PS5 Review: „Far Cry 6“ #FarCry6

Auch wenn „Far Cry 6“ in mitten einer Revolution in der Karibik angesiedelt ist, beschränkt sich dieses ausschließlich auf das Setting. Wer eine spielerische Revolution erwartet ist hier absolut falsch, doch das ist auch gar nicht schlimm, denn auch wenn viele der Reihe fehlende Innovation vorwerfen, so ist  für mich als Fan genau das, was ich mir von einem Far Cry-Teil wünsche: Eine umfangreiche Sandbox, mit interessantem Setting, einem charismatischen Bösewicht und jeder Menge Action. Das soll selbstverständlich nicht bedeuten, dass der neue Teil „nur“ eine Kopie seiner Vorgänger ist, immerhin bringt jeder Teil auch kleinere Tweaks mit sich, finden wir daher gemeinsam heraus, was das Spiel genau bietet.

Kämpfen wir uns im letzten nummerierten Teil, „Far Cry 5“ und dessen Spin-off „Far Cry: New Dawn“ noch durch das zunächst malerische, später apokalyptische Hope County, Montana, USA und ließ uns gegen eine verrückte Doomsday-Sekte, um den charismatischen Joseph Seed, antreten, so finden wir uns dieses Mal im Bürgerkrieg, einer Revolution, die der skrupellose Diktator Anton Castillo im Keim ersticken möchte, wozu ihm jedes Mittel recht zu sein scheint. Angesiedelt ist das alles auf der fiktiven Inselgruppe Yara, die mit ihrer Architektur und Oldtimern, die über sie Insel fahren, stark von Kuba inspiriert ist, aber politisch den Kommunismus gegen den Faschismus eingetauscht hat.

Wir werden als entweder männlicher, oder weiblicher Protagonist Dani eher zufällig in die Revolution verstrickt, wo hingegen unser erste Motivation als gebürtiger „Yaraner“ ist, von der Insel in die Freiheit zu fliehen, was allerdings alles andere als gut funktioniert und jedoch zumindest nach etwa 1-2 Spielstunden die Chance auf ein frühes Ende bietet, wie es in Teil 4 und 5 ebenfalls der Fall war. Nehmen wir diese Chance nicht wahr schließt sich Dani, obwohl zunächst recht widerwillig, dem Widerstand an und wir nach und nach zum gefürchteten Guerilla im Kampf gegen Castillo und seine Schergen. Denn als Weiterentwicklung des Gebiete-Systems des fünften Teils und in stärker Anlehnung an „Tom Clancy’s Ghost Recon: Wildlands“ ist Yara in viele unterschiedliche Bereiche aufgeteilt und jeder Bereich hält am Ende eine Art Boss bereit, der besiegt werden muss, um den Bereich komplett für den Widerstand einzunehmen. Erst wenn wir genug Bereiche eingenommen haben, sind wir, bzw. der Widerstand stark genug, um gegen Castillo anzutreten, der sich logischerweise im schwersten und härtesten Bereich, der Hauptstadt aufhält. Prinzipiell sind wir nach dem Prolog zwar frei wohin wieder gehen und was wir machen, doch da die Bereiche und ihre Gegner jeweils mit einer Erfahrungsstufe ausgestattet sind, wird zumindest indirekt eine grobe Marschrichtung vorgegeben.

Entgegen der Vorgänger haben wir es bei Anton Castillo mit einer anderen Art Bösewicht zu tun. Waren sie vorherigen Bösewichte allesamt verrückte ist Castillo keineswegs verrückt, er hat sogar noble Ziele und wünscht sich Yara in das. Paradies auf Erden zu verwandeln, vergreift sich aber absolut in der Umsetzung, da im jedes Mittel recht ist und er selbst vor Völkermord nicht zurückschreckt. Das hebt ihn ganz klar von seinen Vorgängern ab und verleiht dem Spiel gleichzeitig auch einen sehr viel ernsteren Ton und mehr Realitätsbezug, den wir als Spieler aber, durch Personalisierung und einige optionale Missionen, bewusst durchbrechen können, denn auch das macht Far Cry aus. Leider gibt es durch den insgesamt ernsteren Ton aber auch weniger Interaktion mit dem Bösewicht, was inhaltlich aber nachvollziehbar ist, immerhin sind wir anfangs nur ein kleines Stück Sand im Getriebe. Castillo wird dabei vom herausragenden Giancarlo Esposito, den man unter anderem aus „Breaking Bad“ kennt, verkörpert, der derart gut gespielt wird, dass man ihn innerhalb von Minuten beginnt zu hassen…

