PS5 Review: „Ghost of Tsushima Director’s Cut“ #GhostOfTsushima

Als letztes Jahr das herausragende „Ghost of Tsushima“ herausgekommen ist, war es für viele eine Offenbarung, denn war es nicht genau das, was sich Spieler insgeheim eigentlich von der Assassin’s Creed-Reihe gewünscht haben. Ähnliche Wünsche gab es auch in Hinsicht auf das Spielprinzip der lang-laufenden Reihe, denn auch wenn die RPG-Einflüsse mit „Assassin’s Creed: Origins“ der Serie neues Leben eingehaucht hatten, so wünschen sich viele Spieler, so wie ich auch, weniger RPG und mehr klassisches Assassin’s Creed, Denn auch wenn „Assassin’s Creed: Odyssey“ von seiner Spielwelt und Anzahl von Haupt- und Nebenmissionen alles bisher da gewesene weit in den Schatten stellt, so brachte das Spiel auch eine gewisse Hingabe zum RPG-Genre mit sich. Man musste sich darauf einstellen, dass man zwischen den Missionen viel Zeit mit (belanglosen) Nebenaufgaben vertun musste, um die für die nächsten Missionen erforderlichen Charakter- und Ausrüstungsstufen zu erreichen, wobei logischerweise der Spielspass leidet. Zwar ist der aktuellste Ableger der Reihe, „Assassin’s Creed: Valhalla“ diesbezüglich auf jeden Fall wieder in die richtige Richtung gegangen, doch wurde diese Lücke von beiden Fan-Erwartungen nun durch ein anderes Spiel gefüllt, das bisher exklusiv auf Sony’s PS4 erschienen ist und nun mit „Ghost of Tsushima Director’s Cut“ in überarbeiteter Form erscheint und gleichzeitig sein offizielles Nextgen-Debüt auf der PS5 gibt. Doch da das Upgrade nicht kostenlos ist, stellt sich die Frage, ob es einen Neukauf, oder die unterschiedlichen Preise zur Aufwertung einer bestehenden Version, rechtfertigt. Finden wir es heraus!  

Bevor wir uns mit dem Spiel an sich und dem Director’s Cut im speziellen beschäftigen, schauen wir uns mal die unterschiedlichen Kauf- und Upgrademöglichkeiten an, die Sony bereitstellt, denn diese können zugegebenermaßen etwas verwirrend sein. Neben dem kompletten Neukauf des Director’s Cut, der sowohl für PS4, aber auch PS5 veröffentlicht wurde, gibt es auch unterschiedliche Möglichkeiten bestehende Versionen, von der einen auf die andere Version, oder Generation zu upgraden. Die Komplettversionen werden zum Vollpreis vertrieben, also kostet die PS5-Version regulär 79,99 Euro und die PS4-Version ist für 10 Euro weniger zu haben. Besetzt man die Standard-Version für PS4 bereits kann man entweder für 19,99 Euro auf die Director’s Cut-Version der PS4 upgraden, die zwar die neuen Inhalte, aber keine der PS5-Features, wie adaptive Trigger, usw. enthält. Das kann sich mitunter lohnen, wenn man noch keine PS5 besitzt und auch nicht sicher ist, wann und ob man sich eine zulegt. Man kann auch zu einem späteren Zeitpunkt von der  PS4-Director’s Cut-Version auf die PS5-Version upgraden, wofür 9,99 Euro fällig werden. Alternativ kann man diese Schritt auch überspringen und upgraded von Standard-PS4-Version direkt auf Director’s Cut-Version auf der PS5, was dann direkt 29,99 Euro kostet… – Die Preisgestaltung könnte meinem Empfinden nach etwas moderater sein, aber dafür bekommt man im Gegenzug auch einiges geboten, was dem wir uns ausführlich widmen werden, wenn wir das Spiel allgemein etwas beleuchtet habe.

