Final Fantasy meets „Demon’s Souls„, klingt erst einmal sehr ungewöhnlich, doch genau als das wird „Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin“ beworben und da sich Publisher Square Enix dafür extra Koei Tecmo’s Team Ninja zusammengetan. Und da Team Ninja nicht nur die erfolgreiche Ninja Gaiden-, sondern auch Nioh-Reihe entwickelt, hat man damit auf jeden Fall das Potenzial für ein Souls-Game, bleibt nur die Frage offen, ob sich das Spiel damit nicht zu weit von der eher ungezwungenen Final Fantasy-Reihe entfernt. Um das herauszufinden wurde mir freundlicherweise vom Publisher bereits vor der Veröffentlichung am heutigen Tag eine finale Version des Spiels für das Review zur Verfügung gestellt, einen Einfluss hat das allerdings nicht auf meine Bewertung.

Zwar steckt im Titel das Wort „Origin“, das auf ein Prequel zu den bisherigen Teilen der hindeutet, doch das stimmt nur in Ansätzen, denn vielmehr handelt es sich um eine erweiterte Neuinterpretation des ersten Teils von 1987, der seinerzeit auf dem Nintendo Entertainment System erschienen ist. Darin ist die Welt bedroht, denn die Elemente spielen verrückt, die Erde verdorrt, Brände und Fluten bedrohen die Menschen und Winde werden rar. Doch eine uralte Prophezeiung erzählt von vier Kriegern des Lichts, die die Welt von den bösen Mächten befreien. Die Gruppe besteht aus unserem Hauptcharakter Jack, der von Ash, Jad und Neon begleitet wird. Die Kämpfer vereint fehlende Erinnerung zu ihrer Vergangenheit, aber der unerklärliche Drang „Chaos“, das personifizierte Böse zu vernichten, der das Land und das konkret das Königreich um die Stadt Cornelia befallen hat.

Doch so klar strukturiert, wie alles anfangs wirken mag, ist es im Spielverlauf gar nicht und auch wenn sich die Geschichte dabei immer wieder von der Vorlage entfernt und gleichzeitig Fragen aufwirft, die alles bisher bekannte in Frage stellen, läuft alles am Ende der knapp 30-stündigen überraschenderweise im gleichen Ende zusammen und beantwortet dabei sogar noch alle Fragen, die auf dem Weg aufgetreten sind. Die Geschichte ist dabei ziemlich Komplex, kann stellenweise etwas überfordern, was sich aber im weiteren Spielverlauf klärt. Abseits davon passt die actionreichere Ausrichtung gut zum Weg, den die aktuellen Teile der Reihe vorgegeben haben und man bedient sich teilweise sogar an Versatzstücken aus dem Rest der Reihe, wie beispielsweise eine Fabrik, die dem Mako-Reaktor aus „Final Fantasy VII Remake“ zum Verwechseln ähnlich sieht, was insgesamt aber gut zum allgemeinen Tonus des Spiels passt und mehr als reiner Fanservice ist.

Wer „Nioh„, oder die Fortsetzung dazu gespielt hat, wird in Sachen Gameplay und RPG-Elenenten einige Aha-Momente haben, denn viele Elemente wurden für das Spiel übernommen, auch wenn es insgesamt etwas verschlankt wurde und damit Einsteiger-freundlicher geworden ist. Wer also bisher Spiele, die mit Soulslike beschrieben werden, gemieden hat, wie der Teufel das Weihwasser, wird sich bestimmt freuen, dass es unterschiedliche Modi gibt, um alle Spielergruppen abzuholen. So gibt es neben dem Actionmodus, dem Standard-Schwierigkeitsgrad, einen schweren und den Story-Modus, der für ungeübte Spieler geeignet ist und optional sogar zulässt, dass man beim Ableben keine XP und Loot einbüßt, was sonst im Genre vorherrscht.

Das soll allerdings nicht heißen, dass das Kampfsystem auf sie leichte Schulter zu nehmen ist. Es ist zwar simpler, als bei den Genre-Kollegen und beschränkt bei seinen Gästen auf Schlag, Dodge, Konter, Block und Special, bietet aber durch unterschiedliche Charakterklassen, genannt „Jobs“, die mit jeweils einem eigenen großen Skill-Tree, Kombos Angriffsarten daherkommen, dennoch einiges an Tiefgang. Anfangs lässt es sich zwar stellenweise noch wie ein Hack n Slay spielen, doch spätestens bei den Bossen muss man beginnen besonnen und taktisch vorzugehen, wenn man überleben möchte. Denn ähnlich wie bei anderen Soulslike-Games stellt irgendwann jeder Gegner eine ernstzunehmende Herausforderung dar, zumal alle Gegner beim Rasten an einem Speicherpunkt respawnen. Was es allerdings etwas einfacher macht ist, dass wir immer zwei Mitstreiter bei uns haben, die uns im Kampf aktiv unterstützen, also nicht nur schmuckes Beiwerk sind. Diese können optional auch von menschlichen Mitstreitern, entweder per privater Lobby, Einladung, oder Random Joins, für die wir auch ein paar Bedingungen definieren können, gespielt werden. Und da man alle Missionen im Spiel beliebig oft wiederholen kann, kann man so auch mit Freunden auf die Jagd nach seltenem Loot gehen…

