PS4 Review: „Resident Evil 2“ – Was bietet die Neuinterpretation des wahrscheinlich besten Survival-Horror-Spiels?

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Ich bin kein Fan von „Resident Evil 7“ – Ja, ich habe es gesagt, ich bin mit der Neuausrichtung einfach nicht wirklich warm geworden, auch wenn ich dazu zu einer schwindend-geringen Minderheit angehöre. Für mich war einfach nicht genug Resident Evil in „Resident Evil 7“ enthalten und es wirkte auf mich eher, als ob man ursprünglich vor hatte ein anderes Spiel draus zu machen, aber es dann etwas angepasst hat, um mit dem großen Namen auf der Packung noch mehr Geld zu verdienen. Auf Grund dessen war ich zugegebenermaßen etwas skeptisch, als ich das erste Mal von der Neuauflage von einem meiner Lieblingsteile der Reihe gehört habe, doch diese Skepsis hat sich Gott-sei-Dank immer mehr in Luft aufgelöst, je mehr Infos dazu heraus kamen, denn die Ausrichtung sollte wieder mehr an klassische Action angelehnt sein.

Und gerade habe ich noch über die One-Shot Demo berichtet und das Erlebnis auch über Twitch gestreamt und nun ist das Spiel auch schon in seiner Vollversion da. Es ist weltweit am 25.01. diesen Jahres erschienen und gleich zu Beginn muss ich einmal meinen Hut vor Capcom nehmen, denn was sie mit dem neuen „Resident Evil 2“ abgeliefert haben ist einfach nur herausragend. – Und dabei bezeichne ich es bewusst nicht als „Remake“, darauf haben die Entwickler wirklich Wert gelegt, denn es handelt sich bei „Reisdent Evil 2“ um ein komplett neues Spiel und nicht um etwas Aufgewärmtes. Man hat das Original von 1998, das damals unter anderem auf der ersten PlayStation erschien ist und erst seit knapp 3 Jahren endlich vom Index gestrichen wurde, lediglich als Inspiration für die Grundgeschichte und einige weitere Elemente, haben aber daraus etwas neues gemacht. Zwar dürften die meisten wahrscheinlich das ursprüngliche Spiel kenn, ich werde aber dennoch auf Spoiler verzichten und beschränke mich auf das Nötigste und Dinge, die man bereits aus dem Marketing des Spiels kennt. Seid also nicht überrascht, wenn ich also ein paar Dinge voraussetze.

Aber fangen wir am besten ganz am Anfang an. Nachdem Capcom mit dem ersten Teil der Reihe einen soliden Grundstein gelegt hatte hat der zweite Teil bereits 1998 den Erstling in fast allen Belangen übertroffen und gilt für viele als bester Teil der Reihe. Bei mir ist das zwar nicht der Fall, aber in den Top 3 befindet er sich allemal, auch wenn ich immer wieder unschlüssig bin, ob er für mich eher auf dem zweiten oder dritten Platz angesiedelt ist. – Aber egal, denn so angestaubt wie die Optik mit den vorgerenderten Hintergründen, den festen Kamerapositionen, der Panzersteuerung und der frühen 3D-Animationen heute auch ist, umso schöner ist es, dass es den Klassiker nun in einem modernen Gewand gibt. Das Spiel wurde Inhouse bei Capcom entwickelt und für PS4, Xbox One und PC herausgebracht.

