PS4 Review: „The Infectious Madness of Doctor Dekker“ – Was bietet das Verhörspiel, das auf H.P. Lovecrafts spuren wandelt?

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Ich muss ja zugeben, dass ich jeher ein Herz für die FMV-Spiele, also die Spiele, die mit echten Schauspielern und gefilmtem Szenen arbeiten, habe. Es gibt zwar viele schlechte Spiele in diesem Segment, aber eben auch gute Spiele, die diese filmische Umsetzung gekonnt benutzen. „Night Trap“ war ein interessantes Spiel aus den Anfängen dieses Garnes, aber erst in den letzten Jahren wurde die Formel unter anderem mit „Late Shift“, was quasi die gefilmte Version eines Telltale-Spiels war, perfektioniert. Das Studio hinter dem eben genannten, Wales Interactive“ hat mittlerweile ein neues Spiel in ihrem Repertoire, was für mich Grund genug war, mir das Spiel mal genauer anzusehen.

Das neue Spiel des britischen Entwicklerstudios, “The Infectious Madness of Doctor Dekker” wandelt auf den Spuren von H.P. Lovecraft und zieht sehr viel Inspiration des Spielprinzips von japanischen Visual Novels und Verhörspielen, wie zum Beispiel „Her Story“, was leider bislang nur auf dem PC erhältlich ist.

Wir spielen einen Namen- und Gesichtslosen Psychiater, der als Ersatz für den auf mysteriösen Umständen verstorbenen und titelgebenden “Doctor Dekker”, geschickt wurde, dessen Patienten zu übernehmen. Es stellt sich jedoch schnell heraus, dass wir eine weitere Agenda verfolgen, denn wie wir herausfinden ist Dekker nicht nur verstorben, sondern wurde brutal ermordet. Der Mörder ist bisher nicht gefasst, aber es kristallisiert sich heraus, dass er unter den Patienten weilt. Das Spiel ist dabei in Tage aufgeteilt, in denen wir eine wechselnde Anzahl von Patienten präsentiert bekommen und versuchen müssen, möglichst viele Informationen aus diesen heraus zu kitzeln.

Das Set ist dabei immer das Büro und wir sehen das Geschehen aus der Ego-Perspektive in wechselnden Kameraperspektiven. Vor sitzen die Patienten, die wir parallel behandeln können und mittels der Schultertaste umschalten können. Das ist ein ganz nettes Element, denn so können wir Informationen, die wir im Gespräch mit Patient „A“ erhalten haben, direkt im Gespräch mit Patient „B“ umsetzen. Zur Interaktion stehen uns pro Patient ein Fragenkatalog, ein Notizblick, in dem automatisch Schlüsselinformationen festgehalten werden, gefundene Beweismittel in Form von Fotos oder Dokumenten und eine freie Eingabemöglichkeit für zusätzliche Fragen zur Verfügung.

Die Patienten reagieren als Video auf unsere Fragen und beantworten diese. Jedoch kann auch ein Schweigen unserer Seite zu einer Reaktion führen und gerade am Anfang ist es nicht ganz klar, wie wir daher am besten vorgehen, denn wenn wir die falschen Fragen stellen besteht die Möglichkeit, dass wir unser Gegenüber nachhaltig verärgern. Die Videoaufnahmen unseres Gegenübers sind dabei gut gemacht und wirken sehr hochwertig. Diese Mechanik soll in Verbindung mit unseren Fragen dazu führen die Reaktionen der Patienten lesen zu können und in Folge dessen auch Rückschlüsse auf die Ereignisse der Vergangenheit und die letztendlich auch die Frage, wer der Mörder ist, liefern zu können.

