Als „River City Girls“ vor zwei Jahren auf der (mittlerweile) Lastgen erschienen ist, hatte ich eine Menge Spaß mit dem Titel, der sich mittlerweile sogar vom inoffiziellen Nachfolger zu „River City Ransom„, zum offiziellen Eintrag in die Kunio-Kun-Reihe gemausert hat, indem die Rechteinhaber Arc System Works, der Fremdentwicklung damit den Ritterschlag verliehen. Und da das Spiel gerade nochmal auf der PS5 veröffentlicht wurde, war das Grund genug sich das Spiel noch einmal anzusehen…

Da der ursprüngliche Rechteinhaber Technos nicht mehr existiert und die Rechte bei Arc System Works gelandet sind, die allerdings nicht selbst entwickeln, hat man sich die Pixelkünstler von WayForward für die Entwicklung an Bord geholt, da diese sowohl mit dem Brawler-Genre, durch die Entwicklung von „Double Dragon: Neon“ und aber auch dem offenen Spielprinzip, was auf RPG-, oder im übertragenen Sinn auch Metroidvania-Pfaden wandelt, mitbringen. Denn nicht nur ist WayForward für die überaus populäre Shantae-Reihe verantwortlich, sondern auch das überraschend gute Lizenzspiel „The Mummy Demastered“, das im Direktvergleich zum Film fast eine Offenbarung darstellt, stammt von den talentierten Entwicklern.

Wie beim direkten Vorbild „River City Ransom“ hat man in diesem Spiel beide Prinzipien klassischer Brawler, mit einer semi-offeneren Spielwelt und RPG-Elementen kombiniert und ein nicht nur knallbuntes und schönanzusehendes Spiel in liebevoller Pixeloptik, sondern auch spielerisch überzeugendes Game abgeliefert, auch wenn die Prämisse des Spiels erst einmal alles andere, als besonders aufregend ist… – Denn, wie wir bereits im Intro des Spiels erfahren ist der Aufhänger des Spiels lediglich, dass Kunio und Riki, die Protagonisten aus dem Original (zumindest in der japanischen Fassung, da die westliche Fassung veränderte Namen hatte) entführt wurden und es ist damit dieses Mal an ihren Freundinnen, Kyoko und Misako, ist die beiden zu befreien. Und das führt sie einmal quer durch ihre Stadt, wo ihnen gefühlt alles und jeder ans Leder möchte. Also im Grunde die Story des Originals mit umgekehrten Rollen, zumindest von der Prämisse.

Doch entgegen des Originals haben wir zuvor ein für die Protagonisten sehr viel akuteres Problem, denn so ist der erste Schritt dabei dem übermäßig-langweiligen Matheunterricht und den weitläufigen Hallen der Schule zu entfliehen, die die Ambitionen der beiden korrumpieren. – Und auch wenn der Mathelehrer sich ihnen nicht versucht in den Weg zu stellen, so mobilisiert der Direktor alle anderen Kampflustigen Schüler, um die beiden vom Verlassen der Schule abzuhalten. Wir kämpfen uns dabei wahlweise mit Kyoko oder Misako, bzw. optional natürlich auch mit beidem im Co-Op durch die Schule, die sich durch unterschiedliche Areale, wie Klassenzimmer, Schulflure, Turn- und Schwimmhalle, Mensa bis zur Eingangshalle und Außenbereiche erstreckt, was aber dabei hauptsächlich als ausgedehntes Tutorial fungiert. Dort lernen wir neben den allgemeinen Steuerungsoptionen und den ersten Spezialfähigkeiten auch den Umgang mit unserem Smartphone, das als Steuerungs- und Übersichtseinheit für weiterentwickelte RPG-Elemente des Vorgängers fungiert.

Denn auch wenn diese sich am Anfang des Spiels nur recht zögerlich integrieren, so öffnet sich die Spielwelt nach dem Verlassen der Schule komplett und wir finden uns in einer offenen Spielwelt wieder, die wir entsprechend unserer Fähigkeiten und aktiven Missionen frei erkunden können. Für jede Aktion und jeden besiegten Gegner verdienen wir neben Geld auch XP, mit der wir uns und unsere Fähigkeiten mit der Zeit verbessern können oder Dinge in der Spielwelt freischalten. Natürlich ist die Spielwelt nicht so groß und ausufernd, wie in einem klassischen Metroidvania und abgesperrte Bereiche erfordern meist entweder ein konkretes Item oder eine aktive Mission, damit wir den Bereich betreten können, aber dennoch liefert die Welt genug Freiheiten, um sich auch abseits der Geschichte gerne darin zu bewegen und sie zu erkunden. So gibt es neben unzähligen Geschäften, in denen wir Items kaufen können, die wir später über unser Smartphone jederzeit bei Bedarf verwenden können auch neue Moves zum Erlernen, versteckte Sammelobjekte und Bereiche, sowie ein in Haupt- und Nebenmissionen gegliedertes Fortschrittsystem, was das Spiel durchaus von der Masse abhebt…

