Entwickler Atlus liebt es auch nach einem Release weiter an den Spielen zu feilen und Erweiterungen vorzunehmen, die weit über gewöhnliches Bugfixing hinausgehen. So wurde uns bereits im letzten Jahr mit „Catherine Full Body“ die Neuauflage eines meiner liebsten Spiele der letzten Generation für moderne Hardware beschwert. Und nun bekommen wir mit „Persona 5 Royal“ wieder so eine umfassende Überarbeitung. Der Unterschied ist nun, dass es bei „Catherine“ ursprünglich eher um ein Nischenprodukt gehandelt hatte, das gleichzeitig auf die aktuelle Konsolengeneration portiert wurde und bei „Persona 5“ um ein noch gar nicht so altes Spiel, das gleichzeitig noch als eines der besten JRPGs gefeiert wurde. Daher drängt sich zwangsläufig die Frage auf, was die Neuauflage verändert und ob sich der Update überhaupt lohnt? – Um das heraus zu finden habe ich mir „Persona 5 Royal“, das mir dafür freundlicherweise von Deep Silver/Koch Media, dem Publisher im deutschsprachigen Raum, kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde. Einen Einfluss hat dieser Umstand selbstverständlich nicht auf mein Fazit.

Die Persona-Reihe ist ein Spin-off der besonders in Japan überaus erfolgreichen, obgleich im Westen eher unbekannten Megami Tensei-Reihe. Persona gibt seit 1996 und „Persona 5“ stellt den mittlerweile 6. Teil der Reihe dar, was dadurch begründet ist, dass es zwei separate 2. Teile gibt, die jeweils einzeln im Kanon der Reihe gezählt werden. Zusätzlich gibt es mit „Persona 3 FES“, „Persona 4 Golden“ und nun „Persona 5 Royal“ von drei Teilen überarbeitete Versionen der ursprünglichen Veröffentlichungen und die ebenfalls bereits thematisierten Persona Dancing-Spiele. Und trotz der Fülle an bisherigen Spielen kann man auch mit dem aktuellen Teil einsteigen, ohne dass maßgebliche Informationen vermisst werden, da Atlus den Teil als soft-Reboot das in Form von Rückblenden die Hintergrund- und Entstehungsgeschichte thematisiert. Denn gleich zu Beginn des Spiels sind wir live dabei, wie der charismatische „Joker“, Mitglied und Anführer der Freiheitskämpfer, genannt die Phantom Thieves of Hearts. Joker, dessen echten Namen wir im späteren Spielverlauf frei vergeben können, wird bei einem Einbruch in ein Casino von einer Überzahl von Polizei gefangengenommen und in Handschellen abgeführt. In Gewahrsam wird verhört und erzählt, wie er den Weg ins Metaverse gefunden hat, die anderen Mitglieder der Phantom Thieves of Hearts kennengelernt hat und was es eigentlich mit den Titel-gebenden Personas auf sich hat.

Dabei beginnt das Spiel nach der bombastischen Eröffnungssequenz in der ersten Rückblende recht gemächlich. Der jugendliche Straftäter Joker muss sein zu Hause und seine Familie verlassen und kommt in Tokyo an. Dabei hätte er durchaus anstatt mit einer Jugendstrafe im Grunde eher einen Orden verdient, denn er hat eine junge Frau vor einem sexuellen Übergriff bewahrt, indem er den Angreifer abgewehrt hat. Jedoch handelte es sich beim Angreifer um einen reichen Geschäftsmann, der Joker danach auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt hat. Seitdem ist nichts mehr wie vorher und der einzige Ausweg scheint die komplette Veränderung des kompletten sozialen Umfeldes zu sein: Neuer Lebensraum, neue Schule und neue Kontakte, wobei die meisten Menschen ihm gegenüber mehr argwöhnisch und abweisend sind.

Von dort an wechselt das Spiel zwischen zwei unterschiedlichen Gameplay-Mechaniken, die von hochwertig produzierten Anime-Sequenzen verbunden sind, die wie der Rest des Spiels wahlweise in Japanisch mit englischen Texten oder einer hochwertigen englischen Synchronisation zur Verfügung stehen. Die eine Mechanik ist das alltägliche Leben unserer Hauptfigur. Schulbesuch, einkaufen, lernen, usw. die von ihrer Komplexität zwar meilenweit von Sega’s Yakuza-Reihe entfernt sind, aber durchaus daran erinnern. Jeder Tag ist dabei in eine bestimmte Anzahl von Stunden aufgeteilt und es liegt an uns den Tag mit Haupt- und Nebenmissionen zu füllen. Die andere Mechanik sind JRPG-typische Dungeons von unterschiedlicher Größe, die sich im Metaverse, der düsteren Paralleldimension abspielen.

Im Metaverse zeigen sich die Dinge, wie sie wirklich sind und die finsteren wahren Gesichter der korrumpierten Menschen zeigen sich. So ist der eingebildete Sportlehrer der Schule plötzlich ein Tyrann, der anstatt in der Schule in einem riesigen gotischen Schluss residiert. In dieser Welt verwandeln sich die Schüler mit Unterstützung der mächtigen Personas in alternative Persönlichkeiten. Dabei schalten wir im Spielverlauf unterschiedliche Personas frei, die jeweils unterschiedliche Fähigkeiten, Stärken und Schwächen mit sich bringen und daher mit Bedacht ausgerüstet werden müssen. Die Kämpfe laufen dabei in klassischer RPG-Manier rundenbasiert ab und erfordern ein taktisches Vorgehen, da unterschiedliche Angriffe unterschiedliche Hitpoints austeilen, teilweise die Gegner lähmen oder uns zusätzlich erlauben Items einzusetzen, was über Sieg oder Niederlage entscheiden kann, da der Gegner danach ähnliche Optionen zur Verfügung hat. Gerade bei stärkeren Gegner oder Bosse kann das durchaus nervenaufreibend werden…