Interessanter Weise stammt das Spiel von keinem japanischen, sondern einem amerikanischen Entwicklerstudio, denn es wurde von Sucker Punch Productions entwickelt, die 2011 von Sony aufgekauft wurden und seitdem exklusiv für PlayStation entwickeln. Zu ihren vorherigen Werken zählen unter anderem die Infamous– und die Sly Cooper-Reihe, die ich beide sehr schätze, auch wenn diese wahrscheinlich nicht weiter vom feudalen Japan und einer düsteren Geschichte um Samurais entfernt sein könnten, was man dem Spiel aber zu keiner Weise anmerkt. – Ganz im Gegenteil, denn die Entwickler scheinen ihre Hausaufgaben gemacht zu haben und lassen die Handlung und Schauplätze, obgleich rein fiktiv, überraschend authentisch wirken. Die Geschichte ist 1274 zur Zeit der Mongolischen Invasion nach Japan angesiedelt. Diese begann mit der Insel Tsushima, die den Ort unserer Handlung darstellt, während wir als junger und teilweise übermütiger Samurai Jin Sakai hautnah miterleben müssen, wie die Samurai geschlagen werden und die Insel fällt. Die Samurai sind der Übermacht nicht gewachsen, was auch teilweise ein einschränkenden Code der Samurai um Ehre liegt, dem die Invasoren nicht gehorchen. Jin wird als tot geglaubt zurückgelassen während die mongolische Armee um den charismatischen, wie diabolischen Kothun Khan, seinen Onkel verschleppt und beginnt die gesamte Insel einzunehmen. Zwar fordert Jin bereits wenig später Khan zum Kampf, muss sich aber eingestehen, dass er ihm keineswegs gewachsen ist. –  Weder seine Kräfte noch seine Fähigkeiten sind ausreichend, um sich mit derart übermächtigen Gegnern zu messen. Und neben Training und Verbündeten muss er dabei seinen Code ablegen und vom Samurai zum titelgebenden Ghost of Tsushima werden…

Von der Formel und der allgemeinen Dramaturgie her ähnelt das bis ins kleinste Detail einer Assassin’s Creed-Geschichte und auch die offene Spielwelt, die sich über unterschiedliche Regionen der Insel Tsushima erstreckt, wirkt stellenweise wie eine Blaupause der bekannten „Ubisoft-Formel“ mit ihren Haupt- und Nebenmissionen, zufälligen Ereignissen, wie Gegnergruppen, die selbstständig durch die Landschaft ziehen und Sammelobjekten en Mass, die aber wenigstens auch einen spielerischen Nutzen mit sich bringen und nicht (nur) zum Selbstzweck existieren. So finden wir heiße Quellen, in denen wir Baden können, um unsere Energie nicht nur aufzufüllen, sondern auch dauerhaft zu steigern, oder Schreine, die jeweils frei-auszurüstende Perks für uns bereithalten. So hat die Sammelei wenigstens noch einen Sinn, auch wenn es für meinen Geschmack dennoch etwas viel „Sammelzeug“ gibt, um die Spielwelt zu füllen, die es im Grunde aber gar nicht nötig hat gefüllt zu werden, da es allein durch die Landschaft und die vielen Details wirklich viel zu entdecken gibt, was wir entweder zu Fuß oder zu Pferd tun können. Das ähnelt insgesamt etwas der Red Dead Redemption-Reihe, unterscheidet sich aber auf Grund der komplett anderen Flora und Fauna in Japan ungemein.

Denn die Insel Tsushima ist eindeutig der heimliche Hauptdarsteller des Spiels, denn so wunderschön und abwechslungsreich war bisher im Grunde noch kein Schauplatz für ein Spiel. Im einen Moment reiten wir noch durch blühende Felder, um am nächsten Moment in einem dichten Wald mit Kirchbäumen zu stehen und uns wenig später am Fuß eines Berges wiederzufinden, auf dem eine majestätische Festung steht. Dabei verfügt das Spiel sowohl über einen dynamischen Tag- und Nacht-, wie auch Wetterwechsel, was stellenweise mit überaus beeindruckenden Licht- und Schatten-. sowie Partikel-Effekten aufwartet. Lediglich die Hauptmissionen sind an bestimmte Tageszeiten und Wetter gebunden, doch bei feindlichen Camps abseits der Hauptmissionen haben wir daher die Wahl, ob wir tagsüber angreifen, wenn weniger Gegner im Camp sind, oder ob wir uns im Schutz der Dunkelheit rein schleichen, wenn aber generell mehr Gegner da sind. Weiter haben wir die Wahl, ob frontal angreifen, oder unsere Gegner schleichend ausschalten, was ebenfalls ein paar Tricks von den Assassinen entleiht. So vermisst man bei Jin zwar eine versteckte Klinge, aber dafür „schnätzelt“ sich Jin mit seinem Katana durch die Gegner und kann im späteren Spielverlauf sogar bis zu drei Gegner gleichzeitig unentdeckt ausschalten, wenn diese nah genug bei einander sind und Mechaniken mit unterschiedlichen Charakterlevels, die dafür sorgen, dass ein solcher Angriff nicht tödlich ist, gibt es bei „Ghost of Tsushima“ auch nicht. Jeder „Hidden Takedown“, sowie Kopfschuss mit dem Bogen ist direkt tödlich, so wie es auch sein sollte.

