Seit Jahren spaltet dabei eine Frage die Spielergemeine: „Fifa oder PES?“ – Kein Jahr vergeht, indem es nicht zu neuen Veröffentlichung der beiden Platzhirsche in Sachen Fußball-Games kommt, die mittlerweile sogar als anerkannter e-Sport betrieben werden… Die Frage ist allerdings immer, ob sich ein Update überhaupt lohnt, denn in den meisten Fällen haben sich ja nur die Zusammensetzungen der Teams geringfügig geändert, oder? – Und aus diesem Grund habe ich mir das diesjährige Fifa einmal ganz genau angesehen, wofür mir dankenswerter Weise vom Publisher EA eine kostenfreie Testversion zur Verfügung gestellt wurde, was aber selbstverständlich keinerlei Einfluss auf meine Bewertung hat. Dabei sollte man meinen, dass ein Review über Fifa an sich das einfachste der Welt sein sollte, sofern man mit den Vorgängern bewandert ist, denn wenn man ein wenig in das Spiel reinschaut und man sofort weiß, was sich verbessert hat, da sich ja am Grundspielprinzip nicht viel verändert. Aber in der Tat hat EA dieses Jahr ein ziemlich umfangreiches Update geschnürt, was schon bei dem stärkeren Fokus auf eine Story auffällt.

Aber bevor wir uns tiefer mit den Veränderungen beschäftigen, versuchen wir erst einmal die Zielgruppe eines solchen Updates genauer festzumachen, für die ich überhaupt schreiben kann. – Ganz klar ist, als berufstätiger Familienvater mit akzeptablen Fußball-Kenntnissen, kann ich hier weder Fifa-über-Nerds noch die Fifa-Fußball-Fans abholen, sondern eher dem Gelegenheitsspieler, wie ich selbst einer bin. Denn erstere haben sich dem Spiel und den Mechanismen seit Jahren verschrieben und haben das Spiel ohnehin schon Day One auf der Konsole, und schneller verinnerlicht als ich „Review“ rückwärts buchstabiere. – Das ist im Grunde wie bei allen Spielen mit einer starken Community, wie auch Battlefield und Call of Duty, die kann ich nicht erreichen. Die letztere Fraktion, spielt Fifa nicht, weil sie an der Konsole per se zocken, sondern sie spielen einfach immer das aktuelle Fifa wegen den neuen Lizenzen, den kleinen Optimierungen am Gameplay und haben sehr wahrscheinlich eine Konsole wegen „Fifa“ und alles weitere sind Nebenerscheinungen. Bei dieser Fraktion reicht eigentlich schon folgendes Fazit: Braucht man die neusten Spieler, Kader und Trikots? – Wenn ihr das bejaht, dann ist mein Review hiermit beendet, denn das Spiel liefert euch genau das. Und da EA bisher noch keine Möglichkeit anbietet die bestehenden Versionen per DLC upzudaten, bleibt nur noch die Option das aktuellste Spiel der Reihe zu kaufen. Denn wenn es „nur“ um Fußballspielen geht reicht im Grunde auch noch „Fifa 21“, auch wenn da nicht mehr alles up-to-Date ist und sich auch einige Spieler in Sachen Aussehen und Frisuren verändert haben können.

Also, an wen ist dieser Test hier gerichtet? Na, hauptsächlich an Leute wie mich, die zwar wenig Zeit zum Zocken haben, die Frau und Kinder und Familie und Freunde und Kollegen haben. Die aber, wenn sie dann auch mal zocken können, dann soll es halt auch richtig Spaß machen. Die Leute, die sich gerne auch mal allein durch das apokalyptische Seattle oder Tsushima schlagen, wenn sie nicht mit Norman Reedus Pakete ausliefern. Die aber auch gerne mal das Runde ins Eckige kicken wollen, was dann auch gerne mit Freunden auf der gleichen Couch umgesetzt wird. Unter Umständen auch mit einer der vorher genannten Personengruppen. Ist „Fifa 22“ das richtige für diese Personen? Und lohnt sich das Upgrade wenn man „Fifa 21“, oder älter besitzt?

Im Spiel werden wir in gewöhnten Menüs und mit gewohnt knackigem Soundtrack schon mal auf das Kommende eingespielt. Die Menüs sind gut aufgebaut, folgen dem aktuellen Branding, das ebenfalls für die anderen aktuellen Veröffentlichungen, wie „UFC 4“ und „Madden NFL 22“ verwendet wurde und sowohl von Veteranen, wie auch Neulingen schnell verstanden wird. Die gespeilten Songs sind aktuelle Charterfolge, aber auch unbekanntere Lieder angesagter Künstler, oder auch neue und eher unbekannte Interpreten, wobei die Auswahl dabei hauptsächlich aus Radiotauglichen RNB- und Popsongs besteht. Insgesamt sind über 100 unterschiedliche Künstler, wie CHVRCHES, Lorde, Chemical Brothers, oder auch deutsche Interpreten,wie badmómzjay im Soundtrack vertreten, der auch separat erhältlich ist, bzw. über die gängigen Streamingdienste gehört werden kann.

