Auch wenn bis heute eine wahre Flut von Souls-like-Spielen, dem Genre, das durch „Demon’s Souls“ und die Dark Souls-Reihe von From Software begründet wurde, über uns hereingebrochen ist, so gibt es dennoch Vertreter dieser Spiele, die aus der Masse herausstechen, da sie zwar ähnliche Pfade betreten, aber dennoch ihre eigene Identität mit sich bringen. Konkret geht es mir dabei um die Nioh-Reihe, die jüngst ein Remaster für die PS5 erhalten hat. Ich war bereits ein Fan der ursprünglichen Veröffentlichungen und konnte es daher kaum erwarten, wie der Sprung auf die neue Generation aussehen könnte, da man auf der vorherigen Generation an einigen Ecken und Enden gespürt hat, dass den Spielen etwas mehr Leistung gut tun würde. Dankenswerterweise wurden mir die Spiele kostenfrei von Sony für mein Review überlassen, was aber selbstverständlich keinerlei Einfluss auf meine Bewertung hat. Den Anfang macht dabei jetzt der erste Teil und der Bericht über den zweiten Teil folgt dann zeitnah.
Teil 1: „Nioh Remastered – The Complete Edition“ (– Hier findet ihr das Review zu „Nioh 2 Remastered – The Complete Edition“)
Entwickelt von Koei Tecmo’s Team Ninja, ursprünglich angekündigt für die PS3 und letztendlich dann, nach einigen Verschiebungen, im Jahr 2017 veröffentlicht für die damals schon vier Jahre alte PS4, hat sich das Spiel schnell zu einem Publikumsliebling avanciert. Lange vor „Ghost of Tsushima“ und „Sekiro: Shadows die Twice“, war das Setting in Japan’s Sengoku-Periode, im 16. Jahrhundert, auch wenn in einer insgesamt abgewandelten und durch mystische Kreaturen erweiterten Form, noch nahezu komplett unverbraucht und bot darüber hinaus auch ein sehr forderndes Gameplay und die spielerische Tiefe eines RPGs. Zwar können wir im ersten Teil der Reihe, entgegen des Nachfolgers von 2020, unseren Charakter noch nicht frei erstellen und entgegen der Souls-Spiele keine vordefinierte Klasse wählen, doch abseits können wir nahezu alles anpassen, was denkbar ist.

Seien es unterschiedliche Teile des Outfits, eine Vielzahl an Waffen, jede mit ihrem eigenen Skill-Tree, aktive und passive Zauber und selbstverständlich unsere Attribute, die sich einzeln optimieren lassen. Besonders in Hinsicht auf unterschiedliche Kombinationsmöglichkeiten, die sich gegenseitig beeinflussen kann man hier sehr viel Zeit investieren, um den Build zu perfektionieren, bis wir wieder neue Gegenstände finden oder craften, die noch besser sind. In dieser Beziehung geht das weit über die Möglichkeiten der Souls-Reihe hinaus, da es zum einen viel mehr Varianz gibt und man die Gegenstände nicht an vorgegebenen Stellen, sondern komplett zufällig von besiegten Gegnern findet. Gerade anfangs kann die Vielzahl an unterschiedlichen Möglichkeiten überfordern, aber es lohnt sich auf jeden Fall etwas Zeit zu investieren, damit das Spiel etwas leichter wird. Denn von Haus aus ist der Schwierigkeitsgrad ziemlich kompromisslos und es gibt keine leichtere Option.

Dabei beginnt das Spiel sogar im Vergleich zum Nachfolger recht moderat. Wirft uns der Nachfolger nach einem kurzen Tutorial direkt in die erste Mission, die einige Spieler wahrscheinlich nie hinter sich lassen konnten, so beginnt das Abenteuer in „Nioh“ noch nicht im feudalen Japan, im Kampf gegen Banditen und Dämonen aus der japanischen Mythologie und Folklore, genannt Yokai, sondern im regnerischen London, als wir aus dem Tower of London entkommen müssen. Wir verkörpern William Adams, einen Engländer, der sich in Japan zum Samurai hat ausbilden lassen, dem einzigen westlichen Samurai, den es je gab, der aber in Ungnade gefallen ist, was bis dahin sogar auf wahren Begebenheiten beruht. Eigentlich wartet William im Tower auf seine Exekution, doch sein Samurai-Geist weist ihm den Weg zu entkommen. In diesem kurzen Abschnitt sind die Kämpfe zwar auch schon fordernd, aber fallen insgesamt etwas leichter aus, zumal das Spiel erst danach die komplizierteren Mechaniken einführt.