Der Weg ist zweifelsfrei das Ziel in Far Cry, wenn wir als Dani beginnen die einzelnen Inseln und Regionen zu erobern und die insgesamt drei Fraktionen des Widerstands hinter uns zu bringen. Und das geschieht in Serientradition durch das erfüllen von kleinen (und großen) Aufgaben, die sich in Haupt- und Nebenmissionen gliedern, womit man also zum eher traditionellen Missionssystem aus zurückkehrt. Es gibt also keine Aktivitätenleiste mehr, die mir mit Nebenmissionen „füllen“ müssen, bis die nächste Hauptmission getriggert wird, wie es noch im fünften Teil praktiziert wurde. Hingegen wurde aber beibehalten, dass man Points of Interests und Missionen durch Gespräche und freies Erkunden freischaltet, Gott-gebene Missionsmarker, oder gar die berüchtigten Funktürme gibt es also nach wie vor nicht und das ist auch gut so. Zwar ist der Spielfluss durch eine Liste von Missionen wieder geradliniger, aber man minimiert auch das eher stupide Herumlaufen auf der Suche nach neuen durchführbaren Aktivitäten, die Zufalls generiert sind.

Die lebend-wirkende und in sich stimmige Spielwelt Yara erinnert wieder mehr an die tropischen Settings aus den Anfängen der Reihe erinnert. Inhaltlich ist sie aber deutlich abwechslungsreicher geworden und bietet neben Stränden, auch Berge, Canyons und mit der Hauptstadt Esperanza eine große Stadt. Doch gerade dieses abwechslungsreiche Layout macht die Erkundung mittels Auto, oder Motorrad etwas schwerer, weswegen es nun auch Pferde gibt, mit denen man zwar langsamer, aber sehr viel wendiger unterwegs ist. An Nebenmissionen und sonstigen Beschäftigen feiert auch das ausgeklügelte Angelsystem ein Comeback und ergänzt damit die bekannten Rennen, Stunts, Schatzsuchen und Außenposten, die nun in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden daherkommen.

Was es auch wieder gibt ist die Möglichkeit zum personalisieren unseres Charakters mit Kleidung und Ausrüstung. Wirkte das im fünften Teil noch irgendwie sinnlos und out of Place, da man die Outfits ohnehin nie sah und es auch keinen Unterschied machte, ob man nur eine Unterhose, oder eine Ritterrüstung trug, so hat man Fähigkeiten und Upgrades, die man vorher im Skill Tree fand nun teilweise an die Ausrüstung gekoppelt. So kann Dani dann unter anderem entweder mehr Munition tragen, Gegner werden automatisch getaggt, oder wir sind resistenter gegen Feuer. Und da man Dani nun auch im Spiel öfters aus der dritten Person sieht, sieht man also auch die Outfits. Denn die Zwischensequenzen sind nun nicht mehr aus dem Point of View der Hauptfigur, sondern animiert und filmisch inszeniert und Dani hat sogar eine Stimme bekommen, wo hingegen seine Vorgänger der letzten Teile stumm waren.

Zusätzlich wechselt das Spiel sogar an einigen Stellen in die Third Person, wenn wir uns beispielsweise in einer der Basen des Widerstands aufhalten, um die Navigation einfacher zu gestalten. Und da ich eben noch erwähnt habe, dass ein Teil der Skills aus dem Skill Tree an die Ausrüstung ausgelagert wurde, so muss man der Vollständigkeit halber auch sagen, dass der Rest an die Basen gekoppelt ist und es damit keinen klassischen Skill Tree mehr gibt. So muss man beispielsweise für den Wingsuit das „Verstecknetzwerk“ In einer der Basen freischalten und kann ihn von dort an uneingeschränkt verwenden, was die Navigation über die umfangreiche Karte um einiges schneller und spaßiger macht.

Spaßiger und stellenweise geradezu abstrus ist auch die Weiterentwicklung des Guns for Hire-Systems. Gab es im Vorgänger eine Handvoll menschliche und tierische Kämpfer, die man per Knopfdruck herbei rufen konnte, beschränkt sich das jetzt als „Amigos“ bezeichnete System nun auf Tiere, die alle ziemlich abgedreht sind und damit jede Menge Persönlichkeit mitbringen und sich jeweils durch eine Mini-Quest-Reihe freischalten lassen. Mein persönlicher Favorit ist dabei ohne Zweifel Chicharron, ein aggressiver Kampfhahn, der im Alleingang gerne ganze Gegnerhorden ausschaltet. Doch auch die anderen Tiere können sich sehen lassen, wie Chorizo, ein gehbehinderter Dackel, der seine körperliche Beeinträchtigung mit anderen Fähigkeiten wett macht, oder auch K-9000, einen Cyberhund inspiriert von „Far Cry 3: Blood Dragon„, der allerdings nur für Besitzer des Season Pass erhältlich ist.

