PS5 Review: „Godfall“ #Godfall

Es gibt einen Launchtitel auf der PS5, über das komischerweise niemand zu sprechen scheint. Und da ich nun, auch wenn der Release schon einige Zeit zurückliegt, noch an einen Review-Code gekommen bin, habe ich mir das Spiel „Godfall“ mal genau angesehen, um herauszufinden, ob es vielleicht einen Grund gibt, warum niemand darüber spricht und nicht, dass es sich insgeheim um ein Fiasko, wie bei „Anthem“ handelt, zumal beide Spiele als Looter und MMO grundsätzlich eine ähnliche Käuferschicht ansprechen…

Entgegen „Anthem“, oder den ähnlich gelagerten The Division-Spielen, die einen starken Fokus auf den Multiplayer legen, betonen die Entwickler allerdings, dass das Spiel auch mit einer ausgereiften Story-Komponente einhergeht, die man sowohl als Squad, aber auch Solo erleben kann, ohne dabei auf die eine oder andere Weise einen Vor-, oder Nachteil zu haben. Und ohne zu viel vorweg zu nehmen, zumindest teilweise geht dieser Anspruch auf, auch wenn man es natürlich nicht mit reinen Singleplayer-Erfahrungen vergleichen kann und auch beim reinen Solo-Spiel eine Internetverbindung, sowie eine PlayStation Plus-Mitgliedschaft vorausgesetzt wird.

Ein wirkliches Manko ist leider die Geschichte, denn diese ist im Grund nahezu nicht-existent, obwohl sie einiges an Potential bietet, da man extra fürs Spiel eine komplett eigene Fantasy-Welt mit unterschiedlichen Dimensionen, Rassen, Glauben und Klassen, erschaffen hat, das aber nicht wirklich ausnutzt, sondern hingegen nur an der Oberfläche kratzt und es an vielen Stellen dem Spieler überlässt entweder seine eigenen Interpretationen anzustellen, oder manche Dinge einfach zu akzeptieren. Die Welt von „Godfall“ besteht aus drei unterschiedlichen Paralleldimensionen, die jeweils auf einem der Elemente, Erde, Wasser und Luft basieren. Übergreifend regiert die Knights Order unter Führung der Brüder Decimus und Odin. Sie sind dafür verantwortlich das Gleichgewicht zu wahren. Doch das Gleichgewicht gerät massiv ins Wanken, als Decimus, hungrig auf Gott-ähnliche Macht, beschließt seinen Bruder Odin umzubringen und danach alleine zu regieren. Im gesamten Spielverlauf werden die Hintergründe leider nicht weiter erörtert, was durchaus eine vertane Chance darstellt. Odin überlebt allerdings und erkennt, dass er das Gleichgewicht nur wieder herstellen kann, wenn er seinem Bruder gegenübertritt. Dafür ist er aber zu geschwächt, weswegen er beginnen muss seine Fähigkeiten und seine Ausrüstung zu verbessern und Verbündete suchen muss. Weiter muss er erkennen, dass Decimus bereits eine Schar von Verbündeten um sich geschart hat, von denen er einen nach dem anderen ausschalten muss, wenn er überhaupt eine Chance haben möchte…

Viel mehr Story gibt es im Grunde nicht. Wir lernen zwar in der ersten Mission, die grob als Tutorial angesehen werden kann, eine Art Orakel, namens 7th Sanctum kennen, die uns von dort an leitet und die Missionen durch kurze Einleitungen in einen Rahmen zu fassen versucht, aber im Grunde zu vernachlässigen ist, da das Spiel uns ohnehin nur kontinuierlich vom Schwierigkeitsgrad her ansteigenden Missionen konfrontiert, die in Haupt- und Nebenmissionen unterteilt sind. Nebenmissionen sind dabei optional gehalten, wobei wir eine gewisse Anzahl von Nebenmissionen erledigen müssen, um das geforderte Charakter- oder Fortschrittslevel zu haben, um die Hauptmissionen angehen zu können. Weiter erfordern besonders Levels, die rein aus Bossen bestehen genug Ressourcen, um den Boss freizuschalten, was innerhalb des Spiels zwar als Zauber gerechtfertigt wird, um den Aufenthaltsort des Bosses herauszufinden, aber für mir eher wie eine künstliche Hürde und Streckung der Spielzeit vorkommt. Interessanterweise fällt das allerdings kaum negativ auf, da die meisten Levels, mit einer Ausnahme auf die ich noch separat eingehen werden, an sich wirklich Spaß machen und die Bosse, die wie eine Kombination aus Devil May Cry und Demon’s Souls wirken, ein wirkliches Highlight darstellen, die zusätzlich auch ziemlich abwechslungsreich ausfallen.  