Das Spiel ist in einer fiktiven Kleinstadt im mittleren Westen der USA, betitelt Raccoon City, angesiedelt und wirft uns als Spieler in eine abgedrehte B-Movie-angehauchte Geschichte um einen Virus, der Menschen in Zombies verwandelt, eine Verschwörung um ein Unternehmen, das diesen Virus als biologische Waffe verwenden möchte und im Grunde unbeteiligte Menschen, die sich in der Mitte dieses Alptraums wiederfinden, ums Überleben kämpfen und dabei immer mehr von den dunklen Machenschaften aufdecken. Wie beim ersten Teil auch schon haben gleich zu Beginn die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Charakteren. Allerdings handelt es sich um keine Charaktere, die wir nicht aus dem ersten Teil kennen. Es handelt sich zum einen um den jungen Streifenpolizisten, Leon S. Kennedy, der gerade seine erste Schicht im Raccoon City Police Department (RPD) antreten wollte und zum anderen um Claire Redfield, die jüngere Schwester eines der Protagonisten aus dem ersten Teil, die sich auf der Suche nach ihrem Bruder befindet. – Je nachdem welchen der beiden Charaktere wir wählen so verläuft die Geschichte prinzipiell gleich ab, es gibt jedoch ein paar Nebenhandlungen, die auf die Charakterwahl beschränkt sind und die Geschichte an manchen Punkten eine andere Abzweigung nehmen lassen, um am Ende dennoch wieder am gleichen Punkt anzukommen. Dennoch gibt es auch bei einem zweiten Durchgang mit dem anderen Charakter noch genug Abwechslung, um uns bei Laune zu halten. Müssen wir mit Leon beispielsweise eine Möglichkeit finden die Stromversorgung im Gefängnis des RPD wieder herzustellen, um an ein in einer Zelle verborgenes Schlüsselobjekt zu kommen, so ist für Claire dieser Bereich von Anfang an verschlossen und wir suchen zwar nach dem gleichen Schlüsselobjekt und müssen auch das gleiche Rätzel absolvieren, was aber in einen komplett anderen Kontext eingeordnet ist und uns auf dem Weg durch andere, für Leon verschlossene, Areale führt. Die Areale sind allerdings nicht menschenleer, sondern werden von allerlei Zombies und anderen Monstern bevölkert, die uns nach dem Leben trachten. Zusätzlich gibt es auch einige Rätzel, die uns auf unserem Weg behindern. Die Rätzel sind dabei wieder klassische Kost der Reihe mit versteckten Schaltern, Schlüsselobjekten, die es zu finden heißt und auch dem ein oder anderen mechanischen Rätzel, wenn wir beispielsweise eine bestimmte Menge einer Flüssigkeit mischen müssen oder einen Stromkreis überbrücken.

Das war zwar bei der Vorlage schon von ähnlich-hoher Qualität, aber insgesamt wirkt es in der aktuellen Version etwas realitätsnäher und durchdachter. Realistischer ist aber ein gutes Stichwort, denn nachdem sich das Original noch mit allerlei technischen Limitierungen rumgeplagt hat von denen viele heute einfach nicht mehr zeitgemäß sind, hat Capcom eine umfassende Inventur bezüglich der Spielelemente gestartet, Teile eine Frischzellenkur unterzogen, andere komplett gestrichen oder auch komplett neue hinzugefügt. Die vorgerenderten Hintergründe, festen Kameraperspektiven und Panzersteuerung gehören genauso der Vergangenheit an, wie die Klötzchen-Grafik und die unzähligen (als Türen getarnte) Ladescreens. Die neue Version des Spiels hat sich immens gemausert. Wir bekommen nun eine moderne 3rd-Person-Ansicht aus der Schulterperspektive, wie man es unter anderem aus „Resident Evil 4“ und zig anderen Actionspielen kennt, mit einer direkten Steuerung, einer frei beweglichen Kamera mit in Echtzeit berechneten Arealen. Das Spiel kommt, wenn man vom initialen Laden absieht, komplett ohne (erkennbare) Ladezeiten aus und läuft dennoch sehr flüssig. Die Grafik und die Animationen sind über alles erhaben und sehen wirklich toll aus, was besonders an Anfang in der verwüsteten Stadt durch brennende Autos und Regen mit wunderschönen Licht- und Schatteneffekten aufgezeigt wird. Zwar gab es an der ein oder anderen Stelle im Spiel Momente, wo eine Textur nachgeladen wurde oder auch durch die verschlossene Tür ragende Extremitäten von Zombies, aber das war eher die Seltenheit und ist nicht wirklich negativ ins Gewicht gefallen, besonders wenn man die schiere Grafikpracht und Größe der Karte des Spiels, die sich neben Straßenabschnitten über das große Polizeirevier mit mehreren Etagen, auch durch ein Labyrinth aus Abwasserkanälen bis hin zu einem Untergrundlabor erstreckt. Da heute die Türen nicht mehr als Ladepausen getarnt notwendig sind, stellen sie auch keine Spielunterbrechung mehr dar, was für uns allerdings sowohl gut, wie aber auch schlecht ist, je nachdem, wie man es betrachtet: In der 98er Version stelle jeder Raum, getrennt von einer Tür und einer Ladepause einen abgeschlossenen Bereich dar, der autark funktioniert hat. Das hat auch die Gegner betroffen, die so in ihrem Bereich „gefangen“ waren und wir konnten also jederzeit durch die nächste Tür entkommen und waren wieder sicher. Nun gibt es diese Abgrenzung nicht mehr und so können uns Gegner auch durch Türen und Fenster folgen, was dafür sorgt, dass wir zu (fast) keinem Zeitpunkt sicher sind. Es gibt lediglich eine Handvoll Räume, die als eine Art Safe-Haven fungieren und wo wir demnach vor den Angriffen sicher sind, allerdings sagt uns das Spiel das nicht…