Denn das Loot ist auch eine Veränderung, die das Spiel von den Soulslike-Games übernimmt. Wir finden gefühlt hinter jedem zweiten Grashalm eine Schatzkiste, oder sammeln von besiegten Gegnern Waffen, Kleidungsstücke und Accessoires auf, die wir nach Belieben verwenden und kombinieren können. Dabei ist darauf zu achten, dass unterschiedliche Waffen und Ausrüstung nicht nur unsere allgemeinen Charakterwerte verbessern, sondern auch besondere Effekte in Verbindung mit unserem Job haben können. So kann zum Beispiel nur ein Schwertkämpfer das charakteristische Breitschwert führen, ein Mage wehrt sich hingegen mit Magie und unsere Ausrüstung erlaubt uns die Stärken der Charaktere noch weiter auszubauen und Schwächen mitunter auszugleichen.

Man kann aus der richtigen Ausrüstung durchaus eine Wissenschaft machen, zumal wir diese Verteilung nicht nur für Jack, der als einziger zwei Jobs und damit auch zwei komplette Setups ausrüsten kann, zwischen denen man on-the-Fly wechseln kann, sondern auch für den Rest der Party vornehmen, die allerdings jeder nur über einen Job und damit ein Setup verfügen. Wem das alles zu akademisch ist kann über einen Klick auf das Touchpad auch die Ausrüstung der kompletten Party optimieren, wobei dort leider nur das jeweils höchstwertige Ausrüstungsteil verwendet wird und Wechselwirkungen und speziell auf die Jobs zugeschnittene Effekte außer Acht gelassen werden.

Technisch wäre allerdings durchaus Luft nach oben gewesen, denn auch wenn das Spiel alles andere als hässlich ist, so wirkt es irgendwie etwas überholt, unabhängig davon, ob man den Grafik-, oder den Performance-Modus wählt, wobei der erstgenannte 4K ausgibt, Raytracing bietet und dafür aber nur 30fps ausgibt und der zweite Modus die Auflösung zu Gunsten von 60fps herunterschraubt, was ich in Anbetracht der schnellen Action priorisieren würde. Das Grafik ist leider nicht en par mit dem, was man von den anderen Teilen der Reihe bei ihrem Release gewöhnt ist, weswegen man wahrscheinlich auch dieses Mal auf einen Fotomodus verzichtet hat. Das Spiel glänzt allerdings mit Abwechslungsreichen Levels, teilweise riesigen Bossen, überraschend brutalen Finishern, schönen Partikeleffekten und jeder Menge Cutscenes. Gerade dieser Aspekt kommt bei den „echten“ Souls-Spielen für gewöhnlich sträflich zu kurz, weswegen man dafür auch gerne die ein oder andere Ladepause in Kauf nimmt, die allerdings angenehm kurz ausfallen. Auf der PS5 macht das Spiel auch Gebrauch von den adaptiven Triggern des DualSense, was zusätzlich zur Immersion in die düstere Welt beiträgt, auf anderen Plattformen fehlt dieses Feature logischerweise und auf der Lastgen fallen die Ladezeiten um einiges länger aus.

Insgesamt ist „Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin“ ein wirklich spannendes Experiment, die expansive Welt von Final Fantasy mit den modernen Action-RPGs der Soulslike-Games zu kombinieren. Und das Experiment ist in meinen Augen mehr als geglückt und bietet auf diese Weise eine zeitgemäße Neuinterpretation des ersten Teils der Reihe, mit erweiterter Handlung und abgeschreckt mit einigen Easter Eggs und Fanservice für Fans der Reihe. Einzig in Sachen Technik muss das Spiel überraschenderweise einige Federn lassen und wechselt von herausragenden Darstellungen, die jedes Mal einen Screenshot Wert sind und Mittelmaß der letzten Konsolengeneration. Es wäre wünschenswert, dass an dieser Ecke noch etwas nachgebessert wird, denn das kann die Reihe eigentlich besser. Doch selbst mit diesem kleinen Makel ist Final Fantasy Origin ein wirklich gelungenes Spiel geworden, das zwar im Spielverlauf viele Fragen aufwirft, aber immerhin auch den Abstand hat, diese bis zum gelungenen Ende zu beantworten, wodurch dann sogar der etwas verschachtelte Titel des Spiels einen Sinn ergibt.
Entwickler: Team Ninja
Publisher: Square Enix
Erhältlich auf: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S
NB@18.03.2022
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