Das trifft auch auf den Rest des Spiels zu, denn die Bezeichnung „Looter“, die für gewöhnlich immer in Kombination mit „Shooter“ verwendet wird, trifft hier nicht hundertprozentig zu, denn es handelt sich vielmehr um ein Hack n Slay mit RPG-Elementen und einem ausgefeilten Loot-System. Wir steuern Odin aus der 3rd-Person-Verfolgeransicht und kämpfen ausschließlich mit Schwertern, Stäben und Hämmern. Als einziger Fernangriff kann Odin sein Schild, ähnlich wie Captain America oder Kratos im aktuellsten „God of War“ werfen. Wir verfügen über einen schnellen, schwächeren und einen langsameren, stärkeren Angriff, die sich auch zu Kombos kombinieren lassen und eine Kunst ist es unsere Angriffe, Blocks, Konter und Ausweichmanöver zu einer durchgängigen Bewegung zu zusammenzuführen. Das Kampfsystem ist dabei leicht zu erlernen, aber schwer zu meistern, da es besonders im Hinblick auf die vielen unterschiedlichen Bewegungsmuster und Skills, die man nach und nach freischaltet eine Fülle an Möglichkeiten bietet. Hier muss man aber die gute Lernkurve loben, denn neue Mechaniken werden moderat eingeführt und für neue Fähigkeiten gibt es sogar optionale Trainingsräume, die man zwischen den Missionen besuchen kann.

Auch das Setting kann sich wirklich sehen lassen, da man sich, entgegen anderer Spiele mit Rittern und einem Fantasy-Setting, nicht einer Version des Mittelalters mit Monstern bedient, sondern Versatzstücke der griechischen, sowie ägyptischen Mythologie und Kultur, mit abgefahrenen Chrom- und Glitzer-Rüstungen à la Power Rangers, oder Bionicle verschmelzen. Doch was im ersten Moment ziemlich merkwürdig klingt, erweist sich als wirklich cool, zumal wir im Spielverlauf aus unterschiedlichen Rüstungen wählen können und jede davon mir einem umfangreichen Loadout nach unseren Präferenzen optimieren können. Dabei unterscheidet man zwischen unterschiedlichen Items, die entweder das Gameplay beeinflussen, oder auch rein optischer Natur sein können. Lobenswert ist dabei, dass man beide Typen von Items in ihrem jeweils eigenen Menü findet, so ist von vorneherein klar, ob ein neuer Ring, oder ein neues Banner unsere Statistiken in Sachen Angriff, Verteidigung, Magie, etc. beeinflusst, oder ob es nur eine optische Anpassung ist. Jeder Ausrüstungsgegenstand kommt dabei mir aktiven und passiven Perks, die zum Beispiel unsere Angriffe mit geringer Energie verstärken, oder uns resistenter gegen Feuer machen können. RPG-Freunde werden sich sofort wie zu Hause fühlen, ohne das System für Neulinge aber zu kompliziert zu gestalten.

Ein Looter steht und fällt selbstverständlich mit dem Loot, denn wenn es sich zu 99% um unnützen Kram, oder unterlevelten Quatsch handelt, hört man irgendwann auf gefallene Gegner wirklich noch zu looten, oder auf die Suche nach versteckten Kisten zu gehen. Doch alles in allem macht „Godfall“ seine Sache wirklich gut. Ich hatte zwar ziemlich früh für mich erkannt, dass ich mit dem Langschwert am besten kämpfe und mir beispielsweise die riesigen Kampfhämmer einfach zu behäbig sind, doch es gibt Tonnenweise anderen Loot, der in unterschiedliche Kategorien aufgeteilt ist, dass ich mehr Zeit damit verbracht habe die unterschiedlichen Ringe, Zauber und Banner gegeneinander abzuwiegen, als ich mir selbst eingestehen möchte. Wer sich darauf einlässt kann die Sachen auch aufleveln, verzaubern, oder auch zerlegen, um neue zu craften, wobei die Qualität der Ausrüstung eher erst auf höheren Schwierigkeitsgraden, oder bei einzelnen Bossen zum Tragen kommt und im normalen Spiel weniger Impact hat. Es handelt sich eben nicht um ein Souls, sondern einen Loot-Slasher, der einer breiten Zielgruppe gefallen möchte.

