Seit Jahren bestand die Hauptreihe um Beutelratte Crash aus der Crash Bandicoot-Reihe lediglich aus einer Trilogie. Auch wenn es seit den ersten drei Teilen, die damals noch von niemand geringerem als Naughty Dog entwickelt wurden, 15 weitere Sequels und Spin-offs unterschiedlicher Genres gab, ist nie ein offizieller vierter Teil erschienen. Doch das hat sich nun geändert und 22 Jahre nach dem dritten Teil ist nun „Crash Bandicoot 4: It’s about Time“ erschienen, der die Trilogie zur Quadrologie macht. Allerdings stellte sich für mich die Frage, ob das Spiel den großen Erwartungen an die Reihe gerecht werden würde, zumal es sich nicht um eine Veröffentlichung zu Budgetpreis handelt, wie es bei dem Remake der klassischen Trilogie der Fall war, sondern um ein Vollpreisspiel. Um das herauszufinden wurde mir dankenswerterweise vom Publisher eine Review-Version des Spiels überlassen, was aber selbstverständlich keinen Einfluss auf meine Bewertung hat.

Entgegen des Remakes der Trilogie wurde der vierte Teil nicht von Vicarious Visions, sondern von Toys for Bob entwickelt, für die die Reihe aber auch kein komplettes Neuland ist. Denn auch wenn sie in den letzten Jahren mit dem Remaster der „Spyro Reignited Trilogy“ einer anderen klassischen Trilogie neues Leben eingehaucht hatten, hatten sie vorher für „Skylanders: Imaginators“ eine Sonderedition entwickelt, in der man sowohl Crash, wie auch Doctor Neo Cortex als Figuren dazu bekam und diese damit im Spiel spielen konnte. Zusätzlich gab es eigene Abschnitte für die Figuren, die in Look und Feel überaus nah an der Vorlage waren, sodass man dem Studio nun die Chance gab einen eigenen vierten Teil zu entwickeln.

Gleich der Beginn des Spiels spielt sich im Grunde identisch zu den klassischen Teil, obgleich die Technik selbstverständlich auf der Höhe der Zeit ist. Zum einen reproduziert man das klassische Gameplay, Mechanikern und Kamerawinkel bis ins kleinste Detail, bricht aber auch immer wieder bewusst mit den Erwartungen der Spieler, indem man neue Elemente und vorrangig die titelgebende Ratchet and Clank in unterschiedliche Dimensionen und ZeitepochenKomponente der Zeit einführt. Denn die Tagline „It’s about Time“ ist nicht nur auf die Zeit gemünzt, die seit dem dritten Teil vergangen ist, sondern uns ähnlich wie das kommende Ratchet and Clank in unterschiedliche Dimensionen und Zeitepochen führt und gleichzeitig auch den Auftakt der Geschichte stellt:

Denn am Ende von „Crash Bandicoot 3: Warped“ wurden die Bösewichter Doctor Neo Cortex und N. Tropy in eine Gefängnisdimension verbannt. Doch was bei „Superman II“ mit der Phantom-Zone schon nicht von Dauer war, geht auch hier schief, denn nicht nur schaffen es die beiden mit Hilfe von Uka Uka einen Ausweg aus der Dimension zu finden, sondern bringen dabei auch das komplette Multiversum durcheinander, indem sie Jagd auf die Hüter der Dimensionen, die Quantum Masken, machen. Doch sie haben ihre Rechnung ohne Crash gemacht, der sich entschlossen die Sturnschuhe anzieht, um dem Spuk ein Ende zu bereiten, ohne dass ihm dabei bewusst ist, dass es sich über seine bisher größte Herausforderung handeln soll…

Von dort an entlässt uns das Spiel ins Abenteuer, in dem wir die Wahl zwischen einem klassischen Modus, oder einem modernen Modus haben, die sich in einigen Punkten unterscheiden. So bietet der klassische Modus das bekannte System mit einer begrenzten Anzahl von Leben, Continues und der Möglichkeit über eingesammelte Wumpa-Früchte neue Leben zu bekommen. Im modernen Modus wird das bekannte System komplett über den Haufen geworfen: Wir haben im Grunde unendliche Leben und Continues, Wumpa-Früchte gelten als Währung und jedes Ableben setzt uns lediglich zum letzten Checkpoint und nicht zum Anfang der Stage zurück. Am Ende einer jeden Stage wird unsere Leistung in Form von Edelsteinen bewertet, von denen wir welche für den Prozentsatz der eingesammelten Kisten bekommen, einen versteckten Edelstein finden müssen und in Bezug auf unser Ableben bewertet werden. Dafür schalten wir gleichzeitig neue Kostüme für Crash und seine Freunde frei, was sich aber rein optisch auswirkt. Doch so bekommen sowohl Veteranen, wie auch neue Spieler eine leicht abgewandelte und auf sie zugeschnittene Erfahrung.