Doch auch das normale Kampfsystem kann sich wirklich sehen lassen. So verfügt Jin über den Spielverlauf nicht nur über vier verschiedene Grundstellungen, die ähnlich wie bei „Nioh 2“ mit ihren eigenen Vor- und Nachteilen daherkommen, sich also für unterschiedliche Gegner eignen und auch im Kampf jederzeit umgeschaltet werden können, sondern erlernt auch noch Sonderattacken und kann seine Waffen und Rüstungen sowohl optisch anpassen, wie auch verbessern. Er verfügt über einen leichten und einen schweren Angriff, die sich auch zu Combos verketten lassen, kann Kontern und Parieren, bekommt im Spielverlauf unterschiedliche Bögen als Fernwaffe und kleine Helfer, wie Kunais (japanische Wurfmesser), Rauchbomben und sogar Feuerwerkskörper, die sich zum Ablenken von Gegnern eignen, dazu. Insgesamt erinnert das Kampfsystem dabei an eine Mischung aus klassischem Assassin’s Creed, gepaart mit Sekiro und durch die Gadgets einer Prise Arkham. Es ist leicht zu erlernen und bietet dennoch einiges an Tiefgang für die Spieler, die gerne tiefer einsteigen möchten, ohne die eine oder andere Seite der Spieler dabei zu über-, oder unterfordern. Einzig die Kamera hat in machen Kämpfen ihre Probleme mitzuhalten, wenn man sich gegen mehrere Gegner versucht zu behaupten und dann dennoch aus dem toten Winkel einen Treffer einsteckt, zumal es kein Lock-on auf Gegner gibt, bzw. gab, denn dieses Feature wurde parallel zur Veröffentlichung des Director’s Cuts eingeführt, worauf wir bei den Neuerungen eingehen werden.

Technisch war die ursprüngliche Veröffentlichung zwar schon ein echter Leckerbissen, aber Sucker Punch hat es dennoch geschafft dem noch eine Schippe draufzusetzen und nutzt gleichzeitig die Vorzüge der neuen Plattform aus. Musste man sich auf der PS4 Pro noch zwischen Auflösung und Framerate entscheiden, so erlaubt die PS5 uns das Spiel komplett in 4K mit flüssigen 60fps zu spielen, was ein echter Genuss ist. Der grafische Unterschied mag zwar je nach Fernseher nur in Szenen mit vielen Details, Effekten und Weitsicht sofort auffallen, aber gerade gepaart mit der butterweichen Performance kann sich das Ergebnis wirklich sehen lassen. Die Ladezeiten, die ohnehin nur beim Spielstart, oder bei der Schnellreise aufgetreten sind, wurden nochmal verlangsamt. Jin’s Abenteuer lässt sich neben einer hochwertigen deutschen und englischen Synchro auch wahlweise auf Japanisch mit Untertiteln spielen, wobei man die Lippen-Synchronität für die japanische Sprachfassung verbessert hat, bei der es initial ein paar Probleme gab. Dieser Authentizität kann man mit dem ikonischen „Kurosawa-Modus“ noch die Krone aufsetzen.

Denn dann wechselt das Spiel in einen Schwarz-Weiß-Modus und fügt erkennbare Bildstörungen hinzu, damit das Bild annähernd so aussieht, als wäre es aus einem klassischen Samurai-Film von Akira Kurosawa, was aber eher ein Gimmick darstellt, da man sich sonst viel der Schönheit der Spielwelt beraubt und in einigen Missionen sogar anhand von Farben, wie blauen Blumen geleitet wird, was man dann leider nicht erkennt. Doch auch ohne den Modus wechselt das Spiel immer wieder in sehr cineastische Einstellungen und besticht durch einige wunderbare Kompositionen. Aus diesem Grund versucht das Spiel auch weitestgehend auf störende Huds und Missionsmarker zu verzichten. Es gibt zwar ein Mini Hud, das unsere Energie und Sonderkräfte, die man entweder für Spezialattacken oder Energie einsetzen kann, doch Missionsmarker sucht man vergebens. Stattdessen kommt Wind zum Einsatz, der immer in die Richtung zieht, wo unser nächstes Ziel ist. Über das Touchpad kann man diesen im Bedarfsfall auch nochmal stärker werden lassen, damit man mehr Übersicht bekommt. Die PS5-Version unterstützt selbstverständlich auch die adaptiven Trigger des DualSense-Controllers und überzeugt besonders mit der tollen Soundabmischung in 3D-Audio, was für nochmal um einiges mehr Atmosphäre sorgt.