Technisch macht das Spiel eine echt tolle, wenn auch nicht herausragende Figur. So sind die Ladezeiten schön kurz und die Figuren und Spielwelt warten mit einer echt tollen Beleuchtung und Partikeleffekten auf. Doch leider wirkt die Spielwelt über weite Bereiche etwas karg und lässt auch Wiederholungen einzelner Versatzstücke erkennen. Hier hätte man die Welten durchaus etwas kleiner, aber dafür Hand gestaltet machen können, zumal es dann auch vielleicht nicht so einfach wäre sich zu verlaufen, was mir in zwei Levels wirklich passiert ist, so dass ich einfach nicht mehr den Weg zum eigentlichen Missionsziel gefunden habe. Ein anderes Problem ist, dass  die Levels, so abwechslungsreich sie am Anfang noch sind, im letzten Drittel massiv abfallen, wenn wir uninspiriert mit einem Fahrstuhl von Etage zu Etage fahren, auf jeder Etage einen Haufen Gegner verkloppen und eine Aufgabe lösen, bis es zur nächsten Etage weiter geht. Hier wirkt es leider, als ob den Entwicklern entweder die Ideen ausgegangen sind, oder die Zeit bis zum Release zu knapp wurde. Der letzte Akt entlohnt zwar mit einer Reihe von echt tollen Kämpfen wieder, aber stellenweise herrschte mehr Frust, als Spaß auf dem Weg dahin… – Wie man es auf der PS5 fast schon gewohnt ist, kann man auch hier zwischen einem Performance- und einem Grafik-Modus auswählen, wobei der erste selbstverständlich die Framerate in den Vordergrund rückt und das Bild in einer variablen Auflösung wiedergibt und der zweite die Framerate niedriger hält, um das Bild in 4K auszugeben. Ich würde aber jedem eher den Performance-Modus ans Herz legen, da die Framerate mit stabilen 60fps bei den teilweise recht flotten Gefechten durchaus einen Unterschied machen und die geringere Auflösung meiner Meinung nach wenig, bis gar nicht auffällt.

Lobend erwähnen muss ich an dieser Stelle allerdings noch die Synchronisation, denn die ist wirklich herausragend gelungen, denn besonders der Sprecher von Odin hat eine Stimme irgendwo zwischen Liam Neeson und Optimus Prime und könnte kaum cooler sein. Jeder Satz wirkt dadurch unglaublich pointiert und selbst kleine Kommentare, wenn er sich mit dem 7th Sanctum unterhält, die ihm ein paar Hinweise zur nächsten Mission erzählt, haben eine wahnsinnigen Impact. Doch auch die anderen Sprecher machen ihre Arbeit mehr als gut. Hier hat man es interessanterweise geschafft eine professionelle Synchro auf die Beine zu stellen, die zur Abwechslung mal nicht aus den immer gleichen Sprechern, sei es Nolan North, Troy Baker, Laura Bailey, oder Ashley Birch besteht. Ich schätze diese Sprecher zwar alle ungemein, aber immer das gleiche wird eben auch irgendwann langweilig, besonders wenn man dabei solch tolle Talente, wie in „Godfall“ findet.

Insgesamt hatte ich mit „Godfall“ eine Menge Spaß, mehr sogar, als ich am Anfang erwartet hatte. Zwar bleiben die Versprechungen an die Geschichte etwas hinter der Realität zurück und auch die Missionen kurz vor Ende waren stellenweise dröge und eintönig, doch insgesamt hat mich sowohl das Looten und Leveln, wie auch die interessanten Bosse und das zweifelsohne bei Devil May Cry, oder „God of War“ inspirierte Kampfsystem bei Laune gehalten. Zusätzlich hatte ich zu keiner Zeit das Gefühl, dass ich eine Mission eher mit anderen Mitspielern spielen müsste, um Spaß zu haben, wie es beispielsweise bei der The Divsion-Reihe der Fall ist. Einziges wirkliches Manko ist meiner Meinung nach das Endgame, denn nachdem man den letzten Boss endgültig besiegt hat, kann man zwar weiter in der Welt Missionen erledigen, aber es gibt leider nichts neues mehr. Lediglich die bekannten Missionen mit den gleichen Gegnern, oder alternativ die bekannten Bosse mit dezent mehr Energie, was aber auch nicht wirklich einen Unterschied zu machen scheint, denn gerade zum Ende des Spiels war ich quasi eine laufende Kampfmaschine. Es bleibt abzuwarten, man hier noch weitere Inhalte nachliefert, denn sonst wird es für die meisten wahrscheinlich eher bei einem einzigen Durchlauf bleiben, was schade ist, denn Potential hat das Spiel und die interessante Spielwelt auf jeden Fall!

Und bevor ich zum Ende komme muss ich noch zwei Dinge erwähnen: – Nein, „Godfall“ ist kein Fiasko, wie „Anthem“ eins war. Es hebt sich bewusst von anderen Spielen des gleichen Genres ab und zieht seine eigene Linie durch, auch wenn es dabei manchmal etwas mehr Hintergrundinformation, oder auch Abwechslung geben könnte. Dennoch muss man erwähnen, dass es bewusst auf Mikrotransaktionen verzichtet, was ALLE anderen Spiele des Genres nicht tun. Sämtliches Loot in der Welt kann man nicht für Echtgeld kaufen, sondern muss es freispielen. So, wie es im Grunde immer sein sollte, denn worin liegt der Spielspass, wenn man das Spiel nur durch Zücken einer Kreditkarte „meistert“?

Entwickler: Counterplay Games

Publisher: Gearbox Publishing

Erhältlich auf: PC, PS5

NB@22.01.2021

——— Hinweise & Disclaimer: ———

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