Wer „A“ sagt, murr auch „B“ sagen, bzw. wer über den ersten Teil innerhalb der „Castlevania Requiem“-Sammlung, in Form von „Rondo of Blood“ berichtet, muss auch über „Symphony of the Night“ berichten. Denn wo „Rondo of Blood“ den Abschluss des klassischen, recht linearen Castlevania’s darstellt, tritt „Symphony of the Night“ den Weg in eine neue Ära der Reihe an, die bis heute dominierend ist und sich in Form von der Genre-Bezeichnung des „Metroidvania“, durch ihre Vorbilder Metroid und Castlevania (mit „Symphony of the Night“) fest in der Kultur verankert hat.
Und das Spiel, das 1997 von Konami herausgebracht wurde markiert gleich in mehreren Punkten den Aufbruch in eine neue Ära, denn nicht nur hatte es durch ein nicht-lineares Spielprinzip und dominante RPG-Elemente einen sehr viel höheren Wiederspielwert, sondern erschien auch auf der neuen Konsole eines Konzerns, der frisch in den Konsolenmarkt eingestiegen war mit Sony’s PlayStation 1. Auch wenn der direkte Vorgänger auch bereits auf CD herausgekommen war und durch animierte Cutscenes und Sprachausgabe überzeugte, kam das neue Medium CD-Rom erst mit diesem Teil richtig zu tragen: Das Spiel sieht heute auch noch toll aus und besticht durch zahlreiche Details, Sprachausgabe, CD-Musik, Computeranimierte 3D-Zwischensequenzen mit filmisch-inszenierten Kamerafahrten und einer Spielgröße, die sein Gleiches sucht. Persönlich ist das Spiel für mich eins der besten Spiele auf der PlayStation 1 und daher ist es umso unerklärlicher, warum das Spiel es nicht auf die „PlayStation Classic Mini“ geschafft hat. Und nachdem es auf der Konsole mittlerweile ziemlich rar geworden ist, ist der Download auf der PlayStation 4 eine willkommene Alternative zum Original, das auch heute für viele nicht nur das Beste Spiel aus der Reihe, sondern auch immer noch eins der besten Spiele aller Zeiten ist.
Entgegen anderer Teile der Reihe spielen wir diesmal keinen Teil des Belmont-Klans, zumindest nicht im Hauptteil des Spiels, denn das Spiel beginnt im Grunde mit dem Finale des Vorgängers, „Rondo of Blood“ mit dem ikonischen Bosskampf zwischen Richter Belmont und Dracula. Nachdem dieser beendet wurde (und nein, keine Angst, man kann im Grunde nicht versagen) beginnt die neue Geschichte. Denn zwar hat es Richter geschafft Dracula Einhalt zu gebieten, doch knapp 4 Jahre später verschwindet Richter plötzlich spurlos und Dracula’s Schloss, dass normalerweise nur einmal pro Generation auftaucht, erscheint wieder. Mangels eines Belmonts zum Kampf gegen Dracula beschließt ein anderer Held die Menschheit vor der Unterjochung zu bewahren: Alucard, der Sohn des Grafen Dracula…
Wenn wir beginnen mit Alucard zu spielen ist er ein kraftvoller Charakter, der Gegnerhorden mit Leichtigkeit niedermetzelt, nur um uns ein paar Minuten im Spiel all diese Kraft zu nehmen. Denn Gevatter Tod kreuzt unseren Weg, versucht uns zuerst verbal von unserem Vorhaben, Dracula zu töten, abzubringen und beschließt sich dann, als seine Überzeugung keine Wirkung zu zeigen scheint, uns alle unsere Ausrüstungsgegenstände und Kraft zu rauben, um uns so aufzuhalten. Von dort an ist Alucard ziemlich schwach, kaum geschützt und kann am Anfang nur mit seinen Fäusten kämpfen. Wir müssen uns von dortan durch getötete Gegner Kraft in Form von XP verdienen, um uns wieder zu stärken. Zusätzlich lassen einige der besiegten Gegner, oder auch zerstörbare Objekte in der Spielwelt mit etwas Glück Ausrüstungsgegenstände, in Form von Waffen, Rüstungen, Talismanen und jeder Menge an Zauber- und Konsumgütern fallen, die wir dann für unseren Charakter verwenden können. Hier wird die neue Ausrichtung des Spiels als RPG sehr deutlich, denn das Level des Charakters findet zwar automatisch statt, doch besonders die Wahl der Ausrüstung kann in immensen Teilen über Erfolg und Niederlage entscheiden, da wir so unsere Stats, in Angriff, Verteidigung, Ausdauer, Glück, usw. beeinflussen. Zusätzlich gibt es auch Konsumgüter, wie Zauber, die wir als zusätzliche, aber verbrauchbare Waffe verwenden können oder auch Essensvorräte zum Auffrischen unserer Energie. Das System ist sehr vielschichtig und es empfiehlt sich durchaus jedes gefundene Item genau zu inspizieren, um uns das Spiel nicht schwerer zu machen, als es ist.