Aber machen wir uns nichts vor, denn die meisten werden, neben der verbesserten Performance, beim Upgrade wahrscheinlich an den neuen Inhalten interessiert sein, daher widmen wir uns nun dem, was neu ist im Director’s Cut. Erst einmal werden bestehende Spieler erfreut sein, dass es auch ein paar Neuerungen gibt, die neben ihrer Implementierung in den Director’s Cut-Versionen, auch ihren Weg in die ursprüngliche Veröffentlichung des Spiels gefunden haben und ohne Zusatzkosten via Update nachgereicht werden. Das ist die Möglichkeit die Tastenbelegung des Controllers komplett frei zu mappen und im Spiel nun auch auf eine Lock-On-Funktion zuzugreifen, die viele Spieler bisher vermisst haben und womit in den teilweise recht hektischen Kämpfen mehr Flow aufkommt, wie man es zum Beispiel aus Arkham kennt. Auch der Multiplayer hat mit „Rivals“ quasi einen Horde-Modus bekommen, was ich allerdings ausschließlich der Vollständigkeit halber erwähne, denn das Herzstück der neuen Version ist eindeutig die Iki-Island-Erweiterung. Iki-Island ist eine kleine Insel, die bisher nicht Teil des spielbaren Bereiches war und die neben einer neuen Gegnerfraktion, religiöse Fanatiker, die mit unbarmherziger Kraft zuschlagen, auch mehr Hintergrundgeschichte zu Jin’s Vergangenheit bietet, da Iki-Island der Ort war, an dem sein Vater vor seinen Augen gestorben ist. Spielerisch ist das zwar nichts wirklich Neues, doch bietet eine interessante, in sich abgeschlossene, Nebenhandlung, die zusätzliche 10-15 Stunden Spielzeit bietet, je nachdem wie viele der Nebenaufgaben man während dem Spielen erledigt.

Gerade wegen dieser Erweiterung ist der Director’s Cut ein wirklich tolles Gesamtpaket, das viele Stunden an die Konsole fesselt. Wer bisher keine Berührungspunkte mit Tsushima hatte, sollte auf jeden Fall zum Director’s Cut greifen, da es das Beste aus dem Spiel herausholt. Wiederkehrende Spieler, die more-of-the-Same wollen, werden auch auf jeden Fall glücklich, zumal man sogar mit dem bestehenden Spielstand weiterspielen kann. Durch das unaufdringliche Missionsdesign und viele zufällige Ereignisse und Gebiete im Spiel, die man rein nebenbei „findet“ entsteht ein sehr kurzweiliges Spielgefühl und auch nach dem „Ende“ gibt es immer noch genug in der Spielwelt zu tun, ohne dass es langweilig wird. Auch wenn die Geschichte anfangs recht überschaubar wirken mag, hält diese dennoch ein paar interessante und unvorhersehbare Wendungen bereit, die ich selbstverständlich nicht spoilern möchte. Insgesamt hat das Spiel wirklich Spaß gemacht und ist im Prinzip genau das Spiel, was sich Assassin’s Creed-Fans seit Jahren wünschen, nur dass jetzt eben nicht vom französischen Publisher, sondern Sony kommt. Die Spielwelt ist wunderschön, das Kampsystem ist ein- und leichtgängig, ohne dabei zu leicht zu sein und das Spiel hat mich sehr gut unterhalten, obwohl ich anfangs die Befürchtung hatte, dass durch die Open World-Ausrichtung in Gänze zu wenig Fleisch am Knochen sein könnte, was bei vielen Open World-Spielen eine Gefahr ist und weswegen ich meist komprimiertere Erlebnisse bevorzuge. Mein zweiter Trip nach Tsushima hat mich gleich wieder in seinen Bann gezogen und noch einmal gezeigt, warum das Spiel so gut ist. Bisher war es „nur“ das letzte große Exklusivspiel auf der alten Gegenration, doch findet nun noch einmal ein neues Leben auf der neuen Generation.


Entwickler: Sucker Punch Productions
Publisher: Sony Interactive Entertainment
Erhältlich auf: PS4, PS5

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