Im Zuge der Mini-Konsolen und der aktuellen Retro-Welle hat auch die Firma ATGames, die seit einigen Jahren die Rechte haben Nachbauten vom Sega Mega Drive herzustellen und zu vertreiben. Ich habe in der Vergangenheit schon Mal über ein anderes Experiment der Firma berichtet.
Haben sich die vorherigen Outputs doch immer mehr vom Ursprung entfernt, so habt die Firma nun beschlossen wieder ein Exemplar zu veröffentlichen, das sich sehr nah am Original orientiert und das gilt in vielerlei Hinsicht, worauf wir in einem ersten Schritt genauer eingehen werden.
Das erste, was auffällt, wenn man den Kasten in den Händen hält, ist die Größe. Hat der Kasten des NES-Mini noch knapp die Größe eines durchschnittlichen Schuhkartons so hat man hier knapp die doppelt Größe, wenn nicht sogar noch größer. Ich hatte die Konsole online bestellt und war schier vor der Größe des Kastens überrascht, aber dachte noch, dass eventuell viel Umverpackung drin ist oder so. Aber weit gefehlt, denn die Konsole im Inneren ist auch kein kleines Ding, sondern ist auch knapp doppelt so groß wie das Pendent von Nintendo. Zugegeben steht auch nicht offiziell irgendwas von „Mini“ auf Packung, aber einige Versandhändler, wie auch Amazon listet des Gerät in dieser Form, wie der folgende Screenshot zeigt:
In der Packung befindet sich neben der Konsole noch einer mehrsprachigen Anleitung, ein Netzkabel, ein HDMI-Kabel und zwei kabellose 6-Button-Controller, die sogar noch 2 Zusatzknöpfe (1 x für Menü und 1 x für’s Zurückspulen) hat. Hier muss man also nicht immer an der Konsole Reset drücken, um wieder ins Menü zu kommen, wie es beim NES-Mini der Fall ist. An sich kann sich also der Lieferumfang schon ganz gut sehen lassen. Allerdings muss man berücksichtigen, dass man für die Controller Batterien braucht, denn Akkus sind leider keine verbaut. Alternativ kann man auch jeden normalen Mega Drive Controller verwenden. Die Konsole hält dafür auch 2 Ports bereit.
Optisch sieht das Gerät dem Mega Drive 1 sehr ähnlich und hat sogar einen Modulschacht und nicht nur eine Attrappe, wie beim NES-Mini. Natürlich ist das Branding diesmal von AtGames, aber sonst sieht das Gerät wirklich sehr ähnlich aus. Es verfügt über einen Power-Schalter und einen Reset-Knopf, auf dem allerdings die Konsole nicht komplett Resetet, sondern uns wieder ins Menü bringt. An der Front befinden sich zwei Controller-Anschlüsse und an der Rückseite der Stromanschluss und der HDMI-out. Der gravierende Unterschied ist hier, dass man die Konsole via HDMI an moderne TVs anschließen kann und das Bild mit 720p ausgegeben wird. Die Haptik unterscheidet sich allerdings vom Original, denn das Plastik fühlt sich weniger wertig an, als das Original, was aber nicht weiter ins Gewicht fällt, da ich das Konsole nicht negativ auslegen möchte. Hier soll eher ein umfassendes Gesamtbild für die Bewertung herangezogen werden.
Wie erwähnt verfügt das Gerät über einen Modulschacht, der laut Herstellerangaben 99% der offizielle weltweit erschienenen Module verarbeiten kann. Ich habe Stichprobenartig einige Module aus unterschiedlichen Ländern ausprobiert und konnte dabei keine Probleme feststellen. Lediglich Multicarts aus Asien oder Module mit SD-Karte, wie der Everdrive funktionieren nicht.
Zusätzlich ist auch eine recht ordentliche Bibliothek an Spielen auf dem Gerät installiert. Es gibt zwei unterschiedliche Versionen der Konsole, eine mit 85 Spielen und eine mit 82 Spielen, bei denen 3 Teile einer bekannten Prügelspielreihe weggelassen wurden. Ich habe mir die „komplette“ Version der Konsole angesehen, die aber abseits dieser drei Spiele komplett identisch sind.
85 Spiele ist zwar eine recht stolze Anzahl, aber es muss darauf hingewiesen werden, dass es sich nicht bei allen Spielen um Mega Drive-Spiele handelt, es sind neben Spielen für das Master System und den Game Gear auch sonstige Minispiele, bei denen es sich wahrscheinlich um Eigenkreationen handelt, dabei. Diese sehen so aus, als ob sie von irgendwelchen Handyspielen portiert wurden und sind nicht der Rede wert, weswegen ich sind in der Aufstellung der Spiele überspringe.
Mega Drive Spiele:
- Alex Kidd in the Enchanted Castle
- Alien Storm
- Altered Beast
- Arrow Flash
- Bonanza Bros.