Ab diesem Zeitpunkt öffnet sich auch die nicht-lineare Spielwelt für uns und wir können im Prinzip von Anfang an überall hin, wenn uns nicht für einige Wege noch die richtigen Fähigkeiten fehlen würden. Denn mit der Zeit (und das Aufleveln) lernt Alucard weitere Fähigkeiten dazu und kann sich dann auch in eine Fledermaus oder Nebel verwandeln oder auch höher springen. Diese im Grunde „natürlichen Begrenzungen“ und die offene Spielwelt wurden bereits durch die Metroid-Reihe geprägt, was der Ausrichtung auch die Bezeichnung „Metroidvania“ eingebracht hat. Zwar kann man dadurch auch in (temporäre) Sackgassen gelangen, da zum Vorankommen noch eine Fähigkeit fehlt, aber der Frust hält sich durch das ausschweifende Leveldesign in Grenzen. Denn die Bereiche im Schloss sind recht unterschiedlich gehalten und neben den optischen Schauwerten wird eine Erkundung und der Kampf gegen Gegner mit XP und neuen Items belohnt. Und da die Gegner respawnen, wenn man den Raum verlässt und neu betritt bieten sich so einige Möglichkeiten unseren Charakter aufzuleveln. Neben den normalen Gegnern, von denen es unzählige unterschiedliche Typen gibt, gibt es auch einige Bossgegner im Schloss. Diese sind zwar schwerer, als normale Gegner, bieten dafür aber auch das beste Loot und respawnen auch nicht mehr. Von diesen bekommen wir meist die speziellen Fähigkeiten, die uns helfen komplett neue Bereiche des Schlosses für die Erkundung freizuschalten.
Das klingt zwar nicht besonders spaßig, motiviert aber dennoch ungemein und so ist man in Kürze immer auf der Suche nach neuen Bereichen und damit neuem Loot. Im Verlauf der Geschichte gibt es auch eine Erklärung zum Verschwinden von Richter Belmont, sowie einige interessante Wendungen, die ich aber hier nicht spoilern werde. Aber einen Sachverhalt kann ich spoilern, da das Spiel immerhin bereits fast 20 Jahre auf dem Buckel hat und der Sachverhalt bereits in die Annalen der Videospielgeschichte eingegangen ist, ebenso, wie es bei „Ghouls n Ghosts“ wahrscheinlich niemanden mehr verwundert, dass man das Spiel, um das richtige Ende zu sehen, zwei Mal komplett durchspielen muss… – Denn das Spiel wartet mit unterschiedlichen Enden auf und bietet so auch die Möglichkeit nach dem Erreichen des guten Endes das Spiel fortzusetzen. Denn im Grunde ist dieses Ende nur die Halbzeit gewesen: Auch wenn der Fortschritt zu diesem Zeitpunkt 100% dreht sich das komplette Schloss (=die Spielwelt) und ist ab dann vollgepackt mit neuen Gegnern, neuen Bossen und einem neuen Endgegner. Erst wenn man dieses zweite Halbzeit (also das Spiel zu 200%) abgeschlossen hat, bekommt man das richtige Ende präsentiert. Und das interessante ist, dass dieses Drehen der Spielwelt dennoch genauso gut funktioniert, wie vorher und es zu keinem Zeitpunkt auffällt, dass die Areale so designed wurden, dass die Räume sowohl in der einen, als auch in der anderen Ausrichtung gut funktionieren und in sich schlüssig sind.