Technisch muss das Spiel dieses Mal absolut aus zwei Geschichtspunkten behandelt werden, zum einen das Gesamtpaket, was man also alles mit diesem Fifa bekommt und zweitens dem Kern, dem Fußballspiel an sich. Und gerade in letzter Hinsicht handelt es sich bei „Fifa 22“ eigentlich um ein ganz normales Fifa, wie man es kennt, so sind die Veränderungen in Sachen Grafik eher marginal und unscheinbar, wobei mir eine erkennbare Verbesserung der Charaktermodelle aufgefallen ist, die gerade in Wiederholungen und Closeups durchaus echt aussehen. Doch sonst sind die Veränderungen eher unscheinbar: Hier und da wirken die Texturen zwar einen Tick satter, aber das fällt wahrscheinlich nur im 1:1-Vergleich genauer auf. Das soll natürlich in keiner Weise zu negativ klingen, insgesamt bietet das Spiel ein sehr gutes Bild mit einigen Details, aber dennoch hätte man ein paar Sachen durchaus besser ausarbeiten können. So hatte ich zum Beispiel gehofft, dass vielleicht die teilweise wie Wachsfiguren agierenden Fans mal etwas verbessert, doch daran hält man leider immer noch fest. Dann warten wir wegen solchen Verbesserungen noch etwas weiter… – Das Spiel aber durch ein realistischeres Ball- und Spielerverhalten und einen stärkeren Fokus mehr Bewegung und manuelles Verteidigen, durchaus ein Schritt nach vorne. Und auch in anderen Belangen, ist Fifa auch mit dem diesjährigen Update mit jeder Menge echter Lizenzen auf dem neuesten Stand. Also wurden auch angepasste Trikots, Sponsoren, durchgeführte Transfers und weitere Anpassungen an die aktuelle Saison berücksichtigt.

Selbstverständlich bietet das Spiel auch wieder die Möglichkeit eigene Transfers, via Team-Update-Funktion, durchzuführen, oder auch das eigene All-Star-Team, genannt FUT, wofür wir selbst frühere Spieler in ihren Bestformen auswählen können, zu basteln. Doch auch „von der Stange“ stehen dieses Mal alle Teams der unterschiedlichen europäischen Liegen zur Verfügung und man kann selbst Liegen-übergreifende Spiele durchführen, wenn man also schon immer mal sehen wollte, wie der 1. FCK sich gegen Chelsea behauptet… Interessant ist hierbei zusätzlich, dass selbst von den englischen Kommentatoren, die ich zufällig noch aktiviert hatte, die Namen der deutschen Vereine und sogar Spielernamen eingesprochen wurden, was bei vorherigen Titeln der Reihe nur in Ausnahmefällen und bei wirklich hochkarätigen Vereinen der Fall war. Ebenfalls erwähnenswert ist, dass mit „Fifa 22“ zum ersten Mal eine weibliche Kommentatorin zur Verfügung steht. Dabei handelt es sich um niemand geringeren als Alex Scott, die ehemalige Profi-Kickerin, die in früheren Fifas noch als aktive Spielerin spielbar war und sich seitdem vom aktiven Spiel zur Ruhe gesetzt hat.

Doch kommen wir noch einmal zu den inhaltlichen Änderungen, denn die sind ein Argument, was durchaus für das Update spricht: Zum einen wird wieder ein stärkerer Augenmerk auf einen Story-Modus, hier „Karriere“ gelegt. Das beginnt schon mit dem interaktiven Tutorial, wo wir unseren Spieler erschaffen können und ihn quer durch die Pariser Innenstadt zum PSG-Stadion bringen müssen, wo uns die Grundsteuerung in kleinen Tutorials nähergebracht wird. Im Stadion beginnt dann ein tiefergehendes Tutorial in einem Mini-Match, das wir mit Kylian Mbappé, der gleichzeitig dieses Mal auch das Cover des diesjährigen Spiels ziert und Thierry Henry bestreiten, bevor wir, quasi als Abschlussprüfung, das Champions League-Finale zwischen PSG und dem BVB bestreiten. Zwar nimmt „unser“ Spieler dazu lediglich in der VIP-Lounge-Platz, aber dafür treffen wir dabei auf viele bekannte Stars, als Cameos, allen voran David Beckham, den wir bis dahin schon mehrfach im Spiel getroffen habe, was stellenweise recht witzig gemacht ist. Danach öffnet sich das Spiel und bietet uns die Möglichkeit gleich einen ganzen Verein zu kreieren, samt Wappen, Trickots und allem, was dazu gehört und dem Verein zum internationalen Erfolg zu verhelfen.