- Chakan: The Forever Man
- Columns
- Columns 3
- Comix Zone
- Crack Down
- Decap Attack
- Robotnik’s Mean Bean Machine
- E-SWAT
- Eternal Champions
- Fatal labyrinth
- Flicky
- Gain Ground
- Golden Axe
- Golden Axe 2
- Golden Axe 3
- Jewel Master
- Kid Chameleon
- Mortal Kombat
- Mortal Kombat 2
- Mortal Kombat 3
- Phantasy Star 2
- Phantasy Star 3
- Phantasy Star 4
- Ristar
- Shadow Dancer
- Shining Force
- Shining Force 2
- Shining in the Darkness
- Shinobi 3
- Sonic
- Sonic 2
- Sonic & Knuckles
- Sonic Spinball
- Sonic 3D
- Super Thunder Blade
- The Ooze
- Vectorman
- Vectorman 2
- Virtua Fighter 2
Master System Spiele:
- Alex Kidd in Miracle World
- Alex Kidd in High-Tech World
- Alex Kidd the Losts Stars
- Dragon Crystal
- Fantasy Zone
- Fantasy Zone The Maze
- Phantasy Star
Game Gear Spiele:
- Baku Baku Animals
- Sonic Chaos
- Sonic Triple Trouble
- Sonic Drift 2
- Tails Adventure
Die Konsole lässt sich dank HDMI an alle modernen Fernseher ohne Probleme anschließen und diesmal ist sogar ein vollwertiges Netzkabel dabei. Man muss also nicht mit einem USB-Kabel rumhantieren, wie es beim NES der Fall ist. Eingeschaltet ist die Konsole auch umgehend hochgefahren. Es präsentiert sich ein recht minimalistisches, aber dafür auch übersichtliches Bild. Links finden wir ein Menüband, das uns zwischen den folgenden Optionen wählen lässt.
- Modulschacht
- Favoriten
- Zuletzt gespielt
- Sega Games
- Mortal Kombat
- Sonic Games
- Bonus Games
Die meisten Punkte sind dabei selbsterklärend. Die gespielten Spiele kann man als Favoriten markieren und nach dem Spielen werden sie eine gewisse Zeit in „Zuletzt gespielt“ einsortiert. Über Favoriten sind sie immer gespeichert. „Sega Games“, „Mortal Kombat“ und „Sonic Games“ sind dann die Spielelisten, der vorinstallierten Spiele. „Bonus Games“ sind die berüchtigten schlechten Zusatzspiele. Die Kategorie kann man daher getrost ignorieren. Schön gemacht ist, dass zu jedem Game der Packshot abgebildet ist und auf Knopfdruck weitere Informationen, wie die Geschichte und die Steuerung aufgelistet wird. Hier muss man allerdings erwähnen, dass die Steuerung durch die Menüs etwas „gewöhnungsbedürftig“ ist, was leider noch milde ausgedrückt ist. Denn die Menüpunkte wechselt man nicht durch das Steuerkreuz, sondern durch Tastendrücke. Eine Legende ist zwar die ganze Zeit in der linken, unteren Bildschirmecke eingeblendet, aber dennoch versuche ich immer wieder intuitiv mit dem Steuerkreuz zu bedienen. Warum diese komische Entscheidung getroffen wurde das Menü so zu steuern kann ich mir ehrlichgesagt nicht erklären.
Wie typisch für diese Neuauflagen von alten Konsolen können wir jederzeit Speicherstände anlegen und auch wieder laden. Es ist also nicht mehr notwendig weiterzuspielen, bis man an einem Speicherpunkt ist, sofern es sowas im Spiel überhaupt gibt. Falls nicht war man früher entweder gezwungen die Konsole anzulassen oder immer wieder von vorne anzufangen. Sowas gehört der Vergangenheit an. Zusätzlich kann man das Spiel über den Controller auch zurückspulen, wenn man z.B. falsch abgesprungen ist und so in einem Abgrund gelandet ist.
Wer trotz 720p die Pixel gerne etwas gröber mag kann auf Knopfdruck einen Scanline-Filter hinzuschalten, obwohl die Unterschiede zugegebenermaßen nicht so gravierend sind. Insgesamt laufen die Spiele flüssig und auch Ton-technisch gibt es keine Beanstandungen. Puristen werden wahrscheinlich die ein oder andere Diskrepanz entdecken, aber in meinen Augen ist das alles in Ordnung. Auch in Sachen Latenz gibt es nichts zu bemängeln. Im direkten Vergleich zwischen den Kabellosen Controllern zu einem kabelgebundenen wird die Aktion einen kleinen Tick schneller umgesetzt, aber insgesamt habe ich da schlimmeres erwartet. Gerade wenn man frühere Mega Drive-Klone des Herstellers ausprobiert hat, wird man hier durchaus positiv überrascht. Einzig muss man erwähnen, wo frühere Klone noch einen Slot für eine SD-Karte hatten mit dem man die Spielebibliothek durch Roms aufwerten konnte, so gibt es sowas hier nicht. Aber durch den Modulschacht kann man ja ohnehin jedes Spiel auf der Konsole spielen.
Insgesamt macht die HD-Neuauflage eine gute Figur. Die Kompatibilität ist überaus groß und das mitgelieferte Lineup kann sich auch durchaus sehen lassen. Besonders schön finde ich, dass auch mal obskurere, aber nicht zwangsläufig schlechte Spiele, wie z.B. „Chakan – The Forever Man“ oder auch „Sonic 3D“ aus auf so eine Sammlung geschafft haben. Im Gegenzug fehlen allerdings einige Highlights, wie z.B. „Streets of Rage“, was auf früheren Konsolen des Herstellers enthalten war. Die Größe hätte man meiner Meinung nach an der Konsole noch weiter optimieren können, denn das Gewicht und ein Blick ins Innere der Konsole offenbart, das so gut wie nichts drin ist. Warum man daher nicht gleich ein HD-Mini draus gemacht hat, ist nicht zu erklären. Wer gerne nochmal in die Vergangenheit von Sega einsteigen möchte und ein authentischeres Gefühl haben möchte, ist hier gut beraten. Allerdings empfiehlt es sich die Preise zu vergleichen, denn die Konsole wird in einem massiven Preisrahmen von 80€ bis 140€ angeboten. Je nachdem, wo man schaut und wie viel Glück man hat ein gutes Angebot zu bekommen, kann sich merklich auf den Geldbeutel auswirken. Das gesparte Geld kann man dann ja in ein paar Originalmodule investieren 😉
NB@13.08.2018
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