Es gab mal eine Zeit, als Bioware ein Garant für tolle RPG-Unterhaltung stand, sei es die Mass Effect-Reihe, „Knights of the Old Republic“, oder auch die Dragon Age-Reihe, es schien lange so, als ob das Studio, das seit 2007 zu EA gehört, unfehlbar wäre. Erst die jüngste Vergangenheit, mit dem leider nur durchschnittlichen „Mass Effect: Andromeda“, aber auch dem massiven Flopp „Anthem“, haben dem Trackrecord massiv geschadet, wobei man sich durchaus darüber streiten kann, was die genauen Gründe dafür sind. Doch das soll auch gar nicht das Thema sein, denn wir wollen uns hingegen mit der Blütezeit von Bioware, bzw. konkret der Mass Effect-Trilogie beschäftigen, die nach ihrer ursprünglichen Veröffentlichung auf PS3 und Xbox360 nun ihr Debüt auf der PS4 gibt. Dabei beschränkt man sich auf die ursprüngliche Trilogie, die inhaltlich abgeschlossen und losgelöst von Andromeda steht, die man nun als „Mass Effect: Legendary Edition“ in einem überarbeiteten Paket anbietet.

Darin enthalten findet man neben den drei Teilen, die über das Hauptmenü auch separat anwählbar sind, wenn man nicht chronologisch vorgehen möchte. Weiter findet man fast alle ursprünglich separat erhältliche DLCs in der Sammlung, wobei lediglich ein kleiner Teil nicht enthalten ist, was aber nicht durch die Nachlässigkeit der Entwickler, sondern äußere Gegebenheiten begründet ist, da zum Beispiel der Quellcode des Pinnacle Station-DLCs leider nicht mehr verfügbar war. Das ist zwar schade, ist aber leider der Lauf der Zeit, denn nichts bleibt für die Ewigkeit. Dennoch wurden insgesamt weit über 40 unterschiedliche DLCs, von kompletten Erweiterungen, bis hin zu kleinen kosmetischen Paketen, nahtlos in die Sammlung integriert, was besonders im Fall von „Mass Effect 3“ ein absoluter Segen ist, da sich das echte Ende in der ursprünglichen Veröffentlichung hinter der Paywall in Form eines DLCs verbarg, was irgendwann irreversibel für neue Spieler verloren geht, wenn die Server abgeschaltet werden. – In dieser Beziehung muss man Bioware schon einmal ein dickes Lob aussprechen, dass sie alles miteinander verwoben haben, um eine konsistente Erfahrung zu liefern.

Gleiches betrifft die allgemeine Präsentation, denn auch wenn es sich um keine modernen Remakes der einzelnen Spiele, sondern „nur“ um Remasters handelt, so findet man dennoch, ähnlich wie es auch bei „NieR Replicant ver. 1.22474487139…“ der Fall war, einige Anpassungen, die das Spiel modernisieren, ohne die Essenz zu verlieren, oder den hohen Aufwand eines kompletten Remakes mit sich zu bringen. Das wird am deutlichsten durch die überarbeitete Grafik, bessere Framerate und mehr Konsistenz in Sachen Menüs und Steuerung im Vergleich der Teile. Zwar macht man damit auch aus einem alten Gaul kein Rennpferd mehr, immerhin sah gerade der erste Teil damals schon nicht so besonders aus, doch man hat eindeutig das beste herausgeholt und liefert eine wirklich gelungene Erfahrung mit verbesserten Texturen und Charaktermodellen, die nur beim Blick auf kleine Details das wirkliche Alter des Ausgangsmaterials verraten, was besonders bei den Bewegungen und der Animationen der Charaktermodelle auffallen, aber keineswegs störend sind.

Im Zentrum der Handlung ist Commander Shepard, der nach unseren Präferenzen entweder männlich oder weiblich sein kann, dem in Jahr 2183 auf der SSV Normandy stationiert ist, als sie einen merkwürdigen Funkspruch der nahegelegenen menschlichen Kolonie Eden Prime empfangen, wo kurze Zeit vorher ein mysteriöses Artefakt einer außerirdischen Rasse gefunden wurde. Shepard und ein kleines Strike-Team landen auf dem Planeten, um herauszufinden, was sich dort abspielt und landen in Mitten einer Invasion der Geth, einer kybernetischen Rasse, die unter Führung des fiesen Saren dabei ist den Planeten einzunehmen, um das Artefakt in ihre Gewalt zu bringen. Das kann Shepard zwar verhindern, kommt dabei aber selbst in Kontakt mit dem Artefakt, das in sein Bewusstsein eindringt und ihn mit Visionen von Tod und Zerstörung plagt, die sich im weiteren Verlauf des Spiels als Warnungen einer möglichen Zukunft herausstellen. – Ein Ausgang, den es selbstverständlich zu verhindern gilt, da das Schicksal der gesamten Galaxis auf dem Spiel steht. Shepard macht sich daher auf die Jagd nach Saren, auch wenn er im Spielverlauf erkennen muss, dass dieser nur ein Teil des Mosaiks ist…