Wer nun denkt, dass er wenn er das Original kennt einfach so durchrennen kann, ist weit gefehlt. Auch wenn die Grundareale auch aus dem 98er Spiel bekannt sind, so wurden diese von ihrem Layout komplett überarbeitet und erweitert, damit es auch für Serienveteranen spannend bleibt. Das bringt natürlich auch einen kleinen Nachteil mit sich, denn es kann vorkommen, dass wir gleich zu Beginn an einer verschlossenen Tür vorbeikommen, für die wir erst sehr viel später im Spiel einen Schlüssel finden, was dann logischerweise Backtracking bedeutet. Man muss gerade für die Rätzel schon den ein oder anderen Laufweg in Kauf nehmen und durchaus hier und da etwas überlegen, aber nicht so sehr, dass es in Frust ausartet. Was hingegen schon etwas gewöhnungsbedürftig ist, ist das neue Verhalten des Tyrant im Spiel, dem sogenannten Mr. X, den es in der 98er-Version lediglich in der B-Kampagne (keine Angst, darauf komme ich gleich noch) gab. Ab der Mitte des Spiels verfolgt und dieser nämlich unabhängig vom Spieldurchlauf und Türen oder in manchen geskripteten Momenten auch Wände halten ihn nicht auf. Er ist eine unzerstörbare Naturgewalt vor dem wir nur weglaufen können, was natürlich ein immenses Gefühl in uns erzeugt. Und auch wenn das zum allgemeinen Horror im Spiel wirklich gut beiträgt und zwangsläufig der Puls etwas in die Höhe geht, wenn er uns plötzlich gegenübersteht oder wir ihn er losgeworden sind und plötzlich seine Schritte aus der Ferne immer lauter werden, weil er uns ausfindig gemacht hat, so kann das auch durchaus in Frust ausarten, wenn wir eigentlich nur ein kleines Rätzel absolvieren wollen, aber mittendrin von Mr. X gestört werden. Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als vor ihm wegzulaufen, ihn hoffentlich irgendwann abzuschütteln und dann zurück zu unserem Rätzel zu gehen. Das ist einmal ok, aber wenn das mehrfach passiert nervt es doch ziemlich und ich wünschte mir in manchen Fällen die Handhabung im 98er Original zurück in dem wir ihn als eine Art Zwischenboss in festgelegten Sequenzen erledigen mussten und danach wieder Save waren. Wie man damit klarkommt muss am Ende jeder selbst entscheiden, denn ich habe schon andere Stimmen dazu gehört, die gerade diesen Druck richtig toll und als eine Bereicherung des Spieles empfanden, doch da ich persönlich eher kein Freund von unbesiegbaren Gegnern, da ich sie für ein billiges Mittel erachte, um mehr (künstliche) Anspannung zu erzeugen. Aber wenn sonst alles passt, kann man durchaus auch über sowas hinwegsehen, denn zugegebenermaßen ist auch die Inszenierung um Mr. X wirklich gelungen…

