Als „Horizon Zero Dawn“ 2017 erschienen ist hat es viele Spieler überrascht. Zwar hat sich das niederländische Entwicklerstudio Guerilla Games bereits mit der überaus erfolgreichen Killzone-Reihe einen Namen gemacht, doch der Wechsel von einem stark geskripteten Ego-Shooter zu einem Story-fokussiertem Open World-Actionspiel aus der 3rd Person ist ein großer Sprung. Doch das Studio eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie mehr können als immer das Gleiche zu machen und hat gleichzeitig eines der erfolgreichsten Spiele der letzten Generation geschaffen. Die Frage ist nur, ob dieser Glücksgriff mit der Fortsetzung „Horizon: Forbidden West“ noch einmal gelungen würde und sich das Spiel gar in die Riege der Fortsetzungen einreihen könnte, die den Erstling übertreffen, wie es „Mass Effect 2„, „Assassin’s Creed 2″, oder auch “ Uncharted 2: Among Thieves“ getan haben, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

„Horizon 2“ ist eine fast nahtlose Fortsetzung, indem das Geschehen unmittelbar an das Ende des ersten Teils anknüpft, wodurch das Ende des ersten Teils gespoilert wird, sofern man das Spiel noch nicht gespielt hat. Denn auch wenn die unmittelbare Gefahr am Ende des ersten Teils gebannt schien, ist Zero Dawn-Protokoll immer noch aktiv und die Welt liegt im Sterben. Die einzige Chance für Aloy die Zerstörung abzuwenden ist ein Backup der KI zu finden, die das Protokoll abwenden kann, was sie weit über die Grenzen der ihr bekannten Welt hinaus, in den titelgebenden „verbotenen Westen“ führt, wo wir auf komplett neue Gefahren treffen, die alles bisherige in den Schatten stellen…

Dabei baut das Spiel auf dem Grundstein auf, den der Erstling gelegt hat, ohne sich dabei groß mit Einführung und Backstory von Charakteren und Spielwelt beschäftigen zu müssen und sich stattdessen auf das Finetuning und Hinzufügen neuer Ideen und Mechaniken konzentrieren. Erhalten geblieben sind dabei selbstverständlich die aufwendigen Setpieces, die offene Spielwelt, die neben ihren vielen unterschiedlichen Biomen auch unzählige Siedlungen, unzählige Haupt- und Nebenquests und eine interessante Geschichte bereithält. Die Spielwelt ist dabei zwar ungefähr gleich groß, wie beim Vorgänger, besticht aber mit noch mehr Abwechslung, durch neue Feinde und Freunde, mehr Variantenreichtum der Missionen, neue Kampffähigkeiten und Gadgets, wie ein Plasma-Schild, oder sogar einen Gleitschirm und einige wahrhaft beeindruckende Elemente, wie zum Beispiel die Überreste von San Francisco, sowohl über, wie auch unter Wasser.

In Sachen Umsetzung hat Guerilla Games durchaus die Hausaufgaben gemacht, denn litt beim Erstling stellenweise das Pacing, besonders wenn man sich in den unterirdischen Bunkern auf die Suche nach Upgrades machte, was zu sehr in die Länge gezogen war, oder einige Nebenquests folgten eher der Devise Masse, statt Klasse, so gehört das fast durchgängig der Vergangenheit an. Zwar gibt es noch das ein oder andere Quest, das stellenweise an eine Schnitzeljagd erinnert, doch insgesamt ist das Gesamtpaket stimmiger und fast alles fühlt sich sinnvoll an und oftmals ist es nur durch einen Blick ins Log ersichtlich, ob wir in gerade in einer Haupt-, oder Nebenmission befinden, oder gar durch Zufall etwas auf unserem Weg gefunden haben, das wir genauer untersucht haben.

Jedoch ist keineswegs alles Gold, was glänzt, denn interessanterweise strauchelt das Spiel gerade am Anfang der in etwa 30-40 Stunden langen Reise etwas, was besonders auffällt, wenn man erst kürzlich den Vorgänger nochmal gespielt hat. Denn nicht nur hat Aloy nahezu alle ihre Fähigkeiten und Gadgets aus dem Vorgänger „vergessen“, um sie neu zu erlernen, oder durch Alternativen zu ersetzen, sondern ist dabei auch übermäßig restriktiv. Das Spiel gibt uns genau vor, was wir wie zu tun haben und wir haben dabei so gut wie keinerlei Spielraum, also quasi so, als ob man mit Stützrädern unterwegs ist. Darunter leidet nicht nur das Pacing, sondern es fühlt sich dadurch schon fast langweilig an, was sich erst legt, wenn sich die Spielwelt öffnet und wir komplett frei agieren können. Man könnte argumentieren, dass dieser langsame Einstieg gewählt wurde, um neue Spieler besser abzuholen und in Sachen Gameplay dürfte das durchaus gut funktionieren, wäre da nicht das Problem mit der fehlenden Hintergrundgeschichte.

Zwar gibt es ein kurzes Recht à la „Was bisher geschah…“, doch versucht möglichst viel Informationen in so wenig Zeit, wie möglich zu packen und lässt dennoch immens viel weg. So sind viele Anspielungen auf den Erstling in Gesprächen, auf die Hintergründe von Aloy selbst, oder Personen, die man kennen sollte, oftmals nicht nachvollziehbar und machen es schwer zu folgen, oder gar nachvollziehen zu können. Dadurch wird mehr als deutlich, dass sich die Entwickler mit dem Einstieg ebenso schwer getan haben müssen, sonst wäre das Ergebnis nicht so unausgewogen. Erst wenn wir die alte Welt hinter uns gelassen haben und in den Forbidden West aufbrechen nimmt das Spiel und seine Handlung massiv an Fahrt auf und fühlt sich auch wieder „rund“ an, was aber je nach Erkundungsdrang durchaus 2-4 Spielstunden dauern kann.