Aber schauen wir uns mal das technische Grundgerüst an: Ebenso wie das Gegenstück “Rondo of Blood” in der “Castlevania Requiem“-Collection verfügt auch „Symphony of the Night“ über Einstellungsmöglichkeiten des Rahmens, Zu- und Abschalten von Scanlines, Interlacing, etc. Die Möglichkeiten der Einstellung sind absolut identisch für beide Teile und lassen sich über das gemeinsame Hauptmenü einschalten. Sieht man von diesen kleinen Spielereien ab, die natürlich Geschmackssache sind, sieht „Symphony of the Night“ allerdings für sein Alter wirklich gut aus. Die Grafik wurde für diese HD-Umsetzung hochskaliert und überzeugt mit scharfen Texturen und frischen Farben, die das Pixelgrafikgerüst umschmeicheln. Die Areale und das Gegnerdesign bieten sehr viel Abwechslung und nutzen den zusätzlichen Speicherplatz einer CD, anstatt eines Moduls wirklich aus, denn bereits die Größe des Schlosses ist schier beeindruckend. Zusätzlich gibt es im Spielverlauf so gut wie keine (erkennbare) Ladepausen, da alles vorgeladen wurde. Natürlich gibt es den ein oder anderen Übergangsraum, der wahrscheinlich nur eingefügt wurde, um eine Ladepause zu kaschieren, aber für die damalige Technik ist das wirklich beachtlich. Der einzige Kritikpunkt, den ich an den Grafiksektor habe ist, dass das Design von Alucard nur rudimentär an seine Ausrüstung angepasst wird. Zwar erkennt man bei unterschiedlich langen Waffen eine Veränderung in seiner Reichweite, aber davon abgesehen verändert im Grunde nichts die grafische Darstellung. Wir können daher nach Herzenslust Hüte und Rüstungen im Ausrüstungsmenü ausrüsten, erkennbar ist das nicht optisch, sondern nur innerhalb der Stats. Wahrscheinlich hätte das für die damalige Technik den Rahmen gesprengt, aber das stößt mir leider schon seit der Erstveröffentlichung leicht negativ auf, auch wenn das im Gesamtbild natürlich weniger ins Gewicht fällt und lediglich zu leichten Abzügen in der B-Note führt und schon Jammern auf ganz hohem Niveau ist. Immerhin läuft das Spiel unwahrscheinlich flüssig, auch bei hektischen Situationen ohne Slowdown und die Eingaben werden ohne erkennbare Verzögerung im Spiel umgesetzt, was bei einigen fordernden Kämpfen schon fast eine Grundvoraussetzung ist.
Wie das allgemeine Spiel in Sachen Größe und Umfang hat auch der Soundtrack und die allgemeine Vertonung durch die CD-Technologie nochmals ein Update erfahren und präsentiert den wahrscheinlich besten Soundtrack der gesamten Reihe. Die klassischen Themen der Vorgänger wurden aufgegriffen und teilweise Orchestral und teilweise auch mit dicken Gitarrenriffs in sehr epischer Weise neu arrangiert und aufgenommen. Zwar ist das in der heutigen Zeit nichts wirklich außergewöhnliches mehr, aber für die damaligen Verhältnisse, wo ein Soundtrack meist aus einer Handvoll Chiptune-Tracks in Endlosschleife bestanden hat, war das wirklich herausragend, was sogar dafür gesorgt hat, dass es sich bei „Symphony of the Night“ um eines der ersten Spiele handelte, zu dem eine Soundtrack-CD herausgebracht wurde. Die Vertonung ist zwar im direkten Vergleich nicht so das Wahre, da hier wirklich sehr skurrile Dialoge eingebaut wurden, die nach heutigem Emofinden auch zu steril und verrauscht wirken zum Einsatz kommen, aber immerhin wurde hier eine echte Vertonung implementiert. Erwähnenswert dabei ist allerdings, dass es sich, ebenso wie bei „Rondo of Blood“ nicht um die Originalsynchro handelt, sondern um die Neusynchro, die auch bereits auf der PSP-Version von beiden Spielen verwendet wurde. Diese behebt zwar grobe Grammatik-Schnitzer und wirkt insgesamt etwas professioneller, als die alte Synchro. Wahrscheinlich ist das aber nicht durch ein Vorhaben der Ausbesserung, sondern eher irgendwelche Rechte, die ausgelaufen sind, erforderlich gewesen. Einen anderen Grund kann ich nicht vorstellen, denn es gibt unzählige Beispiele für eine schlechtere Syncho, die dennoch im Urzustand geblieben sind.
Wer bisher noch keine Berührungspunkte mit dem wahrscheinlich besten Spiel der Reihe hatte und eine gewisse Affinität zu Retro mitbringt, der sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren, denn es ist meine Meinung nach immer noch eins der besten Spiele aller Zeiten und fehlt zu Unrecht auf Sony’s bald erscheinender Mini-Konsole der PS1. Das Spiel ist im Rahmen der „Castlevania Requiem“-Neuauflage, die exklusiv für PS4 erschienen ist, zusammen mit dem vielfach erwähnten „Rondo of Blood“ erhältlich. Die Sammlung kostet regulär 19,99€, was selbst ohne Sale ein eine wirklich gute Gelegenheit das Spiel der persönlichen Spielesammlung hinzuzufügen, ohne hunderte Euro für das Spiel auf der Originalhardware auszugeben.
NB@26.11.2018
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