Aber kommen wir noch zum Stichwort der unterschiedlichen Kampagnen, denn auch wenn man das Spiel offenkundig beendet hat, ist nach dem Abspann keinesfalls Schluss. Wer das Original kennt, den dürfte wahrscheinlich nicht überraschen, dass es in dieser Version auch wieder Kampagne A und Kampagne B gibt, auch wenn das inhaltlich leicht anders funktioniert. Wir haben am Anfang des Spiels die Möglichkeit einen Charakter zu wählen, dessen durchlauf dann als Kampagne A des Charakters fungiert. Nach dem Ende dieser können wir als New Game+ die parallel-verlaufende Geschichte des jeweils anderen Charakters als Kampagne B spielen, die nicht nur mit einer veränderten Handlung aufwartet, sondern auch erst das richtige Ende offenbart. Da das mit beiden Charakteren funktioniert gibt es im Grunde 4 unterschiedliche Durchläufe der Geschichte, sprich Leon A + Claire B oder alternativ Claire A + Leon B und wer zum Beispiel alle versteckten Notizen finden möchte, der kommt allein dafür nicht an vier Durchläufen vorbei. Doch auch danach ist nicht zwangsläufig Schluss, denn das erfolgreiche Durchspielen eines B-Szenarios schaltet man einen weiteren Modus einer parallel-verlaufenden Mini-Geschichte „The 4th Survivor“ um den Umbrella-Soldaten Hunk frei und wenn man diese durchspielt schaltet man noch einen weiteren Bonus-Modus frei, wo man den gleichen Modus als ein Stück Tofu, das nur mit einem Messer bewaffnet ist, absolvieren kann… – Also für alle, denen es bis hierhin noch nicht schwer genug war…

Auch wenn das Spiel teilweise schwer ist, so würde ich es dennoch nie als unfair bezeichnen und außerdem stehen auch unterschiedliche Einstellungsmöglichkeiten für die Schwierigkeit zur Verfügung. Diese Schwierigkeitsgrade, die sich durch angepasste Kraft der Gegner, Menge an Munition, die Aggressivität von Mr. X und das Speicherverhalten des Spiels unterscheiden, gliedern sich in leicht, normal und schwer. Verfügt das Spiel im normalen Modus über Autosave an bestimmten Stellen und unbegrenztes Zwischenspeichern über die bekannten Schreibmaschinen, so gibt es im schweren Modus kein Autosave und eine begrenzte Anzahl an Speicherungen, die wie beim Original nur unter Verwendung eines Farbbandes funktionieren. Besitzt man kein Farbband mehr, kann man nicht mehr speichern…

Zusammenfassend kann man festhalten, dass wo Resident Evil draufsteht, auch endlich wieder Resident Evil drin steckt und es Capcom zeigt, dass selbst ein 20 Jahre altes Spiel im neuen Gewand immer noch begeistert. Ich fände es persönlich toll, wenn wir ähnliche Neuauflagen von weiteren Spielen der Reihe präsentiert bekommen würden, was die Entwickler sogar schon in Aussicht gestellt haben. Denn wenn sich das Spiel gut verkauft und gleichzeitig auch eine Nachfrage nach dem dritten Teil besteht, würde das Team gerne mit dem dritten Teil der Reihe weitermachen, was meiner Meinung nach einer der unterschätztesten Teile der Reihe ist und der es somit auch mehr als verdient hätte… Aber bis dahin wird es wahrscheinlich noch eine ganze Weile dauern, wie gut, dass Capcom daher kostenlose (!!!) DLCs für „Resident Evil 2“ in Aussicht gestellt hat. Betitelt als „Ghost Survivors“ sollen wir in einer Reihe von kurzen Episoden Parallelhandlungen aus der Sicht von anderen Beteiligten, wie unter anderem dem Besitzer des Waffenladens, den man schon aus dem Original kennt. Die erste Episode soll bereits ab dem heutigen Tag (15.02.) erscheinen und ich werde euch natürlich zeitnah darüber berichten.

NB@15.02.2019

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