Neben dem klassischen Storymodus und den normalen Matches auf den Plätzen dieser Welt feiert auch Volta Fußball, der etwas rauere, aber dafür mit umso mehr Flair ausgestattet Straßenfußball ein Comeback. Hier sind die Plätze kleiner und es stehen sogar besondere Skill-Fähigkeiten zur Verfügung, die für ein insgesamt schnelleres, actionreicheres und Arcadiges Spielgefühl sorgen. – Doch die schönsten Modi taugen nichts, wenn die Gegner KI sich gefühlt noch nicht einmal die Schuhe zubinden kann und doch auch hier hat EA mittlerweile (oder im Grunde endlich mal) nachgebessert und so können auch Spiele gegen die CPU zu einer Herausforderung werden, wenn man gerade keinen Couch-Buddy zur Hand hat. Laut Information von EA trifft die KI in „Fifa 22“ sechs Mal so viele Entscheidungen, wie noch in „Fifa 21“ und auch wenn ich das persönlich natürlich schlecht überprüfen kann, ob diese Aussage stimmt, so merkt man im Direktvergleich unter gleichen Einstellungen und Bedingungen durchaus eine Steigerung.

Besonders merkt man das bei den Torwarten, denn diese waren in vorherigen Spielen meist nur optisch unterschiedlich und spielerisch austauschbar, doch jetzt hat jeder Keeper seine eigenen Stärken und Schwächen, was sich auch in den Bewegungsabläufen wiederspiegelt, die von den Vorbildern im echten Leben übernommen wurden. Gleiches gilt für die Ballkontrolle, die sich in den letzten Jahren zwar schon enorm verbessert hat, aber stellenweise immer noch irgendwie willkürlich erschien. Durch die hochtrabend betitelte „Hypermotion Technology“ hat man versucht möglichst realistische Körper- und Ballbewegungen in das Spiel zu implementieren. Das führt zu flüssigeren Bewegungsabläufen, wo sogar Wetter- und Bodenbedingungen einen Unterschied machen, also fast wie im echten Leben. Und wo wir gerade beim echten Leben sind: Normalerweise stehen die Spieler in einem echten Match selten regungslos herum und warten auf ihren Einsatz. So heftig war es zwar nicht, aber dennoch gibt es merkliche Unterschiede zu echten Verhalten. Und dem hat man sich auch angenommen und nun unterhalten sich Spieler, schreien, geben Zeichen, und so weiter. In den meisten Fällen ist das zwar keineswegs kriegsentscheidend, aber es steigert dennoch die Authentizität.

Insgesamt hatte ich und habe ich mit „Fifa 22“, sowohl Solo, als auch im Co-Op, wirklich eine Menge Spaß. Es erfindet das Rad zwar zweifelsohne nicht neu, aber das ist auch gar nicht der Anspruch, denn EA versucht mit der Reihe ein breites Spektrum an Spielern, von Anfängern zu Profis, Neulingen, oder auch Veteranen abzuholen und jeder Zielgruppe ein rundes Erlebnis zu spendieren. So geht man zwar auf der einen Seite auf Nummer sicher, so wird zwar auf zu viel Simulation und zu starke Veränderungen verzichtet, aber dennoch das solide Spielprinzip sinnvoll erweitert, wobei ich persönlich sehr den Fokus auf Story und die vielen kleinen Verbesserungen schätze. Die Matches laufen mittlerweile auch gegen die KI fast so dynamisch, wie gegen menschliche Gegner ab und variieren ihr Spielprinzip. Besonders zeigt sich das im gestiegenen Anspruch im Defensivspiel und Zweikämpfe, die keine sichere Nummer sind, aber auch beim Torschuss, da es keine absolut sicheren Paraden mehr gibt. Auf der PS5 glänzt das Spiel, im Direktvergleich zur PS4, mit flüssigerer Performance, leicht schärferen Texturen und kürzeren Ladezeiten, ist aber auf beiden Generationen gut spielbar. Dennoch sollte man vorsichtig sein, wenn man sich die PS4-Version zulegt und ggf. später auf die PS5-Version umsteigen möchte, denn entgegen zum Vorjahr steht dieses Upgrade nicht bei allen Versionen zur Verfügung. Die Standard-Version, zu der wahrscheinlich die meisten Menschen greifen werden, ist nicht für ein Upgrade berechtigt. Das ist lediglich den Käufern der hochpreisigen Ultimate Edition vorbehalten, was ich ziemlich unfair finde, da die Kunden damit extra zur Kasse gebeten werden und derartige Upgrades größtenteils ohne Zusatzkosten angeboten werden…
Entwickler: EA Vancouver / EA Romania
Publisher: EA
Erhältlich auf: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, Google Stadia
NB@11.10.2021
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