In Sachen Gameplay ist dabei, interessanterweise auch unabhängig des Spielmodus, alles gewohnt Old-school und lediglich einigen modernen Twists. So steuert sich Crash geschmeidiger denn je und hat natürlich seine Spin-Attacke, wie aber auch seinen Ground-Smash im Gepäck. Die Stages laufen sowohl in 3D als vertical-Scroller, wie auch in 2D als horizontal-Scroller ab und beide Spielmodi wechseln sich regelmäßig ab, damit es nicht langweilig wird. Um das Plattforming etwas leichter zu machen gibt es nun ein Orientierungshilfe in Form von Crash’s Schatten, was aber nicht heißen soll, dass es damit zu einfach wird, denn es gab während meinem Durchspielen dennoch unzählige Ableben, weil ich die Distanz eines Sprunges nicht richtig eingeschätzt hatte, was besonders in den Verfolgungslevels der Fall war, für die die Reihe ja berühmt, wie auch berüchtigt ist…

Doch es gibt auch wirkliche Neuerungen, die das Gameplay abändern und dennoch organisch in das Spielgeschehen eingebunden sind: Die Quantum-Masken – Es ist nämlich so, dass diese Masken eigene Fähigkeiten mit sich bringen, die sie Crash zeitweise überlassen, um besondere Herausforderungen zu überwinden. So können wir zum Beispiel zwischen unterschiedlichen Parallel-Dimensionen hin und her springen, die kleine Veränderungen in der Spielwelt mit sich bringen. So wechseln wir von Dimension zu Dimension, um Plattformen zu haben, auf denen wir springen können, oder um andere Gefahren aus dem Weg zu gehen, was sowohl präzises Timing, wie auch eine räumliches Denken erfordert. Denn trotz der Neuerungen und Optimierungen muss man sich über eins im Klaren sein: Crash ist im Jahr 2020 mindestens genauso fordernd, wie der erste Teil im Jahr 1996. Also wer meint, dass Spiele immer leichter werden würden, der hat hier das Gegenbeispiel. Und dabei ist es unerheblich auf welchem Modus man spielt.

Neben der Story, die uns über unterschiedliche Dimensionen führt, die jeweils aus einer Handvoll Levels und einem Boss bestehen gibt es natürlich auch optionale Levels und Herausforderungen. So schalten wir mit jedem beendeten Level den Speedrun-Modus frei und haben darüber hinaus die Möglichkeit uns in besonders fordernden Flashback-Leveln zu versuchen. Diese laufen dabei etwas anders ab, da es sich um Videobänder handelt, als ein jüngerer Doctor Neo Kortex den armen Crash als Versuchskaninchen durch unterschiedliche Hindernisparcours geschickt hat. Dabei sind diese ausschließlich an die Mechaniken der früheren Teile angelehnt und besonders fordernd. Doch gerade diese Levels, die man über einen alten Röhrenfernseher sieht und die Cortex dabei live kommentiert, sind ein tolles Augenzwinkern zur Vergangenheit. Zusätzlich gibt es dann auch noch die Möglichkeit die Levels nochmal im Inverted-Modus zu spielen, wo man sie in veränderter Richtung und mit anderen Gegnerpositionen angehen kann.

Die Grafik ist mehr als gelungen, überaus bunt und detailliert und läuft vor allem sehr flüssig, was für ein präzises Steuern auch unerlässlich ist und wenn man von den Ladezeiten absieht, die vor jedem Level auftreten könnte man auch fast denken, dass es sich bei „Crash Bandicoot 4: It’s about Time“ bereits um ein Nextgen-Spiel handeln würde. Besonders haben mir die kleinen und eigentlich unnötigen Details, wie die wechselnde Mimik und Gestik von Crash gefallen, der sowohl auf die Spielwelt, wie auch die Handlungen im Level zu reagieren scheint, ähnlich wie es schon bei „Crash Team Racing: Nitro Fueled“ der Fall war. Das verleiht dem charmanten Nager etwas mehr notwendige Tiefe und macht wett, dass er nach wie vor ein stummer Protagonist ist (wenn man mal von unerkennbaren Lauten absieht). Und durch die unterschiedlichen Dimensionen hatten die Entwickler Raum ihre kreativen Ideen auszuleben.

Insgesamt ist „Crash 4“ das Spiel geworden, von dem ich gehofft hatte, dass so wird, auch wenn ich die Befürchtung hatte, dass es nur so mittelmäßig werden würde, wie einige der Crash-Teile ohne Nummer. Doch das hat sich Gott-sei-Dank nicht bewahrheitet, denn Activision hat mit Toys for Bob eindeutig den richtigen Entwickler ausgewählt, der sowohl das Ausgangsmaterial respektiert und es gekonnt weiterentwickelt hat, ohne dabei zu drastische Züge anzunehmen. Das zeigt sich besonders in der Wahl der Spielmodi, die in kleinen Unterschieden sowohl alte, wie auch neue Spieler anspricht, damit jeder das Spielerlebnis bekommt, das er möchte. Und der Umfang ist mit 43 Story-Levels, 5 umfangreichen Bossen, 21 Flashback-Levels und der Möglichkeit alle Story Levels nochmal im Inverted-Modus zu spielen, wirklich umfangreich und nimmt für einen Durchgang zwischen 15 und 20 Stunden in Anspruch, was sich noch etwas ausdehnen oder straffen lässt, je nachdem wie viele der Zusatzlevels man macht und ob man Levels wiederholt, um alle Kisten zu finden. Die einzige Frage, die sich mir nach dem Spielen aufgedrängt hat war, ob wir jetzt auch ein „Spyro 4“ bekommen, denn dabei haben Toys for Bob auch schon unter Beweis gestellt, dass sie mit der Marke umgehen können und auch hier ist ein neuer Teil mehr als überfällig…
Entwickler: Toys for Bob
Publisher: Activision
Erhältlich auf: PS4, Xbox One
NB@12.10.2020
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