Unsere Flucht klappt an sich ganz gut, bis wir plötzlich einem Mann mit rot leuchtenden Augen, namens Edward Kelly gegenüberstehen, der dunkle Mächte beschwört und unseren Geisterfreund gefangen nimmt, bevor er uns gegen einen schier übermächtigen Gegner antreten lässt. Knapp mit dem Leben davongekommen reist William dem Fiesling nach Japan hinterher, wo das eigentliche Spiel erst beginnt, da erst ab diesem Abschnitt alle. Mechaniken und Gegner eingeführt werden. An dieser Stelle haben wir zwar auch noch die Möglichkeit an einem optionalen Tutorial teilzunehmen, was ich jedem wärmstens ans Herz legen möchte, denn im Vergleich zu den Souls-Spielen gibt es bei „Nioh“ einiges mehr, das man beachten muss. So haben wir die Auswahl aus unterschiedlichen Waffen, wie Langschwert, Axt, Doppel-Katana, Lanze, usw. Wir können jederzeit zwei dieser Waffen ausrüsten und per Quickmenü wechseln. Zusätzlich gibt es noch zwei Slots für Fernwaffen, wir Musketen und Bögen, die allerdings auch Munition brauchen, die wir nur recht spärlich finden.

Die Waffen haben unterschiedliche Schadenstufen, Geschwindigkeiten, ggf. Buffs und Debuffs und verbrauchen Ausdauer. So machen die Angriffe mit den Doppel-Katanas zwar weniger Schaden, wie mit einer riesigen Streitaxt, sind aber schneller und verbrauchen weniger Ausdauer. In der Beziehung gibt es kein richtig oder falsch, hier empfiehlt es sich unterschiedliche Waffen einfach einmal auszuprobieren, um herauszufinden, ob sie zum persönlichen Spielstil passen. Die Ausdauerleiste wird parallel zum Lebensbalken geführt und füllt sich automatisch wieder auf. Doch zusätzlich haben wir über den KI-Puls am Ende eines Kombos auch die Möglichkeit die Leiste sofort wieder aufzufüllen und gleich ein neues Kombo dranzuhängen, was aber wirklich etwas Übung braucht, da es hier auf präzises Timing ankommt. Das schlimmste ist nämlich, wenn unsere Ausdauer leer ist, wenn wir uns im Kampf befinden, denn wir können dann noch nicht mal ausweichen, da es dazu auch Ausdauer benötigt und sind vollkommen offen für Angriffe. Was bei uns aber funktioniert, ist ebenso bei den Gegnern der Fall, denn auch diese haben einen Lebens- und einen Ausdauerbalken und wenn wir die Ausdauer geleert haben, können wir zu einem verheerenden Finisher ansetzen.

Wem das noch nicht genug ist, für den stehen auch drei unterschiedliche Stellungen im Kampf zur Verfügung, die sich in niedrig, normal und hoch unterscheiden und in ebendieser Reihenfolge niedrigen bis hohen Schaden austeilen, aber auch entsprechend Ausdauer verbrauchen und unterschiedlich schnell sind. Zusätzlich können wir Gegner auf dem Boden aus der hohen Stellung mitunter gar nicht treffen, weswegen man seine Stellung immer wieder anpassen sollte, was aber durch ein Quick-Menü recht flott von der Hand geht. Unsere Ausrüstung und unsere Attribute sind ein weiterer Mosaikstein im Kampf, denn so münden unterschiedliche Rüstungen in unterschiedlicher Agilität, können bestimmte Waffen oder Kampfstile unterstützen, oder mitunter sogar behindern. Skillen wir besipielsweise Ausdauer, hilft uns das zum Beispiel mit schweren Axten besser umzugehen, es hilft aber nicht wirklich bei Schwertern, denn dazu wäre ein anderer Skill hilfreicher. Es empfiehlt sich daher wirklich genau zu überlegen, was man ausrüstet und skillt, wozu es aber ein ziemlich gutes Hilfemenü gibt, das man aber dennoch berücksichtigen muss. Denn ein riesiger Lebensbalken hilft auch nur bedingt, wenn man mit einem Zahnstocher in die Schlacht zieht…

