Neben Eastasiasoft und Ratalaika Games gibt es auch noch Spiele von Sometimes You, die meist auch mit einer überaus leichten Trophäenliste aufwarten. Dennoch ist das heutzutage nicht mehr ein alleiniger Kaufgrund, zu groß ist die Konkurrenz. Da ist es erfrischend, wenn die Entwickler das Spiel an sich in den Vordergrund rücken und die Trophäen erst an zweiter Stelle kommen. Aus diesem Grund finde ich die Veröffentlichungen von Visual Novels, einem im Westen unterrepräsentiertes Genre, immer wieder interessant, von denen nun mit „My Aunt is a Witch“ das aktuellste ist.

Besonders interessant ist dabei, dass das Spiel nicht „nur“ Visual Novel ist, sondern auch viele Adventure- und Puzzle-Elemente beinhaltet, also mehr interaktive Elemente als andere Visual Novels enthält. Die Geschichte von „My Aunt is a Witch“ ist auch eher westlich angehaucht und beinhaltet Elemente von „Der Zauberer von Oz“, „Alice im Wunderland“, der Narnia-Reihe, sowie einer gehörigen Prise Harry Potter. Ursprünglich ist es bereits 2018 unter dem Titel „Bewitched“ auf Steam veröffentlicht, wurde aber für den Konsolenport überarbeitet und umgetauft, damit man es nicht mit der gleichnamigen TV-Serie assoziiert.

Im Zentrum der Handlung steht der junge Thomas, der in seinem kurzen Leben bereits einige starke Schicksalsschläge hinnehmen musste: Seine Mutter ist verstorben, sein Vater hat wieder geheiratet und dessen neue Frau macht dem Terminus „böse Stiefmutter“ alle Ehre, indem sie ihn aus einem kleinen Vorwand raus wirft. Ohne Bleibe macht sich der 12-jährige auf zu seiner Tante, die er in seinem Leben erst einmal gesehen hat. Dort angekommen muss er dafür aber auch den Grund erkennen, denn im Vergleich zum Rest seiner Familie ist sie etwas anders, denn sie ist eine waschechte Hexe.

So lebt seine Tante Alice zurückgezogen in einem Haus voller Obskurität, wie einer sprechenden Katze, lebendiger Einrichtung und selbstverständlich jeder Menge an Zauberbüchern und magischen Tränken. Thomas ist mächtig beeindruckt und möchte so viel von seiner Tante lernen, wie es geht, ohne zu wissen, dass er das flüchtig Erlernte bald in einem Kampf auf Leben und Tod einsetzen werden muss… – Mehr kann man leider nicht über die Geschichte Preisgeben ohne zu spoilern, da die Geschichte einige wirklich interessante Wendungen bereithält, die man auf jeden Fall selbst erleben sollte. Einziger Wermutstropfen ist dabei, dass die Geschichte nicht abgeschlossen ist und das Spiel auf einem Cliffhanger endet, der bisher noch nicht aufgelöst wurde und von dem es bislang auch unklar ist, ob er das jemals wird. Aber vielleicht ist die Portierung auf Konsolen für die Entwickler ein Anlass sich mit einem Nachfolger zu beschäftigen.

Untypisch für ein Visual Novel haben wir über den Verlauf der Geschichte viel Bewegungsfreiheit, müssen Gegenstände für das Zusammenmixen von Tränken finden, Items in unserem Inventar verwalten und kombinieren und einige wirklich interessante Rätsel lösen, oder das ein oder andere Minigame absolvieren. Es gibt sogar die ein oder andere Gelegenheit, in der wir vorzeitig das zeitliche segnen können, weswegen es sich empfiehlt regelmäßig zu speichern.

Technisch macht das Spiel einen mehr als soliden Eindruck, denn es wartet mit wunderschönen von Hand gezeichneten Hintergründen und Animationen auf, die das Spiel auch vom Artstyle von anderen Visual Novels abheben. Eins hat es aber dennoch mit dem Großteil des Genres gemein: Es gibt leider keine Synchronisation und da das Spiel ziemlich Text-lastig ist, muss man sich bewusst sein viel Spielzeit mit Lesen zu verbringen. Die Soundeffekte und die Musik sind stimmungsvoll und pointiert eingesetzt was den Tonus weiter unterstreicht. Hier gibt’s meiner Meinung nach nichts gravierendes auszusetzen.

Ein normaler Durchgang hat knapp 5-6 Stunden gedauert, was in Anbetracht des Genres schon recht umfangreich ist, doch mit einem Guide und dem Wegklicken der Dialoge zu erspielen der Trophäen kann man das Spiel auch in knapp 30 Minuten beenden, wobei man aber auf jeden Fall mindestens 1,5 Durchgänge brauchen wird, um die insgesamt 19 Trophäen (1 x Bronze, 9 x Silber, 8 x Gold, 1 x Platin) freizuspielen, was auf der Xbox One in gewohnter Weise 1000GS entspricht.

Insgesamt hatte ich mit „My Aunt is a Witch“ eine Menge Spaß und die offenere Ausrichtung mit Einflüssen von klassischen Point & Click-Adventuren, wenn wir nach Lust und Laune beispielsweise das Haus der Tante auf der Suche nach diversen Zutaten durchkämmen, tun dem Spiel überaus gut. In anderen Visual Novels kann es stellenweise mal langweilig werden, wenn man in Sachen Gameplay nichts anderes macht, als Textbox nach Textbox auf dem Bildschirm kommen und gehen zu sehen, aber hier halten sich die Phasen, in denen man selbst aktiv ist die Wage mit denen, in denen man eher passiv ist. Abgerundet wird das Ganze mit einem interessanten Artstyle und hohem Production Value. Einzig der Cliffhanger am Ende kann mitunter etwas übel aufstoßen, da man sich nicht sicher sein kann, ob er jemals aufgelöst wird. Ich bin allerdings frohen Mutes, denn sogar der Cliffhanger von „Shenmue 2“ wurde ja nach Jahren des Wartens endlich aufgelöst, manchmal muss man also nur etwas Geduld haben…
Entwickler: Graven Visual Novels / Sometimes You
Publisher: Sometimes You
Erhältlich auf: PS4, Xbox One, Nintendo Switch
NB@20.01.2021
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