Spielerisch ist alles beim Alten und dennoch irgendwie neu, denn sowohl von den Fähigkeiten, die sich dieses Mal über gleich mehrere Talentbäume unterschiedlicher Attribute verteilen, bis hin zu den verfügbaren Waffen und Gadgets wird viel auf die persönliche Entwicklung und Personalisierung seitens des Spielers gesetzt. So ist zwar immer noch der Bogen die hauptsächliche Waffe, mit der Aloy in den Kampf zieht, bietet aber viel mehr Variationen, durch unterschiedliche Bögen, Munition, Verbesserungen und ausrüstbare Perks, sondern wird auch durch weitere Waffen ergänzt, die man über das klassische Waffenrad auswählen und auch im Gefecht wechseln kann. Ähnlich sieht es mit den Fähigkeiten aus, hat Aloy einige rudimentäre Fähigkeiten direkt zum Beginn im Gepäck, so erlauben die Talentbäume eine Spezialisierung entsprechend des eigenen Spieltyps: gehen wir eher schleichend vor, investieren wir dort, glänzen wir eher im Nahkampf, setzen wir hier unseren Fokus, und so weiter. Das wirkt dabei nicht RPG-lastig, sondern ist es in Kombination mit jeder Menge an unterschiedlichen Ressourcen und Loot auch durchaus.

Technisch ist das Spiel eine wahre Augenweide, was sowohl auf die PS4-, wie auch die PS5-Version zutrifft, wäre da nicht in beiden Versionen spürbares Popin, was überraschenderweise besonders häufig in den Zwischensequenzen auftritt und hoffentlich mit Updates noch verbessert wird. Abseits davon schlägt die Lastgen zwar mit sehr viel längeren Ladezeiten, nicht überspringbaren Cutscnenes, fehlender DualSense-Implementierung und gelegentlichen Rucklern zu Buche, ist das Spiel auch da noch vollkommen gut spielbar, wenn man noch keine PS5 bekommen hat. Das Spiel kommt mit Gratis Upgrade-Funktion und lässt auch die Übernahme des Spielstands von der PS4-Version zu, wenn man später umsteigt. Allerdings wurden auf der PS4 sowohl Details, wie auch Partikeleffekte zurück geschraubt und das Spiel läuft nur mit 30fps und einer HD-Auflösung. Auf der PS5 gibt es hingegen zwei Modi, Grafik und Performance, wobei der erste 4K bei 30fps und der zweite eine variable Auflösung bei 60fps bietet. Als Sprecherin von Aloy setzt Ashly Burch ihre professionelle und glaubwürdige Interpretation fort und auch die anderen Rollen sind gut besetzt, wobei die Hollywood-Stars Angela Bassett und Carrie–Anne Moss dem Ensemble noch mehr Flair verleihen.

Insgesamt ist „Horizon: Forbidden West“ ein wirklich tolles Spiel geworden, auch wenn der Einstieg durchaus etwas besser gewählt worden sein könnte. Nichts desto Trotz ist das Spiel eine gelungene Weiterentwicklung des bereits sehr guten ersten Teils, sowohl in Sachen Narrative, aber auch Gameplay. Die neuen Gadgets erlauben es Aloy mehr Bewegungsfreiheit, weswegen die Spielwelt auch mehr auf ihren Einsatz ausgelegt ist und zum Beispiel mehr Vertikalität einbaut, wo hingegen sich der Erstling mehr auf die horizontale Konzentrierte. Besonders haben mir auch die neuen Gegnertypen, seinen es feindliche Stämme, oder die neuen Robo-Dinos gefallen, die selbst erfahrene Spieler aus ihrer Komfortzone holen, da man sein Vorgehen entsprechend der Gegner anpassen muss. Lobenswert muss auch das Missionsdesign hervorgehoben werden, dass jetzt eher Witcher-Züge annimmt und die mondäne Schnitzeljagd zur Ausnahme werden lässt. Jedoch ist das Spiel, auch auf der PS5, bisher noch nicht fehlerfrei und auch wenn grobe Schnitzer während meinem Durchspielen ausgeblieben sind, stört mich persönlich gerade Popin doch stark, da es mit der Immersion bricht. Ich bin jedoch überzeugt, dass Guerilla auch an dieser Stelle noch nachbessern wird und das Spiel bald fehlerfrei laufen wird. Wer mit dem ersten Teil seine Freude hatte kommt an dieser Fortsetzung meiner Meinung nach nicht vorbei, doch wer den Erstling noch nicht gespielt hat, sollte diesen am besten Vorher spielen, um nicht zu sehr von der Handlung des zweiten Teils überrollt zu werden.
Entwickler: Guerilla Games
Publisher: Sony Interactive Entertainment
Erhältlich auf: PS4, PS5
NB@04.03.2022
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Gerade habe ich mich noch etwas über die Popins beschwert und da gehören sie schon der Vergangenheit ein, denn mit dem aktuellen Update auf Version 1.06 des Spiels wurde das Problem von Guerilla gefixt. So muss es sein! 😁
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