Das mag jetzt alles unwahrscheinlich zäh geklungen haben und zugegebenermaßen kann das am Anfang auch etwas überfordern, zumal die Lernkurve auch im Kampf ziemlich steil und stellenweise fies ausfällt. Aber in bester Souls-Tradition belohnt das Spiel die, die dran bleiben, zumal der Erfolgserlebnis stetig aufs neue kommt. – Wenn man die ersten Gegner platt gemacht hat, wenn man den ersten Kampf gegen einen Yokai überlebt hat, oder wenn der erste Boss das zeitliche segnet. In anderen Spielen ist das alles Standard, aber hier ist fast jeder Schritt voran etwas Besonderes und mit der Zeit lernt man es die Gegner zu lesen, schaltet Abkürzungen frei, findet bessere Ausrüstung und schafft es die hartverdienten Amrita zum nächsten Schrein zu tragen, die das Äquivalent der Lagerfeuer sind. Hier können wir unseren Charakter aufleveln, sie fungieren als Rücksetztpunkte und sichern unsere Amrita. Denn sterben wir, so ist unsere nicht gesicherte-Beute erst einmal verloren. Wir haben zwar noch eine zweite Chance sie am Ort unseres Ablebens wieder aufzusammeln, aber sterben wir noch einmal, bevor wir das geschafft haben, sind die Amrita verloren. Man sollte aber auch die Schreine mit Bedacht einsetzen, denn bei jedem Beten am Schrein respawnen auch alle Gegner wieder, was man jedoch zu seinen Gunsten einsetzen kann, um Gegner zu farmen, um aufzuleveln. Immerhin handelt es sich um ein RPG, da ist so etwas möglich, um für bessere Chancen zu sorgen.

Technisch war bereits die 2017er Version ziemlich schön und daran hat sich auch im Remaster nichts geändert. Das Spiel sieht immer noch ziemlich schick aus und besticht nun durch eine noch bessere Performance und Grafik. So bietet das Spiel drei unterschiedliche Spielmdi, 4K mit 60fps, wobei hier die Auflösung in den Vordergrund gerückt wird und es stellenweise zu kleineren Frameeinbrüchen kommt. Variable 4K mit stabilen 60fps, wo man zu Gunsten der Framerate vereinzelte Grafikeinbußen hinnehmen muss und sogar ein 120fps-Modus, der allerdings nur mit HD-Auflösung läuft und logischerweise einen kompatiblen TV erfordert, den ich leider nicht mein Eigen nenne. Doch auch die anderen Modi können sich echt sehen lassen und werten das Spiel auf, wobei ich selbstverständlich empfehle eher auf die Performance zu gehen, da die Kämpfe im Gegensatz zu Souls sehr viel flotter ablaufen, stellenweise schon Hack n Slay-Anleihen haben und daher auch gute Reaktionen erfordern, wo Slowdowns wirklich nervig sein können. Neben der verbesserten Performance merkt man auch bei den Ladezeiten einen deutlichen Unterschied, denn sind diese beim Original noch nervig lange ausgefallen und konnten stellenweise 30 Sekunden und mehr betragen, bis man nach dem Ableben respawned, was einem im Spiel wie eine halbe Ewigkeit vorkommt, so geht es hier ruckzuck, was selbstverständlich auch dazu beiträgt den Frust mehr im Zaum zu halten. Weiter ist das komplette DLC-Paket bereits in das Spiel integriert und so hat man nicht nur Zugriff auf Story-Erweiterungen, sondern sogar besonders starke Waffen und Ausrüstungsgegenstände, die man sich jederzeit am Schrein unter „Bonus“ abholen kann. Ich habe das leider erst ziemlich spät herausgefunden und das hätte mir den Einstieg auf jeden Fall etwas einfacher gemacht, hätte ich es vorher gewusst.

Für mich ist „Nioh Remastered“ ein absolut gelungenes Remake. Nahezu alle Belange des Spiels wurden verbessert, ohne das ursprüngliche Spielgefühl zu verfälschen. Das Kampfsystem war mir durch den Nachfolger aus 2020 noch recht gut parat, doch einen weiteren großen Vorzug hatte ich fast komplett vergessen, da ich in der Zwischenzeit einfach zu viele andere Spiele gespielt habe: Die Story, denn wo man bei Souls eher auf Environmental-Storytelling setzt, also darauf vertraut, dass der Spieler sich die Hintergründe durch Setdesign und Hinweise selbst erschließt, so bekommt man in „Nioh“ eine ausgefeilte Geschichte mit professionellen Zwischensequenzen, Dramaturgie und sogar einigen überraschenden Wendungen. Wer die Herausforderung nicht scheut und das Spiel noch nicht gespielt hat, der sollte auf jeden Fall zum Remaster greifen, da man nicht alle Inhalte in einem Paket bekommt, sondern das Spiel von der Leistung der neuen Hardware mehr als profitiert. Einzig schade ist dabei, dass es für Besitzer des Originals keine Upgrade-Möglichkeit gibt. Bei „Nioh 2“ gibt es diese für alle Versionen, aber für den ersten Teil leider nicht.
Entwickler: Team Ninja
Publisher: Sony Interactive Entertainment / Koei Tecmo
Erhältlich auf: PS5
NB@17.02.2021
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