Soweit treffen die Ausführungen allerdings auch auf die 2017er Erstauflage des Spiels zu. Doch was macht die Neuauflage anders und ist der Aufpreis gegenüber der Erstauflage gerechtfertigt? – Denn auch wenn das ursprüngliche „Persona 5“ ein wirklich tolles Spiel und eins der besten Exklusiv-Spiele für Sony’s Konsole ist, war es dennoch nicht perfekt. Der Meinung waren allerdings auch die Entwickler und haben neben Bugfixes und einigen Erweiterungen auch an den Mechaniken gefeilt. Da es zweifelsohne den Rahmen sprengen würde auf alle Änderungen einzugehen, beschränke ich mich auf die gravierendsten:
- Erweitertes Kampfsystem: Das Kampfsystem wurde umfassend überarbeitet, indem viele kraftvolle Moves nicht mehr hinter einem Stufenrang versteckt sind, was dazu geführt hat, dass man sie erst entweder spät im Spiel oder nach einer Menge Grinding benutzen konnte. Weiter wird die Munition für die Pistolen nun nach jedem Kampf, anstatt nach jedem Dungeon nachgefüllt, was dafür sorgt, dass man sie endlich öfter benutzen kann und sie nicht nur nutzloses Beiwerk sind.
- Überarbeitete Dungeons: Die Dungeons wurden umfassend von ihrem Layout her angepasst und bieten gleichzeitig mehr Abwechslung, was hauptsächlich damit zusammenhängt, dass wir nun gleich vom Anfang an einen Enterhaken im Repertoire haben, der Vertikalität dazu bringt.
- Neue Charaktere: Spieler von „Persona 5“ werden bereits im Intro von „Persona 5 Royal“ ein paar Überraschungen erleben, denn zusätzlich zur neuen voll animierten Intro-Sequenz mit toller musikalischer Untermalung, die mit Anime-Serien wie Sailor Moon ohne weiteres mithalten kann, treffen wir in der Eröffnungssequenz auf einen von mehreren neuen Charakteren, die wir im Spielverlauf unserem Raster hinzufügen können und die einige tolle Fähigkeiten mit sich bringen.
- Mehr Umfang: Das eigentliche Spiel war auf den Zeitraum eines in-Game Jahres, bzw. zwei Schulhalbjahre angelegt, die wir gemeinsam mit dem Charakter durchlebt haben, wird das Erlebnis mit „Royal“ um ein weiteres Halbjahr erweitert. Das klingt erst einmal nicht besonders spektakulär, doch erweitert das Spiel um satte 30 Stunden Spielzeit. Und damit diese zusätzlichen Stunden nicht nur eine Verlängerung der Spielzeit zum Selbstzweck darstellen gibt es selbstverständlich auch viele neue Missionen, die besonders die neuen Charaktere in den Fokus stellen. Zusätzlich gibt es über die bereits vorhandenen Enden auch zwei weitere dazu, was die Neuauflage durchaus auch für Leute interessant macht, die die Erstveröffentlichung bereits gespielt haben.

Technisch kann sich das Spiel auch wirklich sehen lassen. Zwar läuft das Spiel auch auf der PS4 Pro, entgegen früherer Berichte nicht mit 60fps, sondern nur mit 30fps, fällt aber dennoch nicht negativ auf, da das Spieltempo allgemein etwas gemächlicher daherkommt. Auf der PS4 Pro läuft das Spiel dabei in 4K mit HDR-Support und sieht auch wenn es im Herz natürlich immer noch ein Spiel von 2017 ist, echt schick aus, was auch viel dem einzigartigen Artstyle geschuldet ist. Comichafte Anime-Grafik, überzeichnete Effekte und starke Kontraste heben das Spiel von ähnlich gelagerten Spielen ab. Zusätzlich werden die Zwischensequenzen in hochwertig produzierten Filmen erzählt, die auf dem Niveau von Anime-Serien im TV wandeln und die Gameplay-Sequenzen gekonnt miteinander verbinden.

Besonders erwähnen muss man dabei die neu hinzugefügten Szenen, die es nur in „Royal“ gibt und die sich nahtlos in die bestehende Narrative einfügen. Wenn man das ursprüngliche Spiel nicht kennt ist es unmöglich zu erkennen, was bereits bestehendes Material war und was hinzugefügt wurde. Ähnlich war es auch schon bei „Catherine Full Body“ der Fall und „Persona 5 Royal“ steht dem in keiner Weise nach.

Insgesamt hatte ich mit dem Spiel nochmal genauso viel Spaß, wie bei seiner ersten Veröffentlichung und auch wenn die grundlegende Geschichte selbstverständlich identisch ist, so wirken sich die Neuerungen durchweg positiv auf ein bereits herausragendes Spiel aus und machen es noch besser. Der passendste Vergleich wäre dabei wahrscheinlich ein verlängerter Director’s Cut zu einem bereits guten Film, der der Handlung mit erweiterten und neu-hinzugefügten Szenen mehr Tiefgang im Rahmen des bekannten Verlaufs verleiht. Man braucht diese Erweiterung zwar nicht, aber in diesem Zusammenhang muss auf jeden Fall sagen: Mehr ist besser!
Entwickler: Atlus / P-Studio
Publisher: Atlus / Deep Silber / Koch Media
Erhältlich auf: PS4
NB@31.03.2020
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