Zum Beginn des Spiels ist das Moveset dabei recht überschaubar und besteht im Grunde nur aus eine Gehen, Springen, Rennen (Doppelklick der Richtungstaste), sowie einem leichten und einem schweren Angriff, doch lässt sich im Spielverlauf durch freischaltbare Spezialmoves und Combos immens ausbauen. Diese Moves lassen sich ebenfalls jederzeit über das Smartphone einsehen, damit man keinen davon vergisst und so kann man in Windeseile in bester Ninja Gaiden-Manier an Wände springen, um sich mit einem kräftigen Tritt wieder abzudrücken und macht auch mit größeren Gegnermassen kurzen Prozess. Und da das Kämpfen mit einem Freund zusammen immer mehr Spaß macht und Friendly Fire, wie im Original allerdings den Spaß trübt, kann diese Option wahlweise ein- und ausgeschaltet werden.

Technisch konnte das Spiel bereits auf der PS4 überzeugen und das zieht sich selbstverständlich auch auf die PS5-Version durch, auch wenn es dort selbstverständlich ein paar Anpassungen an die moderne Hardware gibt. Auch wenn man sich in Sachen Präsentation für eine (zunächst unspektakulär anmutende) Neo-Retro-Pixeloptik entschieden hat, so ist das Spiel dennoch auf der Höhe der Zeit und die ziemlich großen Charaktersprites, unterschiedlichen Animationsphasen und jeder Menge Details. Darüber hinaus ist das Spiel komplett vertont, verfügt über jede Menge Cutscenes, die ebenso hochwertig, wie das Intro gemacht sind und hat einen überragenden Soundtrack, der es mir so angetan hat, dass ich ihn wenig später separat als Audiodownload nachgekauft habe, um ihn auch unterwegs hören zu können. Die Animationen sind flüssig und auch wenn immer wieder gegen die gleichen Gegnertypen kämpft, werden diese durch unterschiedliche Farbvariationen dennoch voneinander abgehoben, zumal es ohnehin mehr unterschiedliche Gegner gibt, als bei vielen Vertretern des Genres per se. Auf der PS5 unterstützt das Spiel jetzt die Funktionen des DualSense, samt adaptiven Triggern und sogar dem verbauten Lautsprecher und profitiert inhaltlich von schnelleren Ladezeiten und liefert selbstverständlich flüssige 60fps. Besitzer der PS4-Version können übrigens gratis auf die Nextgen Upgrades, ohne nochmal zur Kasse gebeten werden.

Insgesamt hatte ich mit „River City Girls“ auch erneut wirklich viel Spaß und auch wenn das Pacing und das Balancing an der ein oder anderen Stelle etwas abfällt, was aber nachvollziehbar ist, da das Spiel versucht dem Klassiker nach zu fühlen. Anfangs könnten nicht so geübte Spieler des Genres auch leicht frustriert werden, da das Spiel uns mit einer etwas steileren Lernkurve konfrontiert, als man es heutzutage eigentlich gewohnt ist. So braucht man entweder genug Muße, einen guten Co-op-Partner, was das Spiel um einiges leichter macht, oder einfach Zeit um zu grinden, bis man bessere Moves und genug Geld zum Kaufen von Waffen hat. Gerade bei den Bossen oder bei einer Übermacht an Gegnern hat man sonst erst einmal seine Probleme, wenn man nicht die richtigen Items im Gepäck hat. Mit seinen knapp 5-6 Stunden Spielzeit, bis man das Ende sieht hat es auch eine angenehme Spielzeit und da es unter anderem auch alternative Charaktere zu spielen freizuschalten gibt, die ich hier natürlich nicht spoilern möchte, gibt es auch Langzeitmotivation. Nachdem das Genre jahrelang mehr tot als lebendig war, ist es schön, dass es durch kleinere Entwickler, wie WayForward, ein wahres Revival erfahren hat, was uns nicht nur einen bereits in Entwicklung befindlichen zweiten Teil, sondern auch ein Demake der Vorgeschichte bringt, die demnächst erscheinen werden. Eine absolute Empfehlung.
Entwickler: WayForward
Publisher: Arc System Works
Erhältlich auf: PS4, PS5, Xbox One, Nintendo Switch
NB@31.01.2022
—Hinweise & Disclaimer—
Wenn euch der Beitrag gefallen hat würde ich mich natürlich über eure Likes, Retweets, Abos oder auch Feedback freuen. Gleiches trifft aber auch zu, wenn ich eurer Meinung nach etwas hätte besser machen können. Konstruktive Kritik hilft bekanntlich nur, wenn man sie auch bekommt, also lasst es mich einfach wissen.
Die verwendeten Bilder und/oder Screenshots wurden, wenn nicht anders angegeben, vom Autor selbst erstellt und dienen zur Unterstützung des Berichtes. Das Copyright an der dargestellten Sache, bzw. dem Spiel bleibt davon selbstverständlich unberührt und verbleibt beim ursprünglichen Rechteinhaber.
2 Kommentare