Allerdings passen dabei in manchen Fällen die vorgelieferten Fragen nicht 100% mit den Reaktionen zusammen, was aber durch die Spielmechanik geschuldet ist: Da wir die Fragen lediglich von unserer Liste auswählen fehlt manchmal die Betonung, um genau verstehen zu können, wie die Frage gemeint ist. Den Schauspielern wurden wahrscheinlich mehr Informationen zu den Fragen und der Intention dahinter mit an die Hand gegeben, die uns leider fehlen, um die Reaktion nachvollziehen zu können. Das bleibt natürlich die Ausnahme, da die meisten Fragen nicht so tiefgängig sind und die Hintergründe eher und das „Bohren“ eher durch Folgefragen stattfindet, kann aber die Immersion leicht zerstören, die diese filmische Darbietung eigentlich schaffen will.


Hier haben die Entwickler sich meiner Meinung nach etwas übernommen, denn die Mechanik kann besonders bei den ersten Tagen bei denen wir versuchen die Patienten kennenzulernen ermüdend sein, wenn wir jedem Patienten immer die gleichen Fragen stellen und am Ende des Tages doch nicht wissen, was eigentlich passiert ist. Es ist dabei zumindest gut, dass uns das Spiel Fragen an die Hand gibt, denn das ist eine Erweiterung des Spiels, die ursprünglich nicht geplant war. Beim initialen Release des Spiels gab es diese vordefinierten Fragen nicht und wir mussten alle Fragen selbst artikulieren und von Hand eingeben, was jetzt zwar immer noch möglich ist, aber nur noch als Zusatz fungiert. Die Eingabe funktioniert sowohl über den Controller via eingeblendeter Tastatur, oder alternativ mittels Bluetooth-Tastatur, was natürlich sehr viel schneller geht. Ich habe damit aber insgesamt keine guten Erfahrungen gemacht, denn wenn die eingegebenen Frage nicht eindeutig genug ist, hat unser Patient keine Antwort für uns und entgegnet nur mit einem generischen „das weiß ich leider nicht“ oder ähnlichem…

Wir können jedem Patienten unterschiedlich viele Fragen stellen, bis das Spiel aus unerfindlichem Grund weitere Fragen an diesem Tag verweigert. Die Tage gehen entweder weiter, wenn wir allen Patienten alle verfügbaren Fragen gestellt haben, oder lassen sich auf Knopfdruck über das Menü weiterschalten, wodurch es aber sein kann, dass uns potentielle Informationen am Folgetag fehlen.

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Auch wenn das Spielprinzip sich dabei nicht verändert, so lernt man mit dem Voranschreiten der Zeit die Patienten besser kennen und mysteriöse Ereignisse häufen sich, durch das sich unsere eigene Wahrnehmung kurzzeitig verändern kann. Hier offenbart sich der Einfluss des psychologischen Horrors von H.P. Lovecraft und es gibt sogar einige Szenen, die mit sehr subtilen Mitteln auch erfahrenen Spielern einen nackten Schauer über den Rücken laufen lassen. So zum Beispiel, als uns ein Patient offenbart, dass er unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht hat, bei dem ein kleines Mädchen getötet wurde, was ihn seitdem als Geist verfolgt. Als die Kamera dann umschwenkt steht plötzlich ein kleines Mädchen mit im Behandlungszimmer. Dieser simple Effekt beschäftigt nachhaltig und soll nur einer der Beispiele sein, die zeigen, dass hier etwas wirklich nicht zu stimmen scheint. Es gibt weitere mysteriöse und erschreckende Effekte, die man besser selbst machen sollte, um den vollen Effekt des Spiels auf sich wirken zu lassen…

Insgesamt ist das Spiel eine interessante Charakterstudie, wenn es auch sehr viel weniger „Spiel“ in sich hat, als zum Beispiel „Late Shift“. Die Schauspieler agieren gut und die düstere Geschichte, kommt zwar am Anfang etwas schleppend in Gang, schlägt danach aber umso tiefer ein, wenn man sich darauf einlässt. Die Spielzeit ist klar von unseren Fragen und der Möglichkeit die Patienten zu lesen abhängig. Die Spielverläufe sind dabei zufallsgeneriert und so kann der Killer bei jedem Durchlauf jemand anderes sein, was für einen hohen Wiederspielwert sorgt.

NB@18.09.2018

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