Das besondere Highlight der Spielereihe ist dabei, dass uns das Spiel, ganz Rollenspiel eben, viele Freiheiten lässt, wie wie vorgehen und demnach auch einige unterschiedliche Wege bietet. So kann schon unser Shepard sich komplett vom „gleichen Charakter“ eines anderen Spielers unterscheiden und wir können auch eine komplett andere Crew aus Soldaten, Söldnern, Terroristen, oder Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Spezies um uns scharren, wobei unser Fortschritt sich jeweils in die folgenden Spiele übertragen lässt, was ein Grund ist die Spiele auf jeden Fall in der richtigen Reihenfolge zu spielen. Denn so wird der Verlauf der Geschichte zu „unserer“ Geschichte. Zwar ist jeder Teil der Reihe auch in sich abgeschlossen, doch fügt sich gleichermaßen zu einem großen Ganzen zusammen, was das Spielgefühl besonders innerhalb der Veröffentlichung um einiges stärker macht, als in den Einzelveröffentlichungen, wo mitunter einige Jahre zwischen der Veröffentlichung lagen, je nachdem wann man die Reihe gespielt hat.

Gameplay-technisch dominieren in der Reihe, neben den bereits erwähnten Entscheidungen, die sowohl als Dialog-, aber auch Verlaufsentscheidungen vorliegen und Rollenspiel-Anleihen, dass wir zum Beispiel am Anfang unsere Charakterklasse wählen und einzelne Attribute nach Wahl verbessern können, wie man es auch aus der Fallout-Reihe kennt, was dann auch unterschiedliche Wege offenbart, eine ausgefeilte Shooter-Mechanik. Diese zieht zweifelsohne Anleihen der kurz vorher erschienenen Gears of War-Reihe, spart aber selbstverständlich im Vergleich mit Gewalt und Blut, die Gears stellenweise recht exzessiv einsetzte. Dennoch merkt man durchaus die Inspiration, auch wenn es in Mass Effect nie so flüssig funktioniert hat, wie in Microsoft’s Reihe. Allerdings merkt man hier im Remaster durchaus eine spürbare Verbesserung, da die Steuerung weniger „harkelig“ ist und zusätzlich bestimmte Waffen nicht mehr hinter ausgewählten Charakterklassen verschlossen bleiben, sondern nun jeder, unabhängig der Klasse, in der Lage ist mit Scharfschützengewehr, Schrotflinten und Co gleichermaßen umzugehen.

Technisch ist die Sammlung, entsprechend des Ausgangsmaterials, zwar nicht in allen Belangen auf der Höhe der Zeit, immerhin ist der älteste Eintrag der Reihe mittlerweile stattliche 14 Jahre alt, Bioware holt aber dennoch einiges aus den Spielen raus. Das zeigt sich besonders in den unterschiedlichen Auflösungen, Framerates und Ladezeiten. Das Spiel bietet dabei von Haus aus zwei Modi, die entweder die Performance, oder die Grafik bevorzugen. Die beste Leistung findet man auf den Konsolen auf der Nextgen, auch wenn es keine native Nextgen-Version gibt, sondern die Spiele im Rahmen der Abwärtskompatibilität und mit Update-Patch für Nextgen laufen. Auf PS5 und Xbox Series X bekommt man so entweder natives 4K mit bis zu 60fps, oder 1440p mit konstanten 60fps. Bei den anderen Konsolen muss sich meist beim Grafik-Modus mit 30fps begnügen und bekommt im Gegenzug im Performance-Modus zwar 60fps, aber eine niedrigere Auflösung. Dennoch ist die Mehrleistung, unabhängig der Plattform, in allen Fällen wirklich spürbar, wobei auf der Xbox Series X, passender Bildschirm vorausgesetzt, sogar bis zu 120fps möglich sind, was andere Konsolen nicht schaffen. Alle Versionen der Legendary Edition weisen darüber hinaus auch massive Verbesserungen in den Ladezeiten auf, was besonders in den berühmt-berüchtigten Fahrstuhlsequenzen im Spiel auffällt, die stellenweise eine gefühlte Ewigkeit andauernden, aber nun auf eine erträgliche Länge reduziert wurden.

Insgesamt ist die „Mass Effect: Legendary Editon“ zweierlei, einmal ein toller Service für Fans, die ihre liebgewonnenen Spiele nochmal in optimierter und verbesserter Form auf modernen Plattform erleben wollen und zum anderen eine Chance für alle, die die Reihe bisher verpasst haben. Auch wenn es nicht besonders schwierig ist eine funktionierende PS3, oder Xbox360, nebst der Disks der drei Spiele zu bekommen, so ist das nicht nur kostspieliger, sondern beinhaltet dann noch nicht einmal die DLCs. Und selbstverständlich muss man dann auch auf die vielen kleinen, aber spürbaren Optimierungen verzichten, die das Spiel nicht nur besser aussehen lassen und übergreifend konsistenter machen, sondern auch zugänglicher gestalten. – Ein rundum gelungenes Paket, das mich erneut wieder komplett in seinen Bann gezogen hat, absolutes Pfichtprogramm!
Entwickler: Bioware
Publisher: EA
Erhältlich auf: PC, PS4, [PS5], Xbox One, [Xbox Seires X/S]
NB@28.05.2021
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