Apropos Season Pass, dieser wird dieses Mal neben einem Paket an Gegenständen zur Personalisierung, sowie den eben erwähnten Amigo, drei umfangreiche Erweiterungen mit den Bösewichten der vergangenen drei Hauptteile, in denen wir, nach momentanen Informationen, in die Gedankenwelt der Bösewichte eindringen. Das zentrale Thema ist dabei jeweils die stärkste CharaktereigenschaftCharaktereigenschaft/Ziel des Antagonisten. In Episode 1 geht es um Wahnsinn mit Vaas Montenegro aus „Far Cry 3“, in Episode 2 mit Pagan Min aus „Far Cry 4“ geht es um Kontrolle und in Episode 3 mit Joseph Seed geht es letztendlich um Kollaps. Episode 1 soll noch im November erscheinen, die Episoden 2 und 3 folgen dann voraussichtlich im Januar und März des kommenden Jahres. Zusätzlich zu diesen neuen Inhalten bekommen Besitzer des Season Pass auch Zugriff auf das Remaster von „Far Cry 3: Blood Dragon“, das demnächst erscheinen soll, aber selbstverständlich auch einzeln erhältlich sein wird.

Spielerisch muss man wahrscheinlich nicht mehr viel über das Spiel verlieren: Wir steuern Dani, abseits der erwähnten Lager, in der First Person in der Optik eines Ego-Shooters. Entgegen normaler Shooter bietet das Spiel aber mehr Freiheit in der Spielweise und der Reihenfolge, wie wir was im Spiel überhaupt machen wollen. So haben wir durch die offene Spielwelt und die Missionsstruktur jederzeit den Überblick, was wir alles machen können. Zusätzlich lässt sich das Spiel ebenfalls wieder im Koop spielen, wobei hierbei zu beachten ist, dass nur Spieler auf der gleichen Konsole (und Generation) miteinander spielen können. Der Multiplayer umfasst dabei die offene Spielwelt, die Kampagne, aber auch spezielle Aufträge, die über die Lager aufgerufen werden können. Einen derart umfangreichen Multiplayer mit Level-Editor, wie es noch mit der „Far Cry: Arcade“ im Rahmen von „Far Cry 5“ der Fall war, gibt es allerdings nicht mehr.

Insgesamt ist „Far Cry 6“ genau das, was man von einem Far Cry erwarten kann. Es ist eine kunterbunte Sandbox mit umfangreicher Map, interessanter Story und jeder Menge Action. Die Geschichte ist dabei etwas ernster und mehr im Fokus des Spiels, was dem Spiel besser steht, als ein zu loser Verlauf. Wenn man mal von dem frühzeitigen Fake-Ending absieht, das es uns erlaubt das Spiel in 1-2 Stunden zu „beenden“, dauert es abseits davon mindestens 40-50 Stunden, bis der Abspann läuft. Die Zeit variiert je nachdem wie stringent man an der Hauptstory arbeitet und wie viele weitere Missionen und Nebenaktivitäten man angeht. Und Komplettisten können noch sehr viel mehr Zeit einplanen, zumal Ubisoft neben den Erweiterungen des Season Pass auch regelmäßig kostenfreie Erweiterungen und wöchentliche Herausforderungen nachliefert. Trotz der stattlichen Spielzeit kommt das Spiel dabei ohne spürbare Längen aus, wenn man mal von dem ein oder anderen zu langen Weg von A nach B absieht, was sich aber durch Schnellreise und Autopilot drastisch reduzieren lässt. Und da die Ladezeiten, besonders auf der PS5, zusätzlich zu 4K und 60fps, überaus kurz ausfallen, gibt es auch von der technischen Seite nicht wirklich etwas zu meckern. So bekommt jeder, der „Far Cry 6“ spielt genau das, was man von einem Spiel der Reihe erwarten kann und das zusätzlich auf dem technisch höchsten Niveau. Das Spiel gewinnt zwar keinen Innovationspreis, doch warum sollte man daran etwas ändern, wenn es doch gut funktioniert?

Entwickler: Ubisoft Milan / Ubisoft Toronto

Publisher: Ubisoft

Erhältlich auf: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, Google Stadia

NB@05.11.2021

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