksten Ende liegen mag, das einen etwas bitteren Geschmack hinterlässt, hat aber bis dahin dennoch gut unterhalten. Ganz im Gegensatz, gerade durch den Fokus auf unterschiedliche Charaktere, die sich aus ihren jeweils eigenen Beweggründen zusammentun, um einem gemeinsamen Feind die Stirn bieten zu können, überzeugt und verleiht dem Spiel mehr tiefe, als die Schiessbude, als die es immer verschrien ist. Ich persönlich freue mich jedes Jahr auf das neue Call of Duty und wurde auch dieses Jahr keineswegs enttäuscht.
Entwickler: Sledgehammer Games
Publisher: Activision
Erhältlich auf: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S